15. Mai 2013

Dibs! - Sex mit Veganern

oder: Flirten für die Revolution



Es ist Frühling.
Die Röcke werden kürzer,
die Kätzchen werden rollig,
und ich werde immer nur allergisch.


'Cock farm' oder auch 'sausage fest' sagen die Amerikaner. Damit meinen sie meist eine Party auf der nur, oder zumindest zu viele, Männer rumstehen. Tim von RSD hatte so mal die Situation beschrieben, die die meisten von uns kennen. Man steht mit 3-5 Kumpels in einem Club oder einer Bar, hält sich an seinen Bierchen und an seinem männlichen Ego fest, klopft Sprüche über die Blonde da hinten oder die zwei Süssen Mädels am Eingang, und dass der Kollege doch jetzt mal rüber gehen sollte, und es passiert nichts. Gar nichts. Das einzige was irgendwann passiert ist, dass man Zeuge wird, wie andere Typen besagte Mädchen ansprechen. Und die einzige Reaktion die man, gefangen in seiner Schleife aus Angst vor Verlust seiner männlichen Coolness, darauf weiß, ist sich über die Typen aufzuregen, was sie doch für Flachpfeifen und Affen wären. Und wenn die Mädels sich dann auch noch darüber freuen angesprochen worden zu sein und positiv reagieren, dann kann man auch gleich noch eine Runde Frust und Sprüche über diese blinden, dummen Schlampen auskotzen und all das dann mit noch 5 Runden Bier runterspülen, bis wirklich alle Mädchen im Club mit anderen Typen beschäftigt sind und man beschließt, den Heimweg anzutreten und sich in der Bahn oder im Taxi nochmal eine Runde über die Ungerechtigkeit der Welt und die Dummheit der Frauen auszuheulen oder andersherum sich gegenseitig zu bestätigen, dass die Mädels ja auch eh fett, dumm und hässlich waren und man sie deswegen gerne den Prolls überlassen konnte.

Ich habe Jahre in solchen Gruppen rumgestanden. Ich weiß, wie giftig sie sind. Aber für die meisten Männer sind sie vor allem ein Schutz. Ein Schutz vor der Konfrontation mit der Außenwelt, ein Schutz davor aktiv werden zu müssen und ein Schutz vor der Auseinandersetzung mit sich selbst. Sie sind ein warmes, sicheres Nest aus Schwänzen, Bier und kernigen Sprüchen in das man sein kleines, zitterndes Ego legen kann, damit es sich fühlt wie ein arschcooler, neunmalkluger Bruce Willis. Zumindest bis zu dem Moment, wo man mit 4 Litern Bier im Magen zuhause liegt und vor einem Internetporno in sein Fleshlight spritzt. Versteht mich nicht falsch! Ich habe weder etwas gegen Bier, noch gegen Pornos oder Plastikmuschis. Das sind alles tolle Erfindungen. Wogegen ich etwas habe, ist Feigheit, Passivität und verpasste Chancen. Und die Natur hat uns für Situationen in denen wir Angst haben nunmal nur zwei Reaktionen gelassen: Flucht oder Kampf. Und wenn man im Kampftraining gerade nicht weiterkommt, hilft es oft schon, sich einfach selbst die Fluchtmöglichkeit zu entziehen. Wer keinen PlanB hat, ist gezwungen nach PlanA vorzugehen. Das ist natürlich nicht immer so, und es gibt Jungs, die selbst wenn sie in Zehnergruppen mit nur Männern ausgehen, immer noch das Mädel neben sich ansprechen. Ich gehöre leider nicht zu dieser Spezies. Daher hatte ich schon länger beschlossen, nicht mehr in Männergruppen in Clubs zu gehen.

Ich stand also in der Stammbar und freute mich tierisch, als Wing1 und Wing2 die Bar betraten und mich herzlich begrüßten. Aber solche Situationen haben natürlich durchaus einen Schizophrenen Charakter. Man hatte vor heute Nacht alleine loszuziehen und Frauen anzusprechen, klar. Aber man mag seine Kumpels natürlich auch und verbringt gerne Zeit mit ihnen. Nur war der Plan für heute eben ein anderer. Also heißt es umdenken und sich darauf einrichten, dass die Nacht wahrscheinlich etwas anders laufen wird als vorgesehen.

