9. Juni 2013

Vom Schnaps und von der Liebe

Über die Angst vor dem Kontrollverlust und die Schönheit des Rückwärts-Fallenlassens



'Betrunken vor Liebe' sagt man manchmal und so kann es sich auch anfühlen. Die Liebe und der Alkohol haben einiges gemeinsam. Beide bringen uns in einen Rauschzustand. Einen Zustand in dem wir anders agieren als wir es sonst tun. Man verliert die Kontrolle über sich selbst und in beiden Fällen endet es oft mit Schmerzen. Der rationale Menschenverstand müsste einem eigentlich dringend von beidem abraten. Und trotzdem bringen wir uns immer wieder in diesen fast hilflosen Zustand des Kontrollverlusts. Warum tun wir das? Ist es Sadismus? Ist es eine Form der Todessehnsucht? Eros und Thanatos? Oder ist es einfach nur der schlummernde Wille zur Revolution gegen unseren grauen, strukturierten Alltag in dem wir alles fein unter Kontrolle haben?



Love hurts

Die meisten von uns haben schon einige Male in ihrem Leben wirklich lieben dürfen. Die Psychologie erklärt uns, dass wir wie der Drogensüchtige den ersten High auch in der Liebe unterbewusst immer wieder versuchen den Kick des ersten großen Rauschs wiederherzustellen. Doch genau wie uns das Hochgefühl der großen Liebe immer wieder auf die Suche nach ihr treibt, hinterlässt auch jede Trennung ihre emotionalen Narben, die uns erschrecken und daran erinnern, welches Risiko jede Liebe für uns birgt. Und je größer die Liebe, je weiter wir uns eingelassen und geöffnet hatten desto tiefer sind oft hinterher die Narben.

Doch was suchen wir eigentlich? Die einzig wahre, endlose Liebe? Die eine Liebe, die so perfekt ist, dass sie kein schlechtes, furchtbar trauriges Ende nimmt? Und wie sollte das dann aussehen? Nehmen wir an, wir fänden den einen Menschen mit dem wir ein Leben lang glücklich und zufrieden sein könnten. Wie würde das enden, wenn es nicht mit Trennung, Scheidung, Betrug oder Streit endet? Ganz einfach, es würde natürlich mit dem Tod enden. Bis dass der Tod euch scheidet. Eben. Und wie wäre das, wenn nach der perfekten Hollywood-Liebe einer von beiden dann alleine zurückbleibt und jeden Abend in dem Haus am Strand mit dem großen Wintergarten am offenen Kamin sitzt und sich vor den vielen Fotoalben mit einer Flasche Whisky in den Schlaf weint? Das wäre beschissen und traurig. Und es wäre wieder kein gutes Ende. Denn das gute Ende gibt es nicht. Unser Leben endet mit dem Tod und alles Schöne darin endet damit das es endet. Und so gesehen enden alle Beziehungen gleich. Sie enden traurig. Und je schöner sie waren desto trauriger enden sie. Aber hören wir deswegen auf Beziehungen zu führen und bleiben lieber allein? Natürlich nicht. Denn nach der gleichen Logik hätten wir nie geboren werden sollen. Das Leben existiert damit wir es genießen und nach Schönem streben und es endet mit dem Tod. So ist es auch mit der Liebe. Wir suchen sie immer wieder weil es das aufregendste ist, was wir emotional erfahren können und wir wissen trotzdem immer, dass es kein gutes Ende nehmen wird. Die große Kunst besteht darin, diese Tatsache, gegen jede Logik und Vernunft, zu ignorieren. Jedes Mal wieder so zu lieben als wäre es für die Ewigkeit und wenn es soweit ist, selbst das Ende mit all seinen emotionalen Eindrücken in sich aufzusaugen. Wenn wir uns streiten, schreien, weinen, schubsen, fauchen, kratzen, kämpfen und gar furchtbar trennen so ist das nicht mehr und nicht weniger als dass wir uns sagen wie sehr wir uns geliebt haben und wie wasserfest wir uns gegenseitig unsere Namen an die Wände unserer Leben geschrieben haben.

Viele haben aber genau damit ein Problem. Mit dem Annehmen des Verlusts als Teil des Ganzen. Mit der Hilflosigkeit die, meist beide, verspüren wenn wir merken, dass wir die Liebe nicht mehr retten können. Sie ziehen sich von Mal zu Mal weiter in sich zurück, werden ängstlicher, panischer und reagieren irgendwann schon auf das ersten Anzeichen einer sich anbahnenden Verliebtheit mit der Angst vor deren Ende. Sie wählen die Einsamkeit aus Angst vor Trennungen. Als würde man den Tod wählen aus der Angst am Ende des Lebens zu sterben.



