SCHWARZER FREITAG 1
Da freut man sich die ganze Woche schon
auf das Wochenende und jetzt sitze ich Samstag Morgens in meiner
Küche und habe weder einen Kater, noch Sex auf dem Küchentisch,
noch bin ich besoffen und gerade erst nach hause gekommen. Und das
schon das zweite Wochenende in Folge.
Was ist da schief gelaufen?
Ganz einfach, der Freitag. Der ist
schief gelaufen. Zum zweiten mal sind wir Freitag „Nur kurz auf ein
Bier“ nach der Arbeit weggegangen (was dann bis 6Uhr Morgens ging)
und beide Male endete der Freitag nicht nur ungeplant an der Bar
sondern auch für irgendjemanden in einem Stimmungs-Desaster. Aber
alles schön der Reihe nach.
Beginnen wir also letzte Woche. Wing1
musste das Wochenende durcharbeiten und so bestand das Rudel also nur
noch aus Wing2 und mir. Was soll's – mehr Schäfchen für die
übrigen Zwei! Wir verabredeten uns bei mir und arbeiteten uns,
während wir The Pickup Artist Season1 glotzten, durch meine
Whisky-Sammlung. Die Stimmung war ausgesprochen gut ausser dass
Wing2, wie immer nach der Arbeit, erstmal mit einigen Infusionen
Espresso direkt ins Herz zurück ins echte Leben gebombt werden
musste. Dort angekommen waren wir aber guter Dinge und schon am
Dümmster-Opener-des-Abends-suchen. Vor dem Aufbruch gab es noch eine
Runde Ozzie (...and now: you close!) von der Real Social Dynamics DVD
(Transformation) und so vollgepumpt mit PickUp-Theorie und Motivation
fuhren wir zur Startrampe (bzw. Stammbar) um unsere Rakete zu
besteigen.
Wir betraten die Stammbar auf einem
absoluten Energy-High. „Die Welt gehört mir und das hier ist mein
Wohnzimmer“ spielte eine Punkband unaufhörlich in meinem Kopf. Ich
war extrem gut drauf. Wir alberten rum und durchwühlten die
anwesende bier-grasende Schafherde nach schmackhaften, jungen
Opfer-Lämmern. Schnell waren nacheinander drei mögliche Targets
ausgemacht. Ein 2er-Set hatte uns beim Reinkommen schon angefunkt und
direkt am Eingang stand noch ein kleines, blondes HB6 mit Freundin
und Kumpel und funkte auf unserer Frequenz. Beide eigentlich in
greifbarer Entfernung, in ihren Sets sichtbar gelangweilt und bereits
an den entscheidenden Stellen rasiert und mit kleinen roten Kreuzen
markiert, damit auch wirklich kein Wolf daneben beissen kann. Und
selbst hinter dem DJ-Pult stand ein HB6 im engen Minikleid.
Aber entweder waren wir uns zu sicher,
dass uns die Mädels schon nicht davon laufen würden oder wir
wollten noch ein wenig die Stimmung geniessen bevor wir uns der
„Arbeit“ widmeten, jedenfalls missachteten wir schändlich die
Möglichkeiten der ersten Minuten und das sollte uns teuer zu stehen
kommen. Zumindest meine Wenigkeit hatte jedenfalls nicht mit dem
einzigen Schaf der Welt gerechnet, das regelmässig und auf blutigste
Art Wölfe zur Strecke bringt. Die böse, gefräßige Oneitis. In
meinem Fall in Form von L, die plötzlich und wie aus dem Nichts
direkt neben mir stand. Ich drehte mich gerade lachend zur Seite,
weil ich dort nichtsahnend einen alten Bekannten vermutete, doch der
war nicht mehr da, und an seiner Stelle stand dort L und starrte ins
Nichts. Ich konnte förmlich fühlen, wie mir mein Lachen aus dem
Gesicht rutschte und schwer und dumpf vor mir auf dem Boden
aufschlug. Mein Blutkreislauf beschloss umgehend meinen Kopf ab jetzt
zu umfahren und so wurde ich nicht nur leichenblass sondern mein Hirn
fuhr augenblicklich alle nicht lebenserhaltenden Systeme herunter.
Ich wurde langsam kalt uns starr. Da stand sie nun, das kleine,
pechschwarze Killerschaf in Mitten dieser gerade noch so saftigen und
verlockenden Herde. Und es hatte sich direkt neben mir geparkt und
mich damit vom Wolf zum Dackelwelpen werden lassen. Klein, zittrig
und mit Schlappohren stand ich jetzt neben L und vor meinem Wing und
konnte die sich anbahnende Paralyse langsam spüren.