Die Stimmung war dann auch genau so matschig, wie befürchtet und so becherte man also lustig vor sich hin. Ich hatte wohl gerade mein drittes oder viertes Bier bestellt, als ich mich vom Tresen umdrehte und sie vor mir stand. Ich konnte im letzten Moment noch verhindern, mein frisches Bier direkt auf ihre Füsse fallen zu lassen. Sie war ein winziges Stück zu groß für meinen Geschmack aber der Rest war perfekt. Schwarzer Mini, schwarzes Top, kurze blonde Haare und ein offenes, lebendiges Strahlen von Kopf bis zu den Doc Martens. Ich starrte sie für gefühlte zehn Sekunden an, wie das Schulmädchen den Exhibitionisten und reagierte dann natürlich... - NICHT. Ich fühlte die Blicke meiner zwei Freunde neben mir und entweder war es das oder ich benutzte diese Tatsache nur als Ausrede, was im Endeffekt völlig egal ist, weil es auf das gleiche Ergebnis hinausläuft. Auf Nichts. Ich musste allerdings auch gar nicht lange im großen, kalten Meer des Nicht-Ansprechens paddeln, denn direkt neben dem blonden Engel tauchte Wing3 auf und begrüßte mich überschwänglich. Ich konnte mich augenblicklich soweit zusammenreißen, dass bis auf mein linkes Auge, der Rest meines Gesichts Wing3 ansah, während er mit mir sprach. Von dem was er sagte, kam dafür leider um so weniger zwischen meinen Ohren an. Der schwarz gekleidete, blonde Elektromagnet, der jetzt neben mir an der Bar seine Drinks bestellte, raubte mir leider jede Fähigkeit zur Konzentration. Und meine Fähigkeit dies zu verbergen schein offensichtlich auch deutlich in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein, denn Wing3 bemerkte meine fehlende Aufmerksamkeit. „Das ist übrigens PINA“ meinte er kurz und nickte in Richtung der Sonne, die gerade mein astronomisches Zentrum bildete. Und Zack! Da war sie wieder, meine Aufmerksamkeit. „Oh, Mann du kennst echt immer die heißeste Frau in der Bar“ antwortete ich und freute mich schon über die einfachste aller Möglichkeiten, gleich besagten Fixstern kennenzulernen. „Ja, Mann. Die ist super heiß. Aber ich bin dran.“ erklärte er. „Wie, was heißt du bist dran? Läuft da was?“ fragte ich und betete für ein Nein. Die Antwort war so unklar, wie die Ansage davor: „Naja...Also es lief schon mal was. Aber das ist kompliziert.“

'Dibs!' Ruft der Amerikaner, wenn er etwas zuerst gesehen hat und es für sich zu reservieren gedenkt. 'Dibs' ist zu akzeptieren und es sollte keine Diskussionen geben. Zumindest nicht unter Freunden.

Ich drehte mich um und stellte mich PINA vor. Während ich ihre schmale Hand schüttelte und versuchte die richtige Mischung aus freundlich und cool in eine Art Tonfall umzuwandeln, rannte in meinem Kopf ein kleiner, wütender Troll mit verschränkten Armen fluchend im Kreis und diskutierte laut mit sich selbst. „Hat dieser Idiot sie jetzt gerade reserviert? Soll ich kotzen, oder was? Und was soll das überhaupt heißen, es lief schon mal was? Hatte er etwa die Frechheit, diese Perle mit seinen Schmutzgriffeln zu besudeln?“ fauchte der unrasierte Zwerg in mir, während ich weitere Belanglosigkeiten mit PINA wechselte und dann zusah, wie Wing3 sie in die dunkelste Ecke der Bar wegschleifte. Ich brauchte zwei Bier um mich halbwegs abzukühlen. Der Troll war zwar immer noch stinkwütend, saß jetzt aber wenigstens schmollend in einer Ecke. Ich war mir nicht ganz sicher, wie ich reagieren sollte, aber meine Loyalität verbot mir zumindest einen Frontalangriff und so bastelte ich mir vorerst ein Nest an der Bar und beobachtete die Situation zwischen Wing3 und seiner “Eroberung“. Die Stunden vergingen, Wing1 und Wing2 machten sich auf den Heimweg und ich stand so irgendwann alleine am Tresen. Selbst die Tatsache, dass BAMBI heute anwesend war, konnte mich nicht von den Beiden ablenken. Ich hatte im 20-Minuten-Abstand die Lage zwischen PINA und Wing3 in Augenschein genommen und zur Freude meines Gewissens saßen die Beiden seit einer halben Stunde schweigend nebeneinander und starrten synchron auf ihre Schuhe. Als sich daran weitere 10 Minuten nichts änderte, hob ich zumindest einige Jagdbeschränkungen für den hinteren Teil der Bar auf.

