11. November 2012

Schwarzer Freitag, Schwarzer Freitag


SCHWARZER FREITAG 1


Da freut man sich die ganze Woche schon auf das Wochenende und jetzt sitze ich Samstag Morgens in meiner Küche und habe weder einen Kater, noch Sex auf dem Küchentisch, noch bin ich besoffen und gerade erst nach hause gekommen. Und das schon das zweite Wochenende in Folge.
Was ist da schief gelaufen?

Ganz einfach, der Freitag. Der ist schief gelaufen. Zum zweiten mal sind wir Freitag „Nur kurz auf ein Bier“ nach der Arbeit weggegangen (was dann bis 6Uhr Morgens ging) und beide Male endete der Freitag nicht nur ungeplant an der Bar sondern auch für irgendjemanden in einem Stimmungs-Desaster. Aber alles schön der Reihe nach.

Beginnen wir also letzte Woche. Wing1 musste das Wochenende durcharbeiten und so bestand das Rudel also nur noch aus Wing2 und mir. Was soll's – mehr Schäfchen für die übrigen Zwei! Wir verabredeten uns bei mir und arbeiteten uns, während wir The Pickup Artist Season1 glotzten, durch meine Whisky-Sammlung. Die Stimmung war ausgesprochen gut ausser dass Wing2, wie immer nach der Arbeit, erstmal mit einigen Infusionen Espresso direkt ins Herz zurück ins echte Leben gebombt werden musste. Dort angekommen waren wir aber guter Dinge und schon am Dümmster-Opener-des-Abends-suchen. Vor dem Aufbruch gab es noch eine Runde Ozzie (...and now: you close!) von der Real Social Dynamics DVD (Transformation) und so vollgepumpt mit PickUp-Theorie und Motivation fuhren wir zur Startrampe (bzw. Stammbar) um unsere Rakete zu besteigen.

Wir betraten die Stammbar auf einem absoluten Energy-High. „Die Welt gehört mir und das hier ist mein Wohnzimmer“ spielte eine Punkband unaufhörlich in meinem Kopf. Ich war extrem gut drauf. Wir alberten rum und durchwühlten die anwesende bier-grasende Schafherde nach schmackhaften, jungen Opfer-Lämmern. Schnell waren nacheinander drei mögliche Targets ausgemacht. Ein 2er-Set hatte uns beim Reinkommen schon angefunkt und direkt am Eingang stand noch ein kleines, blondes HB6 mit Freundin und Kumpel und funkte auf unserer Frequenz. Beide eigentlich in greifbarer Entfernung, in ihren Sets sichtbar gelangweilt und bereits an den entscheidenden Stellen rasiert und mit kleinen roten Kreuzen markiert, damit auch wirklich kein Wolf daneben beissen kann. Und selbst hinter dem DJ-Pult stand ein HB6 im engen Minikleid.

Aber entweder waren wir uns zu sicher, dass uns die Mädels schon nicht davon laufen würden oder wir wollten noch ein wenig die Stimmung geniessen bevor wir uns der „Arbeit“ widmeten, jedenfalls missachteten wir schändlich die Möglichkeiten der ersten Minuten und das sollte uns teuer zu stehen kommen. Zumindest meine Wenigkeit hatte jedenfalls nicht mit dem einzigen Schaf der Welt gerechnet, das regelmässig und auf blutigste Art Wölfe zur Strecke bringt. Die böse, gefräßige Oneitis. In meinem Fall in Form von L, die plötzlich und wie aus dem Nichts direkt neben mir stand. Ich drehte mich gerade lachend zur Seite, weil ich dort nichtsahnend einen alten Bekannten vermutete, doch der war nicht mehr da, und an seiner Stelle stand dort L und starrte ins Nichts. Ich konnte förmlich fühlen, wie mir mein Lachen aus dem Gesicht rutschte und schwer und dumpf vor mir auf dem Boden aufschlug. Mein Blutkreislauf beschloss umgehend meinen Kopf ab jetzt zu umfahren und so wurde ich nicht nur leichenblass sondern mein Hirn fuhr augenblicklich alle nicht lebenserhaltenden Systeme herunter. Ich wurde langsam kalt uns starr. Da stand sie nun, das kleine, pechschwarze Killerschaf in Mitten dieser gerade noch so saftigen und verlockenden Herde. Und es hatte sich direkt neben mir geparkt und mich damit vom Wolf zum Dackelwelpen werden lassen. Klein, zittrig und mit Schlappohren stand ich jetzt neben L und vor meinem Wing und konnte die sich anbahnende Paralyse langsam spüren.

