Guten Morgen aus Berlin,
Ein ruhiger Sonntag Morgen mit Kaffee
und ohne Kater. Selten, da die Samstage ja inzwischen meist in langen
Clubgames enden und so naturgemäß der Sonntag eher schielend im
Bett verbracht wird. Also nutzen und versuchen hier endlich mal den
Field-Report-Rückstand aufzuholen. Beginnen wir also vor zwei Wochen
mit
CLUBGAME TEIL 10
Es ging mit Wing1 in den Club. Wing2
war, glaube ich, einem bösen Grippevirus zum Opfer gefallen. Mit
letzter Kraft hob er aber noch seine Hand und flüsterte uns zu:
„Lasst mich zurück. Ich behindere euch nur, geht ohne mich weiter.
Ich werde in Gedanken immer bei euch sein.“
Und so legten wir also gerade eine
Gedenkminute für Wing2 ein und schütteten voller Andacht und
Besinnung den günstigsten in Deutschland legal zu erwerbenden
Tankstellen-Wodka in unsere Red-Bull-Dosen und hofften nach dem
Genuss dieses Cocktails beide noch unser Augenlicht zu behalten, als
wir direkt mal von einem Ü-30-2er-Set geöffnet wurden.
Ob man denn da an den Eingang jetzt
einfach so ran könne, weil da so Geschrei sei, fragte uns die eine
der beiden, während wir entspannt auf den, mit dem Gartentisch
zusammengesperrten, Plastikstühlen vor dem geschlossenen Cafe saßen.
Jooo... keine Ahnung. Vielleicht sollte man warten bis der
Nachtfalter mit Migrationshintergrund damit fertig sei, verbal
Geschlechtsverkehr mit den gesamten Familien aller anwesenden
Türsteher anzudrohen. Das Geschrei wurde lauter und die Damen
setzten sich also zu uns um mit uns gemeinsam, in lauschiger
Atmosphäre, darauf zu warten, dass der wütende ein-Meter-sechzig
Wüstenkrieger jetzt entweder endlich seinen Krummsäbel einsetzt
oder die fünf Schränke vor dem Clubeingang ihn final in seine
Einzelteile zerlegen und zu Mutti nachhause schicken würden. Keines
von beidem geschah. Stattdessen rückte die wie immer gut gelaunte
Berliner Polizei mit zwei Wannen und einem kuschligen Schäferhund an
um den spontanen Dschihad des Sechzehnjährigen kurz und schmerzfrei
zu beenden.
So war der Clubeingang also wieder frei
und da wir uns nicht weiter mit dem schlecht gekleideten Ü-30-Set
befassen wollten verabschiedeten wir uns höflich, lösten unsere
Fahrkarten und betraten die Lokalität. Wir waren in bester Laune und
Wing1 in absoluter Hochform. Er öffnete schneller als man die Sets
wieder schließen konnte und wirklich alles was sich in greifbare
Nähe zu uns tanzte. Meine Wenigkeit war zwar in entsprechender
Stimmung aber so fasziniert von der Opener-Parade meines Wings, dass
ich mein eigenes Game irgendwie komplett vergas. Selbst derbste
Ich-Ignoriere-Dass-Jemand-Mit-Mir-Spricht-Körbe konnten Wing1 heute
nicht stoppen. Eine kleine HB7-Asiatin auf der Tanzfläche starrte
tatsächlich derart ignorant durch ihn hindurch, während er mit ihr
sprach, dass ich schon Angst hatte, sie wäre eventuell blind und
taubstumm zugleich und würde beim weitergehen gleich einfach gegen
ihn laufen. Man sollte anfangen, solchen Frauen wirklich vollkommen
abstrakte Dinge ins Ohr zu schreien, dachte ich bei mir. Wäre
interessant zu sehen wie sie auf „Ich kann deine Füsse riechen“
oder „Bist du die blaue Drachenreiterin?“ reagieren würde.
Bei dem Run war es natürlich kaum
verwunderlich, dass er schon bald an einem hübschen Mädel hing. Ich
tat noch kurz meine Pflicht als guter Wing und bespaßte ihren
anscheinend schwulen Begleiter. Als der sich aber als harmloser und
eher unterhaltsamer Dancing-Monkey herausstellte, der sich wunderbar
auch mit sich selbst vergnügen konnte, überlies ich Wing1 seinem
Schicksal und drehte auf eigene Faust noch ein paar Runden durch den
Club. Ich kam leider nicht wirklich in Opening-Laune und so verging
die Nacht mit Tanzen und Trinken und gelegentlich meinen immer
glückseliger aussehenden Wing besuchen. Als mein Tank voll und meine
Stimmung leer waren tauchte dann auch mein Wing neben mir auf. Er
hatte einen durchaus sichtbaren Schein um den Körper und schwebte
knappe 5 cm über dem Boden. In seinem illuminierten Rausch aus Bier
und weiblicher Energie erzählte er mir beseelt von seinem
Number-Close und dass er sooooo verliebt sei. Natürlich freute ich
mich für ihn, trotzdem reagierte mein betrunkener „ungecloseter“
Geist mit leicht genervter Ich-Will-Jetzt-Heim-Aggression auf seine
mantra-artige „ich bin soooo verliebt“-Wiederholung. Sein
monströser Energy-Level reichte sogar noch dafür in der Schlange
vor der Garderobe vor uns ein blondes HB7-2er-Set zu öffnen. Er
strahlte die zwei Mädels an und versuchte mich vorzustellen. Ich
reagierte mit Gegrummel.