Ganz zufällig schlenderte ich kurz danach an den Beiden Trauerweiden vorbei und setzte mich, als kein Widerstand zu hören war, neben Wing3, so dass er zwischen PINA und mir saß. Ich begann ein Gespräch mit ihm, das allerdings aufgrund seiner demonstrativen Lustlosigkeit schon nach zwei Sätzen strandete wie ein dicker Wal. PINA setzte freudig ein und übernahm das Gespräch, während Wing3, besoffen, depressiv oder beides, weiter vor sich hin starrte. Das Gespräch mit PINA lief phantastisch. Wir stellten praktisch am laufenden Band Gemeinsamkeiten in unseren Lebensläufen fest. Nach 10 Minuten hatten wir Wing3 komplett ausgeblendet. Er geriet erst wieder in unser Sichtfeld, als er kommentarlos aufstand und sich träge in Richtung Bar schleppte. Allerdings waren wir zu sehr im Flow um darauf auch nur zu reagieren. Während wir feststellten, dass wir nicht nur beide unsere Pubertät als picklige Dorfpunks verbracht, sondern später auch beide unsere Zeit in ANTIFA-Gruppen mit der Planung der Weltrevolution verballert hatten, setzte sich Wing3 mit einem neuen Bier in der Hand etwas abseits von uns an die Wand und schwieg weiter mit sich selbst um die Wette. Die Zeit begann zu rasen und nachdem jeder von uns Wing3 einmal ergebnislos dazu aufgefordert hatte, sich doch wieder zu uns zu setzen, rutschten wir ein Stück zusammen und schlossen die Lücke, die er hinterlassen hatte. Die Frage, die mir nicht aus dem Kopf ging, war: Wie geht das hier jetzt weiter? Ich konnte ja wohl schlecht jetzt auch noch vor den Augen meines Kumpels die Nummer seines Mädchens abstauben.

„Woher kennt ihr euch eigentlich“ fragte ich PINA schließlich, um mir zumindest mal die Geschichte aus ihrer Sicht anzuhören. „Er hat mich draußen vor der Bar angesprochen, aber wir kennen uns noch von früher“ gab sie kurz zurück. Für mich klang das alles so gar nicht nach einer jungen Romanze und während ich noch am grübeln war, wie man von hier aus nun diplomatisch weiterspielen konnte, kam mir PINA zuvor. „Hey, was machst du eigentlich am 1.Mai?“ fragte sie „wir wollten nach Kreuzberg auf die Demo. Komm doch auch.“. „Dingdingdingdingding! Deal closed!“ klingelte es in meinem Kopf. Leider beschloss Wing3 in genau diesem Moment, sich doch wieder zu uns zu setzen um uns zu erklären, dass es hier heute scheiße sei und er jetzt nachhause gehe. Wir standen alle drei auf und PINA schien ebenfalls gehen zu wollen. Die Runde löste sich also auf, noch bevor ich konkreter auf ein Treffen am 1.Mai eingehen hätte können. Nachdem beide gegangen waren, genehmigte ich mir noch ein Bier und zog dann weiter in Club2.

In Club2 durfte ich mal wieder Zeuge der einzigartigen BAMBI-Show werden, die mich mittlerweile aber kaum noch aus dem Konzept bringt. In den frühen Morgenstunden tauchte das Psycho-Reh im Club auf und setzte sich in die dunkelste Ecke. Sie sprach mich im Vorbeigehen kurz an, schickte mich dann aber mit dem Verweis, sie wolle heute lieber alleine sein, wieder weg, um mich im Anschluss die übrige Zeit mit grimmigem Blick aus ihrer Ecke anzustarren als hätte ich ihr etwas getan.

Es war schon lange hell als ich nachhause kam und meine neue Mitbewohnerin (Hallo Sophia) war gerade am Kofferpacken. Ich erzählte ihr von dem PINA-Disaster und half ihr noch mit letzter Kraft die Koffer ins Auto zu wuchten. Gegen Mittag fiel ich dann in einen hundertjährigen Schlaf.