Die Minuten vergingen wie Stunden und ich blickte immer wieder abwechselnd hilflos von L zu meinem Wing und zurück. Dieser versuchte noch mich abzulenken und mit mir zu reden doch in meinem blutleeren Hirn kam nur ein dumpfes Waaaaab,waaaaab, waaaab an als wäre ich Charlie Brown und er meine Lehrerin. Ich versuchte es mit Weggehen doch der Abstand half nichts. L stand da neben meinem Wing als wären sie die einzigen zwei Personen im Raum. Nach gefühlten zwei Monaten ging L und platzierte sich in die andere Ecke der Bar. Ich konnte zu meinem Wing zurück der mich mitleidsvoll und schockiert ansah, wie den einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes, der sich gerade aus den brennenden Trümmern schleppt.

„Ich kann meine Arme nicht mehr spüren“ flüsterte ich ihm ins Ohr „Und meine Knie geben auch langsam nach“. „Alter was war das denn? Du hast mir gar nicht mehr geantwortet“ sagte er immer noch geschockt. „Geantwortet? Ich hab dich nicht mehr gehört, Mann !“ gab ich zurück.

Nach weiteren Minuten des Rumstehens, Arme-Ausschüttelns und anderer Versuche der Reanimation meiner Körperteile fasste sich mein Wing ein Herz. „Ey das macht jetzt keinen Sinn mehr. Los weg hier. Lass uns woanders hingehen“. Ich folgte willenlos und brav wie ein verprügelter Hund. Wir wechselten die Bar und ich bestellte einen furchtbar ekelhaften, aber günstigen, doppelten Bourbon um den erlebten Horror runter zu spülen. Wir redeten eine gute Stunde über Frauen, PickUp, Leben und Schockzustände bis ich mich wieder sortiert hatte. Wir verliessen die Bar und mein Wing wollte in einen Club. Fragt mich nicht warum, aber ich wollte zurück in die Stammbar. Es fühlte sich an als manifestierte sich heute Nacht in L all meine Paranoia und Angst im Umgang mit Frauen. Ich musste mich zumindest dazu zwingen mich in ihrer Gegenwart wieder zu entspannen.

Zurück in der Stammbar winkte mir vom anderen Ende des Tresens gleich mal eine Bekannte zu, die mit ihrer kleinen Schwester in der Bar war. Die Schwester stürmte quer durch die Bar auf mich zu und umarmte mich. Mit einem Auge suchte ich L und erwischte sie dabei, wie sie zu uns herüber sah. Ich stellte die kleine Schwester meinem Wing vor und unterhielt mich eine ganze Weile lang angeregt mit ihr. Dabei trafen sich immer wieder Ls und meine Blicke. Bildete ich mir das ein, oder hatte ich Ls Aufmerksamkeit? Wing2 verabschiedete sich nach ca. einer halben Stunde. Er wirkte immer noch etwas verwirrt und mitgenommen. Hatte mein Absturz ihn längerfristiger getroffen als mich? Ich hatte das Bedürfnis ihn zum Abschied zu drücken. Es fühlte sich an, als hätte er mich aus besagter brennender Maschine gezogen und sich dabei selbst einige schlimme Blessuren zugezogen.

Nachdem Wing2 gegangen war verstritt ich mich erstmal ausführlich mit meiner Bekannten (nichts wirklich neues mit ihr – wir zelebrieren sowas von Zeit zu Zeit) so dass sie sich an der Bar und ich mich am anderen Ende des Raumes aufhielten, bis auch sie und ihre Schwester sich verabschiedeten. Ich unterhielt mich noch eine Weile mit einem Bekannten am Ausgang, bis wir uns auf ein Bierchen vor die Bar setzten. Nach der Hälfte unserer Biere tauchte L in der Tür auf, und fragte, ob sie sich neben mich setzen dürfe. Ich war ziemlich perplex, aber auch inzwischen betrunken genug um mit meinem Mund das Wunder der menschlichen Sprache zu demonstrieren: „Du darfst alles L, das weißt du doch“.
Sie erzählte uns von ein paar Typen, die sie in der Bar ständig anstarrten und dass sie da jetzt mal flüchten musste. „Und dass du nicht gerne angestarrt wirst, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen“ verkündete mein Mund ohne dass ich ihm die Erlaubnis dazu gegeben hatte. Was Alkohol bei mir doch für einen extremen Unterschied macht. Das ist wirklich verblüffend und schockierend.