Die Minuten vergingen wie Stunden und
ich blickte immer wieder abwechselnd hilflos von L zu meinem Wing und
zurück. Dieser versuchte noch mich abzulenken und mit mir zu reden
doch in meinem blutleeren Hirn kam nur ein dumpfes Waaaaab,waaaaab,
waaaab an als wäre ich Charlie Brown und er meine Lehrerin. Ich
versuchte es mit Weggehen doch der Abstand half nichts. L stand da
neben meinem Wing als wären sie die einzigen zwei Personen im Raum.
Nach gefühlten zwei Monaten ging L und platzierte sich in die andere
Ecke der Bar. Ich konnte zu meinem Wing zurück der mich mitleidsvoll
und schockiert ansah, wie den einzigen Überlebenden eines
Flugzeugabsturzes, der sich gerade aus den brennenden Trümmern
schleppt.
„Ich kann meine Arme nicht mehr
spüren“ flüsterte ich ihm ins Ohr „Und meine Knie geben auch
langsam nach“. „Alter was war das denn? Du hast mir gar nicht
mehr geantwortet“ sagte er immer noch geschockt. „Geantwortet?
Ich hab dich nicht mehr gehört, Mann !“ gab ich zurück.
Nach weiteren Minuten des Rumstehens,
Arme-Ausschüttelns und anderer Versuche der Reanimation meiner
Körperteile fasste sich mein Wing ein Herz. „Ey das macht jetzt
keinen Sinn mehr. Los weg hier. Lass uns woanders hingehen“. Ich
folgte willenlos und brav wie ein verprügelter Hund. Wir wechselten
die Bar und ich bestellte einen furchtbar ekelhaften, aber günstigen,
doppelten Bourbon um den erlebten Horror runter zu spülen. Wir
redeten eine gute Stunde über Frauen, PickUp, Leben und
Schockzustände bis ich mich wieder sortiert hatte. Wir verliessen
die Bar und mein Wing wollte in einen Club. Fragt mich nicht warum,
aber ich wollte zurück in die Stammbar. Es fühlte sich an als
manifestierte sich heute Nacht in L all meine Paranoia und Angst im
Umgang mit Frauen. Ich musste mich zumindest dazu zwingen mich in
ihrer Gegenwart wieder zu entspannen.
Zurück in der Stammbar winkte mir vom
anderen Ende des Tresens gleich mal eine Bekannte zu, die mit ihrer
kleinen Schwester in der Bar war. Die Schwester stürmte quer durch
die Bar auf mich zu und umarmte mich. Mit einem Auge suchte ich L und
erwischte sie dabei, wie sie zu uns herüber sah. Ich stellte die
kleine Schwester meinem Wing vor und unterhielt mich eine ganze Weile
lang angeregt mit ihr. Dabei trafen sich immer wieder Ls und meine
Blicke. Bildete ich mir das ein, oder hatte ich Ls Aufmerksamkeit?
Wing2 verabschiedete sich nach ca. einer halben Stunde. Er wirkte
immer noch etwas verwirrt und mitgenommen. Hatte mein Absturz ihn
längerfristiger getroffen als mich? Ich hatte das Bedürfnis ihn zum
Abschied zu drücken. Es fühlte sich an, als hätte er mich aus
besagter brennender Maschine gezogen und sich dabei selbst einige
schlimme Blessuren zugezogen.
Nachdem Wing2 gegangen war verstritt
ich mich erstmal ausführlich mit meiner Bekannten (nichts wirklich
neues mit ihr – wir zelebrieren sowas von Zeit zu Zeit) so dass sie
sich an der Bar und ich mich am anderen Ende des Raumes aufhielten,
bis auch sie und ihre Schwester sich verabschiedeten. Ich unterhielt
mich noch eine Weile mit einem Bekannten am Ausgang, bis wir uns auf
ein Bierchen vor die Bar setzten. Nach der Hälfte unserer Biere
tauchte L in der Tür auf, und fragte, ob sie sich neben mich setzen
dürfe. Ich war ziemlich perplex, aber auch inzwischen betrunken
genug um mit meinem Mund das Wunder der menschlichen Sprache zu
demonstrieren: „Du darfst alles L, das weißt du doch“.
Sie erzählte uns von ein paar Typen,
die sie in der Bar ständig anstarrten und dass sie da jetzt mal
flüchten musste. „Und dass du nicht gerne angestarrt wirst, das
kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen“ verkündete mein Mund
ohne dass ich ihm die Erlaubnis dazu gegeben hatte. Was Alkohol bei
mir doch für einen extremen Unterschied macht. Das ist wirklich
verblüffend und schockierend.
