I used to be a little boy
So old in my shoes
And what i choose is my choice
What's a boy supposed to do?
The killer in me is the killer in you
My love
I send this smile over to you
- The Smashing Pumpkins
„This is a story of boy meets girl, but you should know upfront, this is not a love story“. Auf meinem MacBook lief 500 Days Of Summer und ich lag daneben und machte Sit-Ups. Liebesfilme und Bodengymnastik. Dass ich nicht einfach schwul geworden bin, beweist eigentlich nur, wie zynisch Gott sein kann. Ich hatte den seltsamen Traum von meiner Exfreundin gerade verdaut, als sie sich bei mir meldete (i know!). Sie piepste via Skype mitten in meinen Liebesfilm während ich auf meiner Yoga-Matte von LIDL versuchte meinem Bier-Ring zu trotzen. Es war Freitag vor fünf Wochen und meine Exfreundin erwischte mich mal wieder in einem meiner schwächsten Momente. Emotional aufgekratzt durch englische Pop-Musik und das Lächeln von Zooey Deschanel, verschwitzt und aus der Puste durch zwei Dinge, die ich gleichviel hasse, Sport und Sommer, und im bitteren Angesicht der körperlichen Folgen des Alterns und des Alkohols, hatte ich eigentlich schon verloren, als ich ihren Namen über der Nachricht las.
Sie sei in der Stadt um ein paar Freunde zu besuchen,
schrieb sie mir, und ob wir uns nicht zum Brunch oder auf einen
Kaffee treffen wollen. Eigentlich funktionierten alle meine
Alarmleuchten wie immer, nur dieses Mal waren zu viele schwächende
Elemente im Spiel. Zu den oben genannten Umständen kam noch dieser
irre Traum und dazu schlängelte sich eine Mischung aus Neugier und
irrationaler Hoffnung auf vertrauten Ex-Sex, staubige Gefühle oder
einfach nur Hormone in mein geschwächtes Hirn. Ich tat also worin
ich ohnehin gut bin. Ich redete mir etwas ein. In diesem Fall redete
ich mir ein, es wären nun fünf Jahre vergangen, und ich sei ja wohl
ein so reifer und erwachsener Mensch, dass ich mich ganz zivilisiert
mit meiner Exfreundin zusammensetzen und über Gott und die Welt
plaudern könnte. Wie kann man sich nur so selbst verarschen...
Wenn ich Fehler mache, neige ich dazu meist gleich
mehrere zu machen. Daher verabredete ich mich nicht nur mit meiner
Ex-Freundin, sondern ich lud sie auch direkt zum ABENDESSEN und ZU
MIR ein. Den Tag verbrachte ich natürlich völlig unaufgeregt und
alphamäßig mit Duschen, Rasieren, Wohnung-Aufräumen,
Bett-Beziehen, nochmal Duschen und Auf-Und-Ab-Laufen. Als ich so
durch meine Wohnung tigerte und darauf wartete, dass es klingelt
wurde mir dann doch kurz bewusst, worauf ich mich da eingelassen
hatte. Seit meine Ex vor fünf Jahren das letzte mal hier war, seit
wir uns überhaupt das letzte mal gegenüberstanden, hatte ich kein
einziges Möbelstück umgestellt. Nichts hatte sich verändert, nicht
in meiner Wohnung und nicht in meinem Leben. „Das gibt kein
besonders aufregendes Bild von mir ab“ dachte ich. Ich verfiel in
leichte Panik und war bereits am Überlegen, wo ich das Sofa
hinschieben könnte, als es an der Tür klingelte. Zu spät.
Durchatmen.