Pick Up, Kontrollwahn und die 'Schlange Frau'

Bei vielen Menschen, und innerhalb der Pick Up Szene natürlich bei besonders vielen Männern, beginnt diese Angst aber auch schon viel früher. Sie bezieht sich nicht nur auf den vermeintlichen Kontrollverlust im Scheitern einer Liebe, sie bezieht sich schon auf die Abgabe von Kontrolle die jeder beginnenden Verliebtheit, jedem aufkeimenden emotionalen Interesse, innewohnt. Verliebt zu sein, einen Menschen zu begehren, oder auch nur Interesse an jemandem zu haben, bedeutet ganz automatisch einen Verlust an Macht. Macht über die eigenen Emotionen, Macht über das eigene Denken und Handeln. Man gibt Macht an diese Person ab und ist bis zu einem gewissen Grad dem ausgeliefert, wie diese Person mit der Verantwortung, die dieser Macht innewohnt, umgeht. Macht und Kontrolle spielen im Denken von allen Menschen, aber im Denken von Männern speziell, eine besondere Rolle. Sie sind, speziell bei jungen, unsicheren Männern, eng verknüpft mit deren Selbstwert und Selbstbewusstsein. Ihr Gewinn ist Bestätigung, ihr Verlust bedeutet mindestens Gefahr. Wird nun wiederholt ein solcher Mann in die Situation gebracht, dass seine Liebe nicht erwidert wird, so empfindet er das als Missbrauch dieser Macht und sich selbst irgendwann als Ohnmächtig gegenüber Frauen für die er Gefühle hat.

Pick Up ist, wenn man es reduziert betrachtet, eine Erfindung von und für unsichere Männer. Das 'klassische' Pick Up á la Mystery versucht ständig das Selbstbewusstsein des Mannes vor solchen Rückschlägen zu schützen. Kontrolle soll scheinbar zurückgewonnen, oder zumindest nicht mehr abgegeben werden. Die Frau darf alles, aber bloß erstmal nicht wissen, dass man sie interessant findet. Das gäbe ihr Macht. Der offene Korb, die Zurückweisung, muss mit allen Mitteln umgangen werden, denn er würde für beide Seiten endgültig offenlegen, wer die Macht der Entscheidung hatte. So klingt Mysterys magischer 'Kiss Gambit' schon von vorneherein nach einem, in seinem Ego getroffenen, beleidigten, kleinen Jungen: „Do you want to kiss me? - No! - That doesn't mean i would let you. It is just, you looked like you had something in mind.

Schon der grundsätzliche Ansatz des 'Verführens' einer Frau gaukelt eine Kontrolle über ein angeblich wehrloses, passives Weibchen vor und ignoriert komplett, dass Menschen sich immer gegenseitig verführen und dass, im Normalfall ,nur 'verführt' werden kann, wer bewusst oder unbewusst sowieso schon Interesse hatte. Im Extremfall geht das dann sogar soweit, dass die Frau als 'Gegner' der Verführung wahrgenommen wird, der versucht mit Spielchen und Tests den Verführer als uninteressant zu entlarven, um ihm endlich einen Korb geben zu können. Als hätten Frauen dadurch irgendwas gewonnen und als wäre ihr Ziel immer der Korb und nicht der Typ. Das Bild der ständig shit-testenden, manipulativen und kontrollsüchtigen Gegnerin lässt weder einen entspannten Flirt noch eine gesunde Beziehung zu. Wir können nur mit einer Frau flirten, niemals gegen sie. Und wir können eine glückliche Beziehung auch nur mit einer Frau führen und nicht gegen sie. Dennoch ist die Angst vor dem Kontrollverlust bei Männern so alt wie das verzerrte, frauenfeindliche Bild der 'Schlange Frau', die uns in die falsche Richtung führen will um uns zu manipulieren, zu kontrollieren und zu schaden. Die Entstehung dieses Bildes ist so logisch wie es selbst falsch ist, denn gerade in der Liebe und der Verführung, also gerade gegenüber Frauen, spürt das auf Kontrolle bedachte männliche Ego besonders stark und unausweichlich den eigenen Kontrollverlust und damit die eigene Schwäche. Dies auszuhalten erfordert Stärke. Dies zu genießen erfordert einen Hang zum Rausch und Liebe zum Chaos.