L ging irgendwann doch wieder in die
Bar und ich kam einige Minuten später nach. Ich bestellte mir noch
einen Whisky und wurde direkt von einem blonden HB6 angegrinst. Ich
grinste zurück (Ja. Ich! Tatsache. Mein Alkoholpegel regelt
irgendwann wirklich alle meine Probleme) und sie musste beinahe schon
lachen. Ich ging zu ihr und öffnete mit „Was war das denn jetzt
gerade?“. Wir kamen sofort ins Gespräch. Sie war vor kurzem erst
nach Berlin gezogen und Schauspielerin. Wir verstanden uns prächtig
und alberten sofort sehr vertraut herum. Sie erzählte, sie wohne
ganz in meiner Nähe und ich solle doch mal in die ….Bar kommen, da
sei sie sehr oft. Wir beschmissen uns abwechselnd mit IOIs. Nach
einer viertel Stunde hatte sich der Abstand zwischen uns bereits
unter die Normalgrenze gesenkt und ich war drauf und dran voll aufs
Kino-Pedal zu drücken als plötzlich ein Kerl, der anscheinend schon
lange keine Schere und keinen Rasierer mehr gesehen hatte, neben uns
auftauchte, sich bei mir entschuldigte und sie sehr eindringlich
aufforderte dass sie sich jetzt mal sofort mit ihm draussen
unterhalten solle. Sie folgte und lächelte mir im Gehen nochmal zu.
Hupsi, da war ich wohl der dumme Eifersuchts-Clown für irgendeine
Beziehungskrise geworden. Egal, mein Scheiss-Drauf-Pegel war erreicht
und so bestellte ich mir noch ein Bier und stellte mich neben das
DJ-Pult. Die hübsche DJane war gerade am Platten zusammen packen.
I: „Hey, den einen Song von …. ganz
am Anfang, den hättest du ausspielen sollen!“
S: „Ja, danke! Ich find den auch
super, aber die Leute sind nicht drauf abgegangen.“
I: „Ach scheiss auf die Leute!
Manchmal muss man die eben musikalisch erziehen. Ich hab früher auch
ne Zeit lang aufgelegt, das hat ja manchmal auch viel mit Erziehung
und Manipulation zu tun...“
Blablablablabla Wir quatschten noch
eine Weile und plötzlich streckte sie mir ihre Visitenkarte
entgegen. Oh Mann! Visitenkarten-Close! Das sollte doch eigentlich
NIE WIEDER passieren. Aber diesmal war es ja nicht ich. Also tauschte
man brav die Kärtchen und ich half ihr noch ihre Plattenkoffer nach
draussen zu tragen und winkte ihr ein Taxi ran.
Wieder in der Bar konnte ich L noch
einmal beim vorsichtigen EC ertappen und beschloss, dass wir hiermit
irgendwie „quitt“ waren und ich jetzt den Nachhauseweg antreten
würde.
Am nächsten Tag erzählte Wing2 mir,
dass ihn mein Absturz in eine mittlere Krise gestürzt hatte und er
seit dem ständig am Grübeln sei, wo er mit PickUp eigentlich hin
wolle bzw was er eigentlich für eine Frau/Beziehung sucht bzw ob
PickUp/Clubgame für ihn überhaupt eine Lösung sei. Meine Bekannte
meldete sich auch noch ein paar Tage später und als wir uns wieder
versöhnt hatten erzählt sie mir, dass ihr an dem Abend ein Mädel
aufgefallen sei, dass öfter zu mir rüber gesehen hätte. Gemeint
war L.
Alles in allem ein interessanter Abend.
Zu merken wäre für mich erstens, dass ein hoher Energy-Level auch
sofort in Approaches umgesetzt werden sollte. Und zweitens dass am
Wochenende für mich jetzt Theorie-Verbot gilt. So vollgestopft mit
PickUp kann man ja gar nicht entspannt gamen.
Leider auch immer noch kein Lay oder
KissClose, was langsam anfängt mich zu nerven. Das Durcheskalieren
bzw überhaupt Eskalieren stellt für mich immer noch den größten
sticking point dar.
Der DJane habe ich zwei Tage später ne
Mail geschrieben. Ob es denn nen Newsletter gäbe, wo man mitbekommt
wo sie so auflegt, da ich für Facebook zu alt sei usw... Sie schrieb
am nächsten Tag zurück dass sie an einem Blog arbeite und mir den
Link schicken würde, sobald dieser fertig sei. Ich habe nicht weiter
geantwortet. Wie bei der Autorin (die sich inzwischen doch noch auf
meine Mail hin gemeldet hat) habe ich auch hier Hemmungen das ganze
in ein Geschreibsel ausarten zu lassen und warte lieber, ob man sich
nochmal trifft. Ob das richtig ist bin ich mir nicht sicher.