Losing The Breakup
Wer dumm sein will muss leiden. Und so nahm das Drama
natürlich seinen Lauf. Sie kam mit einem breiten Grinsen, einem
kurzen Pagenkopf und einem roten Kleid (Jesus Christus!)
vor meiner Wohnungstür an. Wir drückten uns (Sie ist
dünner geworden) und sie lies
sich auf mein Sofa fallen. Nachdem sie sich von meinem Treppenhaus
erholt hatte, gingen wir in die Küche. Ich begann Tomaten zu
schneiden und sie begann damit mir die Hose auszuziehen. Leider nur
im sprichwörtlichen Sinne.
Mit der ersten Breitseite
hatte ich ja insgeheim eigentlich schon gerechnet.
Erster Satz –
Aufschlag Ex
Ex: „Darf
ich mir mal die Wohnung ansehen“
I: „Ja klar“ (Oh
Scheiße)
Sie kam in die Küche
zurück.
Ex: „Krass. Ich fühl
mich wie in einer Zeitkapsel. Da hat sich ja fast gar nichts
verändert“
I: „Hehe. Ja.
Verrückt, oder? Kommt einem auch gar nicht wie fünf Jahre vor...
Wie die Zeit vergeht...“ (Ich brauche Alkohol!)
I: „Willst du ein
Bier?“
Ex: „Oh, ja“ (Puh.
Glück gehabt. Anscheinend ist es für sie auch unangenehm...)
Ich machte jedem von uns
ein Bier auf. Tiefer Schluck. Das tut gut. Schnell irgendwas fragen
und total entspannt und unaufgeregt wirken...
I: „Und bei dir so?
Schöne Wohnung?“
Ex: „Ja. Total! Ich
wohne mit meinem Freund in einer echt großen, schönen Wohnung. Fühl
mich da zum ersten Mal so richtig zuhause!“ (Gut gemacht.
Großartiges Thema. Ganz tolle Aktion, Mr.
Soziale-Dynamiken-Und-Clevere-Gesprächsführung!)
Ich tat so als würde ich
mich nur halb konzentrieren und rührte im Salat.
Ex: „Vorher war das
nie so. Ich fühl mich viel wohler als bei meinem Ex“ (Ich
zucke zusammen. Ach ne, das bin ja nicht ich! Die Frau hatte ja schon
zwei Beziehungen während ich nur eine Therapeutin hatte...) „Bei
dem war mir das irgendwie zu eng. Das konnte ja nicht klappen.“
Ich nickte, so als hätte
ich total Verständnis oder auch nur den geringsten, blassen Dunst
davon, wie es ist mit jemandem zusammen zu wohnen.
Ex 01 : Elia 00
Dann holte ich Teller. Wir
aßen und ich musste feststellen, dass ich während des ersten
Ballwechsels wohl irgendwie die doppelte Menge Ziegenkäse in den
Salat geschnippelt hatte. Wir saßen also beide schweigend vor
unserem Käsematsch mit Joghurtsoße und stocherten einige Minuten
unsicher darin herum. „Kann ja fast nur besser werden“ dachte ich
mir, nahm einen kräftigen Schluck Bier, dribbelte zwei mal und warf
den Ball in die Luft.
Aufschlag Elia
I: „Ich
hab gehört du hast angefangen zu studieren, als du aus Berlin
weggezogen bist. Wird das so eine Endlos-Geschichte wie deine
Ausbildung, oder wird das diesmal was?“
Ex: „Ne ich bin doch
inzwischen schon fertig mit dem Studium“ (Scheiße. Netz.
Nochmal...)
I: „Und willst du in
dem Bereich jetzt auch arbeiten? Oder kann man damit eigentlich nix
anfangen?“
Ex:
„Doch, doch, ich hab
inzwischen da auch nen ganz guten Job und bewerbe mich gerade um die
Leitung. Und du?“ (Verdammt!)
I: „Ich
äh-...Naja bei mir ist momentan ja bisschen die Luft raus, was
meinen Job angeht. Es läuft zwar ganz gut, aber ich hab irgendwie
nicht mehr so richtig Lust auf die ganze Sache...“ (Wie
viel Bier hab ich eigentlich noch im Kühlschrank?)