Helme, Rüstungen und Sicherheitsgurte – Vom Fuck Buddy zur NLP-Beziehung

Dennoch lässt sich mit einem derartig angstbesetzten, paranoiden, feindseligen Frauenbild etwas anfangen. Nur nicht für den armen Kerl, der damit herumläuft. Aber wenn ein Mann erst einmal das Gefühl hat, Frauen würden ihm ständig Tests und Fallen stellen und jede Verführung wäre eher ein hochstrategisches Gefecht, als ein rauschhafter Tanz, dann benötigt er natürlich vor allem eines: Ein riesiges Arsenal an Waffen. Denn offensichtlich muss die Frau ja erst einmal besiegt, kontrolliert, willenlos gemacht und manipuliert werden, damit man Sex mit ihr haben kann. Vorher scheint so etwas ja gänzlich unmöglich, der Gedanke geradezu verrückt. Also muss er komplizierte und aufwändige Techniken erlernen um schließlich, am Schluss seiner langjährigen Ausbildung, ein Meister zu werden und das zu bekommen, was jeder picklige, grobe Dorfbursche mit 15 im Heuschober täglich geschenkt bekommt. Sex.

Die armen Opfer solcher Feldzüge gegen die Schlange Frau findet man dann irgendwann in allseits bekannten Pick Up Foren, vollgestopft mit Wissen über NLP, Körpersprache, Manipulation, Anker und Hypnose und mit dem festen Glauben, dass niemand auf der Welt jemals ohne NLP-Studium einen wegstecken durfte. Und wenn dann war er ein Arschloch (was man ja aber auch werden soll) oder die Frau eben dumm (eine Frau eben) und unwissend, dass sie nur mit NLP-Lehrlingen und frisch gewordenen Alphas zu schlafen hat, aber auch schlau (eine Schlange eben) da sie es wahrscheinlich nur getan hat um all die fleißigen, zukünftigen Hypnotiseure zu ärgern und zu demotivieren. Aber zum Glück kommt jetzt ja die große Rache und endlich kann die Frau durch Hypnose, versteckte Botschaften und komplizierte Fingertechniken beim Auf-sich-selber-Zeigen soweit unter Kontrolle gebracht werden bis sie, ohne es zu merken, in einem Bett und später in einer Beziehung sitzt. Dass die Angebetete in einer solchen Beziehung natürlich konstant weitermanipuliert werden muss, ist ja klar. Denn bei klarem Verstand würde sie ja sofort bemerken, dass sie mit einem vollkommen nerdigen, ängstlichen aber extrem manipulativen Internet-Troll zusammen ist. Was für ein liebliches Selbstbild. Aber soweit wird es wohl in den allerwenigsten Fällen jemals gekommen sein.

Hat der brave Pick Up Artist dann aber endlich die Hälfte seiner Ersparnisse in NLP-Seminare gesteckt und ist immer noch ungebumst, muss natürlich noch alles andere in und um ihn herum unter Kontrolle gebracht werden. Bei manchen Jungs ist irgendwann ein regelrechter Zwang zum Zwang zu beobachten. Ist schließlich auch noch der Body Fat Index, die Kalorienaufnahme, die Wadenmuskulatur, der Zigaretten- , Drogen- und Porno-Konsum und der Krawattenknoten unter Kontrolle, wird zu guter Letzt noch erfolgreich die Masturbation eingestellt um sich anschließend einzureden man hätte damit ein besseres Erinnerungs-, Konzentrations-, Seh- oder sonst ein Vermögen. Dass für den guten, alten Schnaps in solch einer Weltsicht kein Platz ist, versteht sich von selbst. Und so wird natürlich auch der Alkohol und seine Wirkung abgelehnt, da man ja abends im Club sich nicht gehen lassen, sondern voll da sein will um erfolgreich und konzentriert zu arbeiten und seine 'Lernerfolge' besser analysieren zu können, während 200 Leute um einen herum abdrehen, ausflippen und ihr Leben genießen. Und wenn es dann immer noch nicht klappt mit dem Ficken, dann erklärt auf RTL2 und vor jeder beschissenen anderen Kamera ja zum Glück ein selbsternannter Dating-Gott seiner frustgeladenen männlichen Fangemeinde wer sie in diese missliche Lage gebracht hat und damit an allem Schuld ist. Richtig! Der Feminismus natürlich. An einem selber kann's ja nicht liegen, man hat ja schließlich alles nach Gebrauchsanweisung aufgebaut.

Die Frage drängt sich einem aber trotzdem irgendwann auf, wo man eigentlich falsch abgebogen ist, wenn man loszog um Sex und Spaß zu haben und am Ende entweder alle Voraussetzungen für eine Wahl zum Papst erfüllt, oder einen heiligen Krieg gegen alle Frauen der Welt führt.