L ging irgendwann doch wieder in die Bar und ich kam einige Minuten später nach. Ich bestellte mir noch einen Whisky und wurde direkt von einem blonden HB6 angegrinst. Ich grinste zurück (Ja. Ich! Tatsache. Mein Alkoholpegel regelt irgendwann wirklich alle meine Probleme) und sie musste beinahe schon lachen. Ich ging zu ihr und öffnete mit „Was war das denn jetzt gerade?“. Wir kamen sofort ins Gespräch. Sie war vor kurzem erst nach Berlin gezogen und Schauspielerin. Wir verstanden uns prächtig und alberten sofort sehr vertraut herum. Sie erzählte, sie wohne ganz in meiner Nähe und ich solle doch mal in die ….Bar kommen, da sei sie sehr oft. Wir beschmissen uns abwechselnd mit IOIs. Nach einer viertel Stunde hatte sich der Abstand zwischen uns bereits unter die Normalgrenze gesenkt und ich war drauf und dran voll aufs Kino-Pedal zu drücken als plötzlich ein Kerl, der anscheinend schon lange keine Schere und keinen Rasierer mehr gesehen hatte, neben uns auftauchte, sich bei mir entschuldigte und sie sehr eindringlich aufforderte dass sie sich jetzt mal sofort mit ihm draussen unterhalten solle. Sie folgte und lächelte mir im Gehen nochmal zu. Hupsi, da war ich wohl der dumme Eifersuchts-Clown für irgendeine Beziehungskrise geworden. Egal, mein Scheiss-Drauf-Pegel war erreicht und so bestellte ich mir noch ein Bier und stellte mich neben das DJ-Pult. Die hübsche DJane war gerade am Platten zusammen packen.

I: „Hey, den einen Song von …. ganz am Anfang, den hättest du ausspielen sollen!“

S: „Ja, danke! Ich find den auch super, aber die Leute sind nicht drauf abgegangen.“

I: „Ach scheiss auf die Leute! Manchmal muss man die eben musikalisch erziehen. Ich hab früher auch ne Zeit lang aufgelegt, das hat ja manchmal auch viel mit Erziehung und Manipulation zu tun...“

Blablablablabla Wir quatschten noch eine Weile und plötzlich streckte sie mir ihre Visitenkarte entgegen. Oh Mann! Visitenkarten-Close! Das sollte doch eigentlich NIE WIEDER passieren. Aber diesmal war es ja nicht ich. Also tauschte man brav die Kärtchen und ich half ihr noch ihre Plattenkoffer nach draussen zu tragen und winkte ihr ein Taxi ran.

Wieder in der Bar konnte ich L noch einmal beim vorsichtigen EC ertappen und beschloss, dass wir hiermit irgendwie „quitt“ waren und ich jetzt den Nachhauseweg antreten würde.

Am nächsten Tag erzählte Wing2 mir, dass ihn mein Absturz in eine mittlere Krise gestürzt hatte und er seit dem ständig am Grübeln sei, wo er mit PickUp eigentlich hin wolle bzw was er eigentlich für eine Frau/Beziehung sucht bzw ob PickUp/Clubgame für ihn überhaupt eine Lösung sei. Meine Bekannte meldete sich auch noch ein paar Tage später und als wir uns wieder versöhnt hatten erzählt sie mir, dass ihr an dem Abend ein Mädel aufgefallen sei, dass öfter zu mir rüber gesehen hätte. Gemeint war L.


Alles in allem ein interessanter Abend. Zu merken wäre für mich erstens, dass ein hoher Energy-Level auch sofort in Approaches umgesetzt werden sollte. Und zweitens dass am Wochenende für mich jetzt Theorie-Verbot gilt. So vollgestopft mit PickUp kann man ja gar nicht entspannt gamen.
Leider auch immer noch kein Lay oder KissClose, was langsam anfängt mich zu nerven. Das Durcheskalieren bzw überhaupt Eskalieren stellt für mich immer noch den größten sticking point dar.

Der DJane habe ich zwei Tage später ne Mail geschrieben. Ob es denn nen Newsletter gäbe, wo man mitbekommt wo sie so auflegt, da ich für Facebook zu alt sei usw... Sie schrieb am nächsten Tag zurück dass sie an einem Blog arbeite und mir den Link schicken würde, sobald dieser fertig sei. Ich habe nicht weiter geantwortet. Wie bei der Autorin (die sich inzwischen doch noch auf meine Mail hin gemeldet hat) habe ich auch hier Hemmungen das ganze in ein Geschreibsel ausarten zu lassen und warte lieber, ob man sich nochmal trifft. Ob das richtig ist bin ich mir nicht sicher.

Den Samstag darauf war ich zu platt um noch in den Club zu gehen und so verging erst mal eine anstrengende Arbeitswoche.