Doppelfehler Elia
Ex 02 : Elia 00
Wir
beschlossen, dass der Salat mehr gut gemeint als irgendwas anderes
war, und dass wir für diese Art der Unterhaltung beide noch zu
nüchtern waren. Eine Sache an der man zumindest arbeiten konnte. Das
erste Bier löste sich praktisch binnen Sekunden in Luft auf. Ich
betrachtete sie beim letzten Schluck durch den Boden meines
Bierglases. Sie war wirklich dünner geworden. Sie war immer schon
schlank, aber jetzt hatte sie etwas knochiges bekommen. Ihre Hände
wirkten dadurch sehr groß und ihre Wangen schmal und leicht
eingefallen. Aber durch das Bierglas hatte sie den gleichen Babyspeck
wie die Kindfrau mit der ich damals zusammen war. „Hör auf damit!
Du starrst einen immer noch genauso komisch an!“ sagte die Frau in
meinem Bierglas. Ich ging zum Kühlschrank, zählte die Munition und
nahm zwei neue Bier heraus. Ich reichte ihr die Flasche übers Netz
und jeder ging wieder auf seine Seite des Platzes.
Aufschlag Ex
Ex:
„Hihi, ich hatte übrigens auch kurz eine Beziehung mit einer
Frau. Zwischen meinem jetzigen Freund und meinem Ex“ (Der war
unhaltbar! Ich hatte nicht mal versucht ranzukommen... Punkt für
sie.)
I:
„Oh, echt. Und? Warum sind Männer dann doch besser?“ (Bloß
weg von dem Thema Beziehungen!)
Ex:
„Der Sex mit der Frau war mir einfach zu krass. Sie war mir im
Bett einfach viel zu derb und brutal.“ (Zweiter Punkt für sie
und ich hab jetzt Bier in der Nase. Konzentrier dich bitte mal!...)
Ex:
„Und bei dir so? Was machen die Frauen in deinem Leben?“ (Oh
nein! Das war's dann wohl...)
I:
„Öh... Naja...Eigentlich nix. Also... Es gab da zwei – äh...
kurze Affären...“ (Ok, lass es! Wenigstens hast du's
versucht...)
Unangenehme
Stille...
Ex 05 : Elia 00
Es
blieb seltsam still. Die Balljungen rannten von zwei Seiten auf den
Platz und räumten die
Salatteller ab. Ich trank mein Bier in einem großen Schluck aus. Sie lächelte mich etwas unsicher an. War das Mitleid? „Oh Gott, ich will hier weg“ flüsterte irgendjemand in meinem Kopf. Solidarisch exte sie auch. Ja, das war Mitleid. Ich ging zum Kühlschrank. Der Junge am Spielfeldrand reichte mir ein Handtuch. Ich gab ihr ihr Bier und setzte mich wieder. Schweigen im Publikum. „Los mach der Sache ein Ende“ dachte ich.
Salatteller ab. Ich trank mein Bier in einem großen Schluck aus. Sie lächelte mich etwas unsicher an. War das Mitleid? „Oh Gott, ich will hier weg“ flüsterte irgendjemand in meinem Kopf. Solidarisch exte sie auch. Ja, das war Mitleid. Ich ging zum Kühlschrank. Der Junge am Spielfeldrand reichte mir ein Handtuch. Ich gab ihr ihr Bier und setzte mich wieder. Schweigen im Publikum. „Los mach der Sache ein Ende“ dachte ich.
Aufschlag Ex
Ex:
„Echt?... Gar nix?“ (Ich folge dem Ball mit dem Kopf,
bleibe aber stehen)
I:
„Ja. Gar nix.“
Sie
ist fair und feiert wenigstens nicht, sondern geht nur still zu ihrem
Trainer auf die Bank.