Noch schlimmer, als der Kontrollverlust beim Kennenlernen oder Verlieben, kann der emotionale Kontrollverlust sein, wenn man sich tatsächlich auf eine Beziehung einlassen würde. Wenn man nicht nur seine Persönlichkeit sondern seine Zeit, sein Vertrauen und seine geheimsten Ängste und Wünsche mit jemandem teilen würde. Hier gibt es für einen emotional gesunden Menschen nun wirklich gar keine Illusion mehr, dies irgendwie 'durchzustehen', ohne extrem verwundbar zu werden und Kontrolle abzugeben. Neben den 'frustrierten Jungfrauen' findet sich in der Pick Up Szene eine ganze Armee von Menschen, die in ihrer Vergangenheit zu oft oder zu tief verletzt wurden. Die Angst, sich diesem Risiko noch einmal auszusetzen, hat etwas in ihnen verschlossen und es ist ein logischer Reflex zurückzuschrecken, wenn man diese Gefahr in Form einer Beziehung wieder auf sich zukommen sieht. So bleibt einem natürlich nur jedes mal panisch 'NEXT' zu plärren, wenn man das Gefühl bekommt, man wäre zu weit emotional an dem Gegenüber interessiert, oder sich gleich von vorneherein einzureden, dass es einem ja nur um Sex geht, und beide Seiten völlig entspannt, frei und ohne jedes emotionale Interesse am anderen, nur Spaß haben wollen. Besonders gut funktioniert das natürlich in Kombination. Man lässt sich also am Ende sowieso nur auf Menschen ein, die einen eigentlich überhaupt nicht tiefer interessieren, oder besser gesagt, emotional berühren und alle anderen werden lieber ausgelassen.

Um das klarzustellen: Dies ist kein Statement gegen offene Fickbeziehungen, oder wie auch immer Mann oder Frau das für sich benennt, aber die Häufigkeit mit der in diversen Foren solche Arrangement als Nonplusultra gepredigt und gleichzeitig zur Flucht geraten wird, sobald jemand beginnt auch nur ansatzweise die Kontrolle über sein Handeln und Fühlen, aufgrund von Schmetterlingen im Magen-Darm-Trakt, Seifenblasen im Hirn und einem der schönsten Hormoncocktails der Welt zu verlieren, ist durchaus auffällig.



Vom Loslassen, Fallenlassen und den schönen Sekunden vor dem Aufprall

Wenn ich bisher überhaupt etwas durch Pick Up gelernt habe, dann dass es kein Rezept gibt, um die Frau deiner Träume zu finden. Aber es gibt hunderte um dies zu verhindern. Das erste, einfachste und gefährlichste ist die Angst. Wer Angst hat eine Frau anzusprechen, wird sie niemals kennenlernen. Wer Angst hat sich mit ihr zu unterhalten, weil er denkt er könnte dabei etwas falsch machen, oder gegen sie und ihre gemeinen Tests verlieren, wird niemals ein gutes Gespräch mit einer Frau führen. Wer Angst hat, der Frau offen und ehrlich zu zeigen, wer er wirklich ist und was er wirklich will, wird niemals das bekommen, was er sucht, und wenn, dann nicht dafür wer er ist, sondern nur dafür, wer er vorgibt zu sein. Wer Angst hat die Kontrolle über sich oder seine Gefühle zu verlieren oder Angst hat sein Gesicht nicht zu wahren, weil er mehr Interesse, mehr 'Invest' zeigt als das Gegenüber, wird niemals eine wirkliche Liebesbeziehung erleben.

Angst lässt sich nicht für immer besiegen, Angst muss jedes Mal aufs neue überwunden werden. Und das erfordert Mut. Jedes Mal wieder. Es ist eine grausame Konfrontation mit uns selbst, wenn wir Interesse an anderen Menschen zeigen und riskieren, von ihnen zurückgewiesen zu werden. Es ist verständlich, wenn Menschen Wege suchen, um dies zu umgehen, um sich dieser Gefahr, diesem Konflikt nicht auszusetzen. Aber es gibt keine Waffen und es gibt keine Helme. Wenn du einen Menschen suchst, der mit dir zusammen sein will, und zwar weil er dich will und nicht weil du ihn belügst oder manipulierst, führt kein Weg daran vorbei zu zeigen wer du bist und dich verletzlich zu machen.