Als der Prinz mich wach küsste und ich zu meiner Erleichterung feststellen musste, dass es nur die fiese Abendsonne war, die in mein Schafzimmer ballerte, stand ich auf, machte mir einen Kaffee und begann zu überlegen, wie das mit dem 1.Mai zu handhaben sei. Wing3 ist ein Brot. Daran brauchte man nichts schön zu reden. Wahrscheinlich konnte ich mich getrost bei ihm melden um mich für den 1.Mai anzukündigen, ohne dass er etwas ahnen würde. Und was mein Gewissen betraf, entschied ich mich zu der Haltung, wer 'Dibs' ruft, musst auch B sagen... äää... oder so ähnlich.



Der 1.Mai begann leicht verkatert. Ich wusste, ich hatte vor PINA (und Wing3) zu treffen, aber in der Nacht vor dem Kampftag der Arbeiterklasse war nunmal in den Berliner Clubs und Bars die Hölle los und daher bestand Partypflicht. Gegen 14:00Uhr hatte ich mich mit Kaffee soweit aufgepäppelt, dass ich mich unter die Dusche traute. Danach kontaktierte ich Wing3. Wie zu erwarten schlug er begeistert vor, wir sollten uns am besten in einer Rockabilly-Bar in Kreuzberg treffen. Sie würden sich jetzt auf den Weg dorthin machen. Ich bügelte mein Gesicht, putzte die Zähne, wusch mir das Hirn und machte mich auf den Weg nach Kreuzberg. Ich war zu früh und die zwei waren noch nicht da als ich in der Bar ankam. Ich entscheid mich erstmal für Frühstück (16:00Uhr) und setzte mich in einen Gözleme Imbiss auf die andere Straßenseite. Nach den ersten Bissen sah ich Wing3 um die Ecke biegen. PINA, die hinter ihm her schwankte und sich gelegentlich an einer Hauswand stützen musste, hatte sich seit dem Wochenende offensichtlich in einen volltrunkenen, großen Typen mit Sonnenbrille und Mod-Styling verwandelt. Das konnte doch nicht wahr sein! Dieser Spasti! Und dafür hatte ich mich so früh (13:00Uhr) aus dem Bett gequält? Na klar, einmal wenn man nicht alles gegen checkt.... Er hatte eben am Telefon immer nur “Wir“ gesagt aber das nicht genauer spezifiziert. Mit fiel fast der Bissen Gözleme aus dem Gesicht als die zwei betrunkenen Vögel sich lustig schnatternd zu mir an den klapprigen Biertisch setzten. Auf den Schreck brauchte ich erstmal einen Tee. Außerdem wollte ich auch nicht, dass nach einer durchfeierten Nacht das erste was mein Magen an Flüssigkeit zu sehen bekommt schon wieder Bier ist.

Zehn Minuten später bestellte ich bei dem hübschen Rockabilly-Mädel auf der anderen Straßenseite ein Bier. Die anderen waren mir sowieso schon uneinholbare 5-6 Bier voraus. Eine Stunde später begann ich zu quängeln. Ich wollte auf die Demo. PINA hatte ja gesagt, sie würde auf die Demo gehen. Die Jungs waren inzwischen ziemlich breit und dementsprechend leicht von fast allem zu überzeugen, was man mit ihnen anstellen wollte. Auf dem Weg schnitt ich unauffällig gegenüber Wing3 das Thema PINA an. „Ja, die hat sich vor nem halben Jahr von ihrem Freund getrennt“ erklärte er mir „Ihr Ex war Straight Edge. Die waren 7 Jahre zusammen. Naja... Und seit ein paar Wochen haben wir so bisschen was am Laufen, aber sie will nix festes, weil sie sagt, sie kann nur mit einem Mann zusammen sein, der Veganer ist.“. Ich dachte erst er hätte einen Witz gemacht, bis ich sein toternstes Biergesicht sah. „Oh, verdammt!“ dachte ich mir. Offensichtlich war die so tolle gemeinsame Vergangenheit in den Reihen der humorlosen Politniks, die ich mit PINA neulich erörtert hatte zwar durchaus gegeben. Nur dass ihre “Vergangenheit“ ein paar Monate und meine 15 Jahre zurücklag. „Naja... Noch nicht gleich abhaken“ beruhigte ich mich selbst „vielleicht ist das auch nur ihre Art sich Wing3 etwas vom Hals zu halten“.