Ex 06 : Elia 00
Erster Satz: Ex
Mit
Handtuch über dem Kopf saß ich auf meiner Bank und fragte mich, wie
ich denn bitte auf diese scheiß Idee kommen konnte. Das wäre der
Moment gewesen, in dem ich einen Herzinfarkt oder wenigstens eine
Migräneattacke hätte vortäuschen sollen. Ich war zu frustriert um
sinnvoll zu reagieren. Meine Ex kam zurück auf den Platz und setzte
ihr Bier laut auf dem Tisch auf. Ich lächelte sie unter meinem
Handtuch hindurch an. Die Spielleitung beschloss, das Match nach
draussen zu verlegen und so setzten wir uns auf meinen Balkon und
schwiegen in den roten Himmel über dem gelben LIDL-Schild.
Sie
drückte ihre auffallend braungebrannten Füße gegen die Balkonwand
und blickte dann an sich herab. Wir saßen in meinem alten Kinostuhl
und unsere Arme berührten sich daher. Sie warf ihr Handtuch über
einen der Blumenkästen und ich den Ball in die Luft.
Zweiter Satz –
Aufschlag Elia
I:
„Was denkst du?“
Ex:
„Wie schaffst du es nur, sogar im Sommer so extrem blass zu
sein?“
I:
„... Ich...“(Ach, vergiss es...)
Ex 01: Elia 00
Langsam
zeigte mein Lieblingsgetränk seine beruhigende Wirkung und ich fing
an mich mit der Situation, in die ich mich selbst gebracht hatte,
abzufinden. Das kleine, grummelige Goth-Kid in meinem Bauch fand
natürlich sogar etwas dunkel angenehmes an dieser speziellen
Mischung aus Schmerz, Nostalgie, Alkohol und Sonnenuntergang.
Selbstmitleidiger, kleiner Wichser! Ich hingegen war noch nicht ganz
so weit, um diesen Zustand genießen zu können. Aber das ließ sich
ändern. Hoch die Tassen.
Als
ich mein Bierglas wieder aus meinem Gesicht nahm, grinste mich meine
Ex bereits mit ihrem ebenfalls leeren Glas in der Hand an. „Ich hol
uns mal noch welche“ sagte sie und nahm mir meines ab. In der
Balkontür blieb sie kurz stehen und sagte, mehr in das dunkle, leere
Zimmer als zu mir „ich weiß, dass ich damals ziemlich scheiße
war; aber ich hab's zehnfach zurückbekommen, falls dir das hilft“.
Ich wollte antworten, aber konnte nicht. Sie ging und ich blieb mit
einem dicken, trockenen Tennisball im Hals auf meinem Balkon zurück.
Mein Magen zog sich zusammen und es fühlte sich an, als würde ich
mich nochmal von ihr trennen. Ich sah sie durch mein Küchenfenster
an meinen Kühlschrank gehen, und bemerkte, wie weit weg ich für sie
inzwischen war und wie beängstigend nah sie immer noch für mich.
Für
mich war sie nach wie vor einer der ganz wenigen Menschen, den man
für die gleiche Sache lieben konnte, für die man sie auch hasst.
Sie
kam zurück und die Sonne verschwand endgültig. „Ich bin schon
ganz schön betrunken“ lachte sie. Ich war mir nicht sicher, ob mir
diese Information helfen würde. „Sie mal“ sagte sie und zog ihr
Kleid bis über die Hüfte hoch. Sie hatte einen riesigen blauen
Fleck auf ihrem Oberschenkel. „Was hast du denn da gemacht?“
fragte ich. „Ich hab keine Ahnung“ antwortete sie „ich muss
wohl gestern so betrunken gewesen sein, dass ich mich irgendwo
gestoßen habe, ohne es zu merken“. Sie schien ziemlich viel zu
trinken. Ganz so glatt und glücklich lief ihr Leben wohl doch nicht.