Mark Manson sagt, der Korb ist dein Freund. Er zeigt dir woran du bist. Er zeigt deinem verliebten oder verblendeten Hirn, dass es wahrscheinlich nicht geklappt hätte, weil irgendetwas offensichtlich nicht stimmt zwischen euch. Also hol ihn dir. Lieber früher als später und verschwende nicht deine Zeit. Das hört sich für ein ängstliches, männliches Ego an, wie der Sprung vom Hochhausdach, und das ist es im Endeffekt auch. Aber Liebe ist nicht Physik und Gefühle, ein weiteres großes Missverständnis im Pick Up, halten sich nicht an Regeln und lassen sich auch nicht steuern. Nur wer diesen Sprung wagt, wird irgendwann fliegen. Wir müssen uns von der Illusion befreien, dass es einen 'sicheren' Weg in und durch eine Beziehung gibt. Wir müssen uns von der Illusion befreien, dass es überhaupt einen 'sicheren' Weg durch unser Leben gibt. Wer Sicherheit sucht, bleibt stehen. Er springt nicht. Er riskiert nicht. Es geht nicht darum, mehr Kontrolle zu erlangen, sondern zu Lernen, sie aufzugeben. Bewusst und ohne Angst. Nur so passieren die großen Geschichten. Ich bin von Natur aus kein Freund der Ekstase, sondern eher ein sehr kontrollierter Mensch und ich bin mir sicher, dass ich damit in der Pick Up Szene nicht alleine bin. Doch genau dieses krampfhafte Festhalten an der eigenen Kontrolle gilt es, was Flirten, Sex, Liebe und aufregende Beziehungen angeht, zu bekämpfen, statt es noch weiter auszubauen. Es geht darum zu lernen, sich mit geschlossenen Augen rückwärts fallen zu lassen. Kontrollverlust ist das Ziel. Alles andere ist Establishment.

Es geht nicht darum, meine Persönlichkeit hinter dem Typen zu verstecken, von dem ich denke, dass Frauen ihn haben wollen. Es geht nicht darum mich hinter Reiseberichten, Sixpack und facebook-Fotos von einem ach so spannenden Leben zu verschanzen weil ich mich selbst eigentlich nicht leiden kann, sondern zu mir, meinen Unsicherheiten und Schwächen zu stehen und mir klar zu machen, dass jede Frau an der Bar die gleichen Schwächen und Problemzonen mit sich rumschleppt und genau wie ich nur auf der Suche nach jemandem ist, der sie trotz oder für diese liebt.

Es geht nicht darum ein 'Arschloch' zu werden, das cool und skrupellos genug ist, um Frauen und sich selbst gleich wenig zu mögen, sondern darum stark genug zu sein, es auszuhalten Frauen spannend, toll und wunderschön zu finden und sich Hals über Kopf in sie zu verlieben so dass man stottert, Unsinn redet und sich zum Affen macht bis man mit wehenden Fahnen gewinnt oder untergeht.

Es geht nicht darum besser zu manipulieren, sondern darum die Manipulation aufgeben. Die Angst vor dem 'Verlieren' aufzugeben, denn es gibt nichts zu 'gewinnen'. Wer einer Frau immer als Gegner gegenübertritt, darf sich nicht wundern, wenn er auch so behandelt wird.

Und vor allem geht es nicht darum einen vermeintlich Schuldigen für unsere Angst oder Einsamkeit zu suchen um so, wenn man schon niemanden lieben darf, wenigstens jemanden hassen zu können.

Es geht darum loszulassen. Aufzuhören, dich zu schützen. Dich fallen zu lassen. Verlieren zu können. 'Beta' sein zu dürfen. Sich die Freiheit zurückzuerobern. Aufzuhören, dich und andere durch ein Raster zu betrachten, dass Menschen als unfertig ansieht und dir das Gefühl gibt in irgendeinem System nicht zu genügen.

Geh raus. Oder bleib zuhause, wenn du keinen Bock darauf hast.

Hör auf, sein zu wollen, wie andere. Und hör auf, dir sagen zu lassen, wie man sein muss. Von keinem Film, von keinem Buch und von keinem Forum. Sei du selbst und dabei ehrlich. Hab Spaß und tu was willst. Iss Schokolade und trink Schnaps. Und von beidem viel zu viel, wenn es dir danach ist. Betrink dich und benimm dich daneben oder geh allein im Wald spazieren, aber sprich sie an.

Sprich sie an, wenn du sie siehst und unterhalte dich nicht erst ne Stunde mit ihrer dicken Freundin. Verguck dich und sei needy bis zum umfallen! Du bist nicht 'hard-to-get', das glaubt dir keine Sau!

Rauch mal wieder eine. Und wehe du gehst dazu auf den Balkon!

Und, um Gottes Willen, hol dir bitte einen runter wenn dir danach ist!

Aber geh dafür vorher nachhause.



Auf die Liebe und die Anarchie! Prost!


Elia