SCHWARZER FREITAG 2

Dieses Wochenende wiederholte ich den Freitags-Fehler gleich noch einmal. Applaus für mich !

Nach der Arbeit traf ich mich mit Wing2 zum traditionellen Pizza-Essen. Danach waren wir schon am Zögern, ob man nicht doch jetzt nach hause gehen sollte, um den Samstag ordentlich fit nutzen zu können. Natürlich ging man aber dann doch noch „auf EIN Bier“ in den Touri-Laden. Dort gab's zwar einige Sets aber alle sitzend und einfach nicht approachbar. Reichlich EC zum Bier hob unsere Stimmung noch ein wenig und so ging's danach natürlich noch „auf EIN LETZTES Bier“ in die nächste Bar. Dort war es extrem voll und wir stellten uns natürlich unbewusst direkt vor die aller heftigste Ü-30-Single-Frauen-Präsentationreihe direkt an der Bar. Das Nachtleben kann ja auch wirklich ziemlich traurig aussehen, wenn man es mal genau betrachtet.

Die Bar zog uns beide eher runter. Also ab in die nächste. Dort gab es einige Sets. Wing2 hatte sich auf ein Blondes HB6 mit Löwenmähne fixiert die aussah wie Farrah Fawcett in Drei Engel Für Charlie. Leider brachte er den Move nicht bzw sie stand immer entweder zwischen Typen oder in einer großen Traube Mädels. Davon noch mehr runtergezogen kam Wing2 dann richtig schlecht drauf. Nach einem kleinen Missverständnis mit meinereiner beschloss Wing2 schließlich, dass es für ihn heute nichts mehr zu holen gibt und ging nach hause.

So stand ich also gegen 2Uhr schon alleine in der Bar. Ich orderte noch ein Bier und trank es ziemlich schnell im Eingang. Für mich waren eigentlich keine interessanten Targets anwesend aber es gab ein 2er-Set an der Bar, das schon beim Reinkommen Wing2 und meine Wenigkeit angefunkt hatte. Zumindest einen Approach wollte ich noch antesten, bevor der Abend noch ganz ohne Striche auf irgendwelchen Listen zu ende gehen würde. Nachdem der Trust-Test mit der Jacke neulich schon so gut gezündet hatte dachte ich mir ich könnte es mit einer noch simpleren Vorlage für die Mädels schaffen das Eis zu brechen. Ich ging also zur Bar, beugte mich zwischen die beiden Mädels und stelle mein leeres Bier zwischen ihnen an die Bar. Kurzer EC mit der blonden der beiden. „Thank you!“ sagte sie und grinste mich an. „You're welcome“ antwortete ich und ging erst mal pissen.

Als ich von den Toiletten zurück kam war das Eis, wie schon bei der Jacken-Nummer, gebrochen und die Blonde laberte mich als ich vorbei ging direkt wieder an. Es war ein wirklich nettes Gespräch, da wir einen erstaunlich ähnlichen Musikgeschmack feststellten und uns auch sonst gut verstanden, aber ich fand sie leider so überhaupt gar nicht sexy. Und so beendeten wir das Gespräch nach einer halben Stunde auch genauso nett wie wir es begonnen hatten. Ich trank noch ein Gute-Nacht-Bier und machte mich auf den Weg nach hause.

Ein für mich unspannender und überflüssiger Freitag. Zumal ich nicht ordentlich genug weggegangen war um zu gamen aber zu lange um am nächsten Tag fit genug zu sein um nochmal weg zu gehen. Ausserdem hatte der Abend die Sinn-Krise von Wing2 nur weiter verstärkt. Alles in allem also wirklich Quatsch. Vielleicht schaffe ich es ja mir diese Freitags-Nach-Der-Arbeit Pseudo-Games mal zu ersparen.



Gestern zogen Wing1 und Wing2 beide getrennt voneinander ohne mich los. Doppelt deprimierend. Beide konnten heute leider von keinen wirklichen Erfolgen berichten. Wing2 nannte es seine „Abschiedstournee“. Sein verkatertes Resümee scheint zu sein, dass Clubgame für ihn nicht mehr so richtig Sinn macht. Wir werden sehen, ob er das wirklich so beibehält. Ich fänd's schade. Aber zu einem ordentlichen Kater gehört ja auch mindestens ein dramatischer Nie-Wieder-Schwur.

Nächstes Wochenende muss ich zu allem Überfluss auch noch Samstags arbeiten. Ich bin gespannt, ob ich es schaffe danach noch eine Runde zu jagen oder ob das Wochenende damit komplett aus den PickUp Geschichtsbüchern gestrichen werden muss.

Elia

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