Er war ein Liebes-Gott. Ich der
Bier-Zombie. Wie unterschiedlich Alkohol doch wirken kann, je nachdem
ob man ihn mit oder ohne Frau neben sich konsumiert.
Nach dem Abend in besagtem Club war ich
erstmal krank.
Wie es mit Wing1 und seinem
Number-Close weiterging kann ich aus persönlichkeits-rechtlichen
Gründen und aus Angst vor körperlicher Gewalt an dieser Stelle
nicht ausführen. Aber ein paar Tage später war auch er krank.
Und so hustete und rotzte sich unsere
gesamte PickUp-Brigade durch das folgende Wochenende. Es müssen zwei
sehr dunkle Nächte für Berlins Frauen gewesen sein. Mir wurde von
spontanen Trauermärschen um das DJ-Pult und Gedenkminuten auf
Damentoiletten erzählt.
Diesen Freitag ging es dann aber in
geänderter Besetzung (diesmal musste Wing1 arbeiten) weiter.
Zunächst trafen wir uns noch zu dritt zum Pizza-Essen. Allerdings
tauchten selbst nach hartnäckigstem Aussitzen in der Pizzeria heute
keine Targets auf. Der kleine Italiener ist auch nicht mehr das was
er mal war. Also zahlen und los ging's.
CLUBGAME TEIL 11
Wing1 verabschiedete sich also, um
morgen arbeitsfähig zu sein, und Wing2 schlug vor der Touristenfalle
um die Ecke nochmal eine Chance zu geben. Ich hatte ja gerade recht
positive Erfahrungen mit Touristen machen können und war folglich
leicht zu überreden. Also jeder einen Drink in die Hand und die Lage
checken. Fast nur Berlin-Touristen im Publikum. Schulklassen mischen
sich mit wenigen Ü-30ern, die aber wahrscheinlich auch auf
irgendeiner Konferenz in Berlin sind. Wing2 meint er hätte ein HB8
im Visier. Die Schönheit dreht sich um und steuert auf uns zu. „Is
doch sowieso mit Freund da“ meine ich noch, als sie mich auch schon
herzlich mit Küsschen begrüßt. Uups, gar nicht erkannt. Blablabla
und weiter.
Als wir gerade beschlossen hatten, dass
hier wohl nix mehr zu holen ist und es an der Zeit wäre die
Örtlichkeit zu wechseln, sind wir plötzlich umzingelt von 4 Mädels
die sich angeregt in einer mir leider unbekannten Sprache
(Schwedisch? Norwegisch? Isländisch?....) unterhalten. Wing2 zeigt
seine Fangzähne und ich überlege mir, ob es Sinn macht hier zu
öffnen, komme aber zu dem Schluss, dass die Mädels sich hier
anscheinend in einer Gruppe von 10-15 Leuten befinden und es
wahrscheinlich wenig Sinn macht zu versuchen sie da rauszuziehen und
mitzunehmen. Eine Einstellung an der ich arbeiten sollte. Der Sinn
oder Unsinn eines Gespräches mit Mädels, speziell am Anfang des
Abends, sollte eigentlich vollkommen egal sein.
Jedenfalls ziehen wir weiter in die
Stammbar. Da kann man nix falsch machen. Wir kommen rein, platzieren
uns an der Bar und ein kleines Mädel, das neben ihm steht, strahlt
Wing2 von unten an, wie ein Kleinkind den Weihnachtsbaum. Er quatscht
sie an und sie freut sich sichtlich. Sie hat noch eine Freundin
dabei. Da sie aber so erfreut wirkt, habe ich nicht das Gefühl,
diese „übernehmen“ zu müssen und quatsche erstmal eine Runde
mit dem Türsteher.