Sie
erzählte mir zwei ziemlich eklige Ketamin-Geschichten. Die eine
endete mit dem Verlust ihres Führerscheins und die andere mit einem
selbstgestochenen Tattoo, das aussah als hätte sie eine Fliege auf
ihrem Bein erschlagen. Der Linienrichter war sich unsicher, entschied
aber auf 'Borderline' und wertete drei Punkte für mich. Ich schöpfte
wieder Hoffnung. Doch Beziehungs-Tennis ist eine brutale Sportart,
und meine liebe Ex hatte offensichtlich nicht vor, dieses Spiel zu
verlieren. Wir saßen beide noch etwas verwirrt von dem vielen
Ketamin nebeneinander und das Publikum wartete auf die Entscheidung.
„Du hast“ sagte ich. „Was?“ fragte sie unsicher. „Na
Aufschlag“ antwortete ich und dann vernichtete sie mit der gleichen
trockenen Lässigkeit erst ihren letzten Schluck Bier und dann meinen
kleinen Funken Hoffnung auf einen Sieg.
Sie
drehte sich nicht einmal zu mir um, als sie mich fragte, was ich
davon halten würde, dass ihr Freund so fixiert auf eine bestimmte
sexuelle Praktik sei, sie aber eigentlich gar keinen Spaß daran
habe. Vielleicht wollte sie aber auch einfach nur nicht mit ansehen,
wie brutal und mit welcher Wucht mich ihr Schmetterball vom Platz und
in die hinterste, dreckigste Ecke der Friend-Zone ballerte. Mein
Schläger fiel zu Boden und blieb an der Stelle liegen, an der ich
gerade noch gestanden hatte. Selbst im Publikum drehten sich einige
angewidert ab und meinem Management wurde hinterher von Zuschauern
berichtet, die sich übergeben mussten. Ich selbst war für über
zwei Minuten bewusstlos und als ich wieder zu mir kam, mussten zwei
Balljungen mich die Strecke bis zum Platz tragen. Am Spielfeldrand
bestand ich darauf alleine zu gehen, aber ich will ehrlich sein: Ich
betrat den Platz auf allen Vieren. Das Spiel war vorbei, ich hatte
verloren und meine Ex war in die Küche gegangen. Ich zog mich gerade
am Netz hoch, als sie zurückkam. „Wir haben nur noch ein Bier“
verkündete sie leicht panisch und fragte dann mit einem breiten
Lächeln „wollen wir noch in deine Lieblingsbar gehen?“
Was
ich mir dachte, als ich zu diesem Vorschlag ja sagte, weiß ich
leider nicht mehr, wahrscheinlich war es die Hoffnung auf einen
Vollrausch, der meine Erinnerung an diesen Abend löschen würde. Wir
gingen zusammen zum nächsten Späti. Sie zahlte unser Wegbier.
Mitleid vermute ich. Ich muss furchtbar ausgesehen haben. Wir kamen
gegen 1:00Uhr in der Stammbar an und hinter dem Tresen begrüßte
mich BAMBI. Wie absurd konnte es noch werden? Ich stand mit der einen
Irren vor der anderen Irren und mein Hirn bettelte um Alkohol.
Nachdem meine Ex sich auf dem Weg bereits über meine Hose lustig
gemacht hatte, waren nun meine Schuhe dran. Mit war alles egal. Wir
setzten uns in die dunkelste Ecke der Stammbar und der letzte Satz,
den sie sagte, bevor sie anfing zu lallen war „ich bin wirklich
froh, dass ich einen Freund habe, der mich im Bett unterwirft“.
„Ja,
das ist wirklich fein für dich“ gratulierte ich ihr „ich glaube
wir sollten mal ein bisschen an die frische Luft“. Selbst nach fünf
Jahren erkannte ich noch sofort, wann sie ihre Grenze erreicht hatte
und ich wollte keinen Systemausfall meiner Ex in meiner Stammbar
riskieren. Wir nahmen unser Bier mit, setzten uns neben der Stammbar
in eine Einfahrt, sie legte ihren Kopf auf meine Schulter, lallte
etwas in mein Hemd und trat dann ihr Bier um. Da war sie also wieder.