Den Samstag darauf war ich zu platt um
noch in den Club zu gehen und so verging erst mal eine anstrengende
Arbeitswoche.
SCHWARZER FREITAG 2
Dieses Wochenende
wiederholte ich den Freitags-Fehler gleich noch einmal. Applaus für
mich !
Nach der Arbeit
traf ich mich mit Wing2 zum traditionellen Pizza-Essen. Danach waren
wir schon am Zögern, ob man nicht doch jetzt nach hause gehen
sollte, um den Samstag ordentlich fit nutzen zu können. Natürlich
ging man aber dann doch noch „auf EIN Bier“ in den Touri-Laden.
Dort gab's zwar einige Sets aber alle sitzend und einfach nicht
approachbar. Reichlich EC zum Bier hob unsere Stimmung noch ein wenig
und so ging's danach natürlich noch „auf EIN LETZTES Bier“ in
die nächste Bar. Dort war es extrem voll und wir stellten uns
natürlich unbewusst direkt vor die aller heftigste
Ü-30-Single-Frauen-Präsentationreihe direkt an der Bar. Das
Nachtleben kann ja auch wirklich ziemlich traurig aussehen, wenn man
es mal genau betrachtet.
So stand ich also
gegen 2Uhr schon alleine in der Bar. Ich orderte noch ein Bier und
trank es ziemlich schnell im Eingang. Für mich waren eigentlich
keine interessanten Targets anwesend aber es gab ein 2er-Set an der
Bar, das schon beim Reinkommen Wing2 und meine Wenigkeit angefunkt
hatte. Zumindest einen Approach wollte ich noch antesten, bevor der
Abend noch ganz ohne Striche auf irgendwelchen Listen zu ende gehen
würde. Nachdem der Trust-Test mit der Jacke neulich schon so gut
gezündet hatte dachte ich mir ich könnte es mit einer noch
simpleren Vorlage für die Mädels schaffen das Eis zu brechen. Ich
ging also zur Bar, beugte mich zwischen die beiden Mädels und stelle
mein leeres Bier zwischen ihnen an die Bar. Kurzer EC mit der blonden
der beiden. „Thank you!“ sagte sie und grinste mich an. „You're
welcome“ antwortete ich und ging erst mal pissen.
Als ich von den
Toiletten zurück kam war das Eis, wie schon bei der Jacken-Nummer,
gebrochen und die Blonde laberte mich als ich vorbei ging direkt
wieder an. Es war ein wirklich nettes Gespräch, da wir einen
erstaunlich ähnlichen Musikgeschmack feststellten und uns auch sonst
gut verstanden, aber ich fand sie leider so überhaupt gar nicht
sexy. Und so beendeten wir das Gespräch nach einer halben Stunde
auch genauso nett wie wir es begonnen hatten. Ich trank noch ein
Gute-Nacht-Bier und machte mich auf den Weg nach hause.
Ein für mich
unspannender und überflüssiger Freitag. Zumal ich nicht ordentlich
genug weggegangen war um zu gamen aber zu lange um am nächsten Tag
fit genug zu sein um nochmal weg zu gehen. Ausserdem hatte der Abend
die Sinn-Krise von Wing2 nur weiter verstärkt. Alles in allem also
wirklich Quatsch. Vielleicht schaffe ich es ja mir diese
Freitags-Nach-Der-Arbeit Pseudo-Games mal zu ersparen.
Gestern zogen
Wing1 und Wing2 beide getrennt voneinander ohne mich los. Doppelt
deprimierend. Beide konnten heute leider von keinen wirklichen
Erfolgen berichten. Wing2 nannte es seine „Abschiedstournee“.
Sein verkatertes Resümee scheint zu sein, dass Clubgame für ihn
nicht mehr so richtig Sinn macht. Wir werden sehen, ob er das
wirklich so beibehält. Ich fänd's schade. Aber zu einem
ordentlichen Kater gehört ja auch mindestens ein dramatischer
Nie-Wieder-Schwur.
Nächstes
Wochenende muss ich zu allem Überfluss auch noch Samstags arbeiten.
Ich bin gespannt, ob ich es schaffe danach noch eine Runde zu jagen
oder ob das Wochenende damit komplett aus den PickUp
Geschichtsbüchern gestrichen werden muss.
Elia
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