Mitten im Gespräch verlassen plötzlich
beide Targets meines Wings die Bar. „Was ist denn jetzt passiert?“
denke ich mir und gehe wieder rein um sicher zu gehen, dass Wing2
jetzt nicht die ganze Bar in die Kälte schickt. An der Bar finde ich
Wing2 im Gespräch mit der Barfrau. Er erklärt mir, dass er kurz auf
Toilette geht und ich auf sein Bier und das Bier von L aufpassen
soll. Great job! Aber ok. Während er weg ist kommen die Mädels (L
und Freundin) wieder rein. Ich stelle mich L kurz vor, aber sie ist
leicht panisch angesichts der Tatsache, dass statt meinem Wing jetzt
nur ich hier bin. Die Mädels sind Schwedinnen (sind das Zufälle
oder ist das eine Berlin-Invasion?) und L tut kund, dass sie meinem
Wing „gerne ihre Briefmarkensammlung zeigen möchte“. Anscheinend
habe ich einen Insider-Witz verpasst.
Mein Wing taucht wieder auf, L
entspannt sich sichtlich und beginnt sofort wieder mit der aktiven
Anhimmelung während mein Wing2 mir den Insider mit der
Briefmarkensammlung erklärt. Nach zwei Minuten scheint L wieder in
die Realität zurückgekehrt zu sein und nachdem Wing1 und ich beim
letzten Clubgame geopent wurden, versuchen die Schwedinnen jetzt
Wing2 und mich zu moven. Irgendwie scheinen die Jäger zu den Rehen
geworden zu sein...
L: Hey we know a cool party at
…..straße. A friend of mine is working there. Do you two want to
come with us?
Wing2 und ich sehen uns an. So fühlt
sich das also an. Ich habe kurz das Gefühl lange Haare und einen
Minirock zu tragen.
L: I will show you the first half of my
Briefmarkensammlung there.
Wir sehen uns wieder an. „Wollen wir
da hingehen?“ frage ich telepathisch.
L nickt in meine Richtung und fragt
Wing2: He doesn't want to go, right?
Oh, super ! Jetzt sind wir nicht nur
Mädchen. Sondern jetzt bin ich auch noch die dicke, hässliche
Freundin, die den zwei schwedischen PUAs den Move vermasselt. Na gut,
wenn ich schon Fatty spielen muss dann aber richtig.
I: We´re not sure. We are still
girl-coding. You know girl-coding?
L: Mmmm... yes...?
I: Why dont you just show him your
Briefmarkensammlung right now?
L: No i have to go there first.
Anderenfalls verliere ich einen Teil meiner schwedischen Identität.
Sagt sie mit einem niedlichen Akzent
und setzt sich mit dem Rücken zu einem Typen auf das letzte drittel
des Barhockers auf dem dieser sitzt. „Die ist echt strange“ denke
ich mir. Im Nachhinein betrachtet hätten wir da wahrscheinlich
mitgehen sollen. Vielleicht wären da ja noch mehr kleine seltsame
Schwedinnen gewesen. Aber hinterher ist man immer schlauer. Wir
entscheiden uns dagegen.
Wing2 zückt allerdings sein Handy und
verwandelt unsere Absage zumindest noch in einen (kenn ich von ihm so
gar nicht) Number-Close.
L und ihre Freundin verabschieden sich
und wir bleiben an der Bar zurück. Wing2 hat bereits ein neues
Target. Große, blonde HB8, Typ Amerikanisches Katalogmodel, steht
umzingelt von vier Typen, denen schon das Wasser aus den Mundwinkeln
tropft in Reichweite und funkt auf unserem Kanal. Ich schlage vor mal
die Plätze zu tauschen, damit Wing2 besseren EC aufbauen kann.
Gesagt, getan. Er meint, das wäre zu auffällig gewesen. Die große
Blonde lässt sich (total süss und auch arschwitzig) den Hut von
einem der Typen aufsetzen und funkt fleissig weiter Wing2 an. Ich
beschließe, dass wir uns „trennen“ sollten um hier mal Bewegung
in die Szenerie zu bekommen und mache zwei Schritte vorwärts auf
ein Mädel (HB5) zu, das etwas abseits der Gruppe um die Blonde an
der Wand lehnt. Aus irgendeinem Grund fangen zwei Typen an, am Boden
herumzukriechen. Schön abstrakte Vorlage.
I: Did anyone just die?
Sie lacht.
HB5: No, i think they lost something.
I: Oh, pfhuu, what a relief...
Wir kommen sofort ins Gespräch. Sie
ist Italienerin, arbeitet beim Fernsehen und hat nicht wirklich viel
Spannendes zu erzählen. Fantastisch. Wir quatschen gefühlte 20
Minuten, dann steht Wing2 wieder neben mir. Ich stelle ihn kurz vor.