Genauso broken und verletzend wie damals. Nur dass ich in den letzten
fünf Jahren all diese beschissenen Seiten an ihr vergessen hatte,
wie man es eben mit Ex-Freundinnen oft macht. Sie kippte nach vorne
und lag jetzt quer über meinem Schoß. Ihr Bier lief langsam in die
Tiefgarage neben uns. „Ich glaube ich sollte jetzt nachhause gehen“
sagte sie leise zu meinem Knie. Ich streichelte ihr über den Kopf.
Ich hatte vergessen, wie weich ihre Haare waren. „Ja, das ist eine
gute Idee“ sagte ich.
Ich
brachte sie bis zur U-Bahn. Kurz vor den Treppen sagte sie plötzlich
etwas aufgebracht „weißt du was? Ich habe dich nie betrogen,
solange wir zusammen waren“. Wir standen direkt am Abgang. Der
warme U-Bahn-Wind blies von unten. „Was?“ sagte ich völlig
überfordert von ihrer Ansage „hattest du mir nicht nach unserer
Trennung gestanden, du hättest schon im ersten Jahr mit deinem
Ex-Freund geschlafen?“. Sie ging die ersten Stufen gefährlich
schnell hinunter, drehte sich nicht um und rief auf der Mitte der
Treppe „Ja. Aber das war gelogen! Ich wollte nur deine
Aufmerksamkeit!“. Die letzten drei Stufen nahm sie mit einem großen
Sprung und verschwand dann um die Ecke. Ich stand mit meinem Bier in
der Hand oben an der Treppe und sah völlig verständnislos auf den
kleinen gelben Ball, der vor mir die Stufen hinunter sprang. Dann
betrank ich mich furchtbar. Ich tanzte mit keiner Frau, knutschte mit
niemandem rum, ging allein auf Toilette und genauso nachhause, aber
der Film riss.
Finale
Am
nächsten Morgen ging es mir denkbar scheiße. Mein Magen und mein
Kopf fühlten sich an, als hätte ich gesoffen (komisch...), aber
dazu kam ein fieser emotionaler Down wie bei einem Ecstasy-Kater. Auf
dem Weg ins Bad fiel mein Blick auf einen kleinen Karton, der auf
meinem Sofa lag. Verdammt! Sie hatte etwas hier vergessen! Kaum lag
ich wieder in meinem Bett piepste auch schon die erklärende SMS.
„Sorry, hab das Geburtstagsgeschenk für meinen Freund bei dir
gelassen. Gib bescheid, wenn du ausgekatert hast, dann hol ich es
ab!“ Ich wollte erst lachen, aber mein Kopf tat zu sehr weh.
Ich schrieb ihr, sie solle am Nachmittag vorbei kommen.
Sie sagte, sie wollte noch eine Suppe essen gehen. Beim Türken gegenüber. Das war natürlich gemein von ihr. Wir hatten dort zwei Jahre lang die beste Linsensuppe der Welt geschlürft. Ich konnte nicht anders und sagte natürlich ich würde mitkommen. Dann saßen wir beim Türken und ich sah ihr dabei zu, wie sie Linsensuppe aß und es schnürte mir den Hals zu. Als wir gingen legte sie ihren Arm um mich und sagte seltsam laut und betont „Ach, Elia!“. Ich konnte sie nicht ansehen. Ich wollte nur noch in mein Bett. Vor meiner Haustür verabschiedeten wir uns. „Mach keinen Scheiß“ sagte ich. „Mach du mal ein bisschen mehr Scheiß“ sagte sie und lächelte wieder so komisch mitleidig; dann drehte sie sich um und ging.