Wir erreichten die Demo, die wie geplant um 18:00 nicht los ging. Und um 19:00 auch nicht. Mittlerweile waren meine zwei Begleiter so sternhagelvoll, dass man ihnen schon zu ihrer eigenen Sicherheit zeigen musste, was ein dicker Baum und was ein Bulle war, damit sie nicht einem Freund oder gar einem Helfer gegen das Bein urinierten. Als sich langsam eine Art Formation zu bilden begann, versuchte ich die zwei Freaks erstmal davon abzuhalten permanent kurdische Mädchen zu approachen, die Unterschriften für die Freilassung Abdullah Öcalans sammelten und im Übrigen die Namen meiner zwei Freunde mittlerweile auch schon knappe zehn mal auf ihren Listen hatten, um dann Beide in Richtung Spitze des Zuges zu bewegen. Auf dem Weg wurden die Klamotten der uns umgebenden Menschen immer schwärzer und einheitlicher. Zwischen ein paar Bäumen stoppte Wing3 plötzlich, deutete auf eine Gruppe Autonomer und stammelte irgendetwas unverständliches in den Ärmel seiner Lederjacke. Ich erkannte sie zuerst nicht. Autonome sehen am 1.Mai in Kreuzberg, wie gesagt, alle ziemlich gleich aus. Dafür erkannte sie jetzt uns. Wir müssen ein seltsames Bild abgegeben haben, was ich ihrem Gesichtsausdruck entnehmen konnte. Wing3 kippte gerade langsam mit ausgestrecktem Arm nach rechts. Neben ihm stand zum Glück sein genauso besoffener Kollege mit zwei Plastikbechern Bier in der Hand und einer völlig schiefen Sonnenbrille im Gesicht und versuchte ihn unter erheblichem Bierverlust aufzufangen. Und ein Stück dahinter stand ich. Unvorbereitet auf diesen Moment, in meinem coolsten Hemd und natürlich so ganz ohne Kapuzenpulli. Und auch ohne Schal. Und auch ohne Sonnenbrille und schwarze Cappy. Und auch ohne radikale politische Ansichten. Ich hatte ihr nichts davon mitgebracht. Noch nicht einmal Hass, Hass, Hass. Nicht mal einen beschissenen kleinen ANTIFA-Anstecker, eine Palästina-Fahne,.... Nichts! Mein social proof war auf Null. Meine Chance, politisch korrekten Sex mit ihr zu haben ebenso. Sie lächelte kurz zu uns herüber und winkte. Ich winkte zurück. Die zwei anderen führten eine Art modernen, avantgardistischen Ausdruckstanz mit Bierbechern auf. Dann zog einer der radikalen, schwarzvermummten, jungen, wilden Sex-Veganer PINA mit sich in die Demo und von uns weg. Ich hab sie seit dem nicht mehr gesehen.

Wir hatten an diesem Abend noch reichlich Spaß. Es floss noch einiges an Bier, es wurden diverse radikale Forderungen in die Welt hinaus gerufen, Dinge durch die Gegend geworfen und kleinere Autos auf den Kopf gedreht. Aber es war keiner von uns, der in dieser Nacht PINA schmutzige Tier- und Pflanzen-Namen geben durfte und es war keiner von uns der es ihr radikal von rechts und ganz links besorgte. Schade eigentlich. Aber so ist die Welt nunmal. Ungerecht. Ein Schweine-System.


Ich habe neulich einer Kollegin, die Veganerin ist, von PINAS Ansichten zu Beziehungen mit Nicht-Veganern erzählt. Sie meinte überraschenderweise, sie könne das sehr gut verstehen. Ihr ginge es auch oft so. Allerdings gar nicht aus politischen Gründen sondern aus ganz physischen. Sie behauptete, Menschen die tierische Produkte essen, hätten einen anderen Körpergeruch als Veganer und sie würde diesen Körpergeruch als sehr unangenehm empfinden. Ich fragte sie, wonach wir denn nach ihrem Empfinden riechen würden. Sie sagte, nach Käse.

Ich sollte dringend mal wieder auf ein ANTIFA-Plenum gehen. Und dieses Käse-Thema ansprechen.


Elia

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