Er erklärt mir, dass das Amerikanische Katalogmodel in Wirklichkeit
nicht Amerikanerin sondern Südafrikanerin und auch kein Katalogmodel
sondern eine eingebildete Bitch sei, dass er jetzt langsam ordentlich
einen im Kahn habe und wir doch vielleicht auch mal an einen
Location-Wechsel denken könnten. Die Italienerin schlägt mir einen
„Facebook-Close“ vor. Ich habe kein Facebook. Ich weise auf die
altmodische Art der Kommunikation via Telefon hin, aber sie behauptet
sie hätte kein Handy (WTF?). Wir einigen uns auf den Austausch von
E-Mail-Adressen und ich bin mir sofort sicher, dass ich das nur tue,
um einen Strich auf die Close-Liste zu machen und nicht um ihr
demnächst eine Mail zu schreiben.
Wir verlassen die Stammbar und fallen
direkt in eine von Berlins nächtlichen
„Kunst-mit-Musik-und-bisschen-clubähnlich-aber-keiner-tanzt-aber-trotzdem-geil-irgendwie-Ausstellungen“
und ich bekomme von der hübschen Italienerin hinter der Bar (Wing2
ist hin und weg) einen Todes-5cl-Wodka für 2,50 hingestellt. Einmal
pro Nacht weiß man mindestens warum es geil ist in Berlin zu leben.
Danach bin ich auch deutlich angeschossen.
Nächster Halt, Club1.
In Club1 läuft heute leider
Teeny-Mucke. Nachteil für die Ohren meines Wings, Vorteil für
meinen Frauengeschmack. Dachte ich zumindest. Leider finde ich nicht
wirklich interessante Targets. Wing2 sucht uns ein lauschiges
Plätzchen an der Tanzfläche und wird direkt von einem 3er-Set
(HB5-6) und einem 2er-Set (HB6-7) angefunkt. Der Mann funktioniert
wie Leuchtturm. All die kleinen HB-Boote beginnen sich durch den
Sturm der Tanzfläche langsam in unsere Ecke zu bewegen. Ich bewege
mich eine Runde zur Musik. Das 2er-Set wird auf dem Weg Richtung
Leuchtturm von zwei ultra penetranten Dance-Game-Schleppern be- und
abgedrängt. Der eine ist der Typische Tanzflächen-Knutsch-Boy
(groß, Latino, Schmuse-Gesicht) der andere bietet deutlich mehr
Unterhaltungspotential. Im stinkheissen Club, mitten auf der
Tanzfläche stützt sich sein Ego und seine komplette DHV anscheinend
auf das Vorführen seiner dicken, fetten Daunenjacke im
Michelin-Mann-Style. Wir sind nicht die einzigen Umstehenden, die
sich deutlich zusammenreissen müssen um nicht laut loszulachen.
Wing2 funkt noch ne Weile mit einer hübschen Spanierin, die darauf
hin mit ihren Freundinnen eine ganze Weile direkt vor uns tanzt.
Leider scheinen seine Akkus für heute bereits im roten Bereich zu
sein und er macht keinen Move.
Auch bei mir zeigen sich schon deutlich
energietechnische Verschleisserscheinungen. Und wie das in Berlin
nunmal so ist, wenn man langsam müde wird... taucht wie aus dem
Nichts plötzlich noch eine extrem betrunkene junge Russin mit einer
pinken Pagenkopf-Perücke auf und will mit mir tanzen. Sie erinnert
mich sofort an Natalie Portman in Closer und an Scarlett Johansson in
Lost In Translation leider ohne deren Sexappeal. Ich bin zu kaputt um
den Spass mitzumachen und verweise sie an meinen Wing. Der kneift
auch und mir fällt wieder ein, warum wir beide heute keinen Sex mehr
haben werden. Trotzdem geniessen wir noch ein wenig ihre Show auf der
Tanzfläche.
Nach einer halben Stunde verabschiedet
sich Wing2. Die Mucke passt ihm eh nicht und seine Energie reicht
nicht mehr für Approaches. Das hätte ich wohl auch tun sollen. Tat
ich aber nicht. Ich blieb noch auf ein Bier in Club1. Ging danach
nochmal in die Stammbar auf 2 Whisky. Und danach tatsächlich noch in
den Absturzclub. Dort beobachtete ich auf ein letztes Bier das
allmorgendliche Reste-Abschleppen und sagte dann Gute Nacht zum
Türsteher des Absturzclubs, der mich immer noch nicht erkennt, zum
Club1, zur Stammbar und zu mir selber, rief mir ein Taxi und lies
mich direkt zum Bäcker meines Vertrauens fahren um mir meine übliche
Dosis Kakao und Croissants zu holen. Morgens um 8 betrunken
Croissants mit Kakao im Bett zu essen ist eine genauso gefährliche
wie phantastische Sache. Sex wäre bestimmt auch toll. Aber bis es
den gibt, gibt es eben Kakao und Croissants.
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