Als ich in meiner Wohnung ankam war mir schlecht und ich fiel für 20 Minuten in ein tiefes Loch. Das Loch kam mir ziemlich bekannt vor. Ich konnte meinen Namen an den Wänden lesen, weil ich schon Wochen und Monate in diesem Loch verbracht hatte. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ich nochmal wiederkommen würde. Als ich wieder herausgeklettert war, schrieb ich ihr von dem Loch. Sie schrieb zurück, dass es ihr leid täte, aber dass sie weiter müsse. Weg aus Berlin; zurück in ihr Leben. Und dann schrieb sie noch, dass das jetzt sicher voll eso-mäßig klingen würde, aber dass ich auch zurückkommen solle; in meinen Körper, da würde es mir bestimmt besser gehen. Danach war ich mir endgültig sicher, dass ich diese Geschichte so extrem in die Scheiße gesetzt hatte, dass es wohl in der Geschichte des Schlussmachens nie mehr jemandem gelingen würde so etwas noch mehr in die Scheiße zu setzen.
Inzwischen ist über ein Monat vergangen und ich habe reichlich darüber nachgedacht, was ich daraus gezogen habe und ob ich die Geschichte überhaupt aufschreiben will. Im Grunde genommen, gibt es nicht viel was man daraus lernen kann. Seine Ex-Freundin zu treffen ist wohl selten eine gute Idee. Seine Ex-Freundin zu treffen, während man selber Single und sie in einer glücklichen Beziehung ist, ist wohl immer eine sehr dumme Idee. Mit seiner Ex-Freundin eine ganze Nacht zu trinken, bis sie anfängt einem Dinge zu erzählen, die man nie wissen wollte ist mit Sicherheit die dümmste aller Ideen. Trotzdem gibt es Ex-Freundinnen, die einen unterbewusst lange verfolgen und mit denen man noch jahrelang eine Art Verbindung hat, selbst wenn diese nur einseitig existiert und man sich nie spricht oder sieht. Man hat so etwas wie einen Geist aus ihnen gemacht und der spukt dann in Träumen und Gedanken, bis man ihn austreibt. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass meine Ex für mich nach unserem Treffen ein ganzes Stück weiter weg gerutscht ist. Ich werde sie sicher nicht vergessen, aber darum geht es auch nicht. Wichtige Menschen vergessen wir niemals. Es geht aber darum, das Bild, den Geist, den ich aus ihr gemacht hatte los zu werden. Den komischen Traum einer Rosarot-Version von einem Menschen zu killen, den es so eigentlich schon damals nur in meinem Kopf gab. Und manchmal muss man dafür eben auch viel Scheiße fressen. Oder viel Bier trinken. Oder einen Tennisball verschlucken.
Elia
Hey Elia,
AntwortenLöscheneinerseits wundere ich mich darüber, warum du dir sowas antust. Andererseits kann ich es aber auch verstehen. Nein, verstehen kann ich es eigentlich nicht. Aber nachvollziehen. Ich bin mir nichtmal sicher, ob es da irgendetwas zu verstehen gibt. Meine Ex wird auch immer bei mir rumspuken. Wir haben uns vor über zweieinhalb Jahren getrennt und ich hatte eine üüüüüüble Zeit danach. Trotz, dass unsere Trennung eher den Umständen geschuldet war, dass wir in zwei verschiedenen Städten lebten, war sie dennoch so extrem einschneidend, dass ich sie nie wieder sehen kann/will. Jeder unerwartete Kontakt, sei es zum Gebburtstag, oder sonst wann, hat mich in eben das von dir beschriebene Loch geschubst. Sie hatte gewonnen, jedoch allein dadurch, dass ihr die Trennung ein wenig leichter fiel, als mir.
Grüße
P
Es gibt Leute die machen die Hell-Week bei den US-Seals und es gibt Leute die den Ex-Partner treffen. Ich gehör(t)e zur 2. Sparte. Ehrlich gesagt habe ich das nur 1x gemacht. Die Hell-Week würde ich jetzt mit lächelndem Gesicht absolvieren.
AntwortenLöschenWenigstens haben wir etwas gelernt