30. Januar 2013

Katzenjammer

Oder: Ab wann ist man eigentlich ein manipulierendes Arschloch?


In den dunklen, grausamen Nächten wenn der fiese, kalte Wind der Einsamkeit die jungen Pick Up Artists in kleinen Gruppen an die wärmenden Lagerfeuer treibt erzählen sich die tapfersten Krieger gar gruselige Geschichten. Viele handeln von boshaften LSE-LD Monstern, unlösbaren Shit-Tests und unüberwindbaren Bitch-Shields. Doch manchmal, wenn es ganz spät in der Nacht ganz still wird am Feuer, dann flüstern sich die kleinen Artists die geheimnisvollsten aller Legenden zu. Die Geschichten, von denen sich niemand zu sagen traut, ob sie wahr oder nur erfunden sind. Die Geschichten über die gefährlichste aller menschenfressenden Katzen. Die PUA-Fressende Pick Up Cat. Der Legende nach treibt sie sich an den dunkelsten Rändern der Foren und Blogs herum um auf ihre Beute zu lauern. Sie wartet im Schutz der Dunkelheit auf die jüngsten, unerfahrensten und unvorsichtigsten Arstists des Rudels. Und wenn diese sich, um miteinander fröhlich im Schmutz zu spielen und zu tollen, vom Schutz der Herde entfernen, schlägt sie blitzschnell und mit tödlicher Präzision zu. Doch bis heute konnte niemand unter den Lebenden von der Begegnung mit dieser Spezies berichten. Bis heute.

Es war Mitte letzter Woche als ich begann mit einer jungen Katze zu schreiben. Es war ein fieser, kalter Tag und ich hatte es mir mit viel Arbeit und wenig Lust vor dem Computer gemütlich gemacht. Für mich war es zunächst eine willkommene Ablenkung von der langweiligen Computerarbeit und so begannen wir prompt eine recht witzige Unterhaltung. Doch aus den frechen Sprüchen entstand schnell ein deutlich flirtender Tonfall. Wir warfen uns, wie man es mit Katzen nunmal so macht, abwechselnd die Wollknäuel zu und kaum hatte ich mich versehen befand ich mich auch schon in einer ziemlich aufgeladenen und bis zum Rand mit sexuellen Anspielungen angefüllten Unterhaltung. „Die Mieze kann in jedem Fall spielen“ dachte ich mir noch und schon waren wir am Chatten. Und das war noch nicht alles. Vehement schnurrend und maunzend verlangte der freche Stubentiger nach mehr Wolle und noch mehr Spiel und so schrieben wir den ganzen Abend hindurch und bis spät in die Nacht.

Ziemlich verwirrt ging ich um Drei oder Vier schließlich ins Bett. Als ich am nächsten Morgen meinen Rechner anschmiss um mich nun endlich meiner Arbeit zu widmen, zuckte ich plötzlich zusammen. Da strich mir doch schon wieder etwas kleines, Haariges schnurrend um die Beine. Und damit war es auch schon aus mit meinem Vorhaben etwas produktives aus dem Tag zu holen. Ich kam nur noch extrem schleppend mit meiner Arbeit voran und schrieb stattdessen den ganzen Tag nebenbei mit meiner neuen getigerten Freundin. Doch nicht nur der Tag war ein anderer auch unsere Unterhaltung hatte einen anderen Vibe. Statt um fiese kleine Zweideutigkeiten, zwischen dem erfolglosesten Autor eines Pick Up Blogs in dieser Galaxie und einer jungen Cat, drehte sich unser Gespräch schnell um uns beide als “echte“ Personen. Was mir für meinen Teil zumindest vollkommen neu war. Bisher hatte ich mein übriges Leben streng von der Person aus dem Dating-Blog getrennt. Sie hingegen ließ sich recht schnell die Information aus dem Fell kraulen, dass ich durchaus nicht der erste meiner Sorte war, den sie auf Grund seiner schriftlichen Ergüsse im Internet angemaunzt hatte und dass sie mindestens einen unserer Artgenossen so auch schon zwischen ihre Samtpfoten bekommen hatte. „Fressen manche Cats doch heimlich PUAs?“ schoss es mir durch den Kopf.

Ich fühlte mich sowohl von diesem Gedanken als auch von ihrer extrem direkten Art gleichzeitig abgestoßen und angezogen. Das Mädel war extrem unterhaltsam und seltsam beunruhigend in einer fast perfekten Mischung. Ich war kurz davor komplett zu vergessen, dass ich eigentlich vor hatte in meinem Leben auch noch ein wenig Karriere zu machen als sie mir prompt das nächste zerbissene Knäuel Wolle zuschmiss. Nur dass mir dieses Wollknäuel ziemlich im Hals stecken blieb. Ihr Alter.
Hustend versuchte ich den kratzigen Klumpen wieder nach oben zu würgen und gleichzeitig darauf klar zu kommen wie blutjung der kleine PUA-Jäger eigentlich war. Als ich mich halbwegs gefangen hatte versicherte ich mich nochmal kurz, dass ich mich auch nicht verhört hatte. Die Cat war ein Kätzchen. Ein Lolita-Kätzchen um genau zu sein. Wie jeder normale Kerl mit einem Funken Rest-Moral im Universum fing ich erstmal an zu rechnen. Die berühmte Rechnung. Und ja. Verdammt. Es war knapp. Aber ja. Rein theoretisch wär's drin gewesen. Rein theoretisch. Hätte ich mit meiner ersten Freundin mit der ich auch Sex hatte ein Kind bekommen... Oh ja, dann wäre es jetzt ganz genau so alt wie das kleine gut gelaunte Fellknäuel mit dem ich hier so heiter am Spielen war. Boom! Autsch. Und wie jeden Typen, der diese Rechnung aufmacht, sah mich die Rechnung grimmig und finster an und zeigte mit einem dicken, fetten, hässlichen Finger mitten in mein Gesicht wie der Typ auf den “I Want You“-Postern der US-Army.

Doch für den Moment war es zu spät für mein Gehirn, um noch klar und rational zu reflektieren. Lolita hatte irgendwas in ihrer Persönlichkeit, dass so dunkel und traurig auf mich wirkte, dass es den Teil in mir magisch anzog, wegen dem ich die letzten 15 Jahre meines Lebens in Atemluft raubenden, blutigen Beziehungen mit mittel bis komplett gestörten Kindfrauen verbracht hatte. Ich war mir schlagartig sicher: Wäre ich diesem Mädchen als Zwanzigjähriger begegnet, hätte sie mich Backbord aufgerissen wie ein böser, kleiner Eisberg und ich wäre krachend und scheppernd mit Mann und Maus gesunken wie die Titanic. Und auch jetzt hörte ich es verdächtig unter der Wasseroberfläche kratzen.

Wie ferngesteuert tippte ich einfach weiter auf sie ein. Meine Ratio schickte noch letzte SOS-Meldungen an die Brücke und ich versuchte mich kurz zu wehren aber am Ende konnte ich nicht anders. Ich gab ihrem Maunzen nach und gegen Abend hing sie schon schnurrend mit meinem “echten“ Ich am Telefon. Wir telefonierten bis nach Drei und ich ging mit einem ziemlich komischen Gefühl in der Magengegend schlafen.

Ich wachte mit einem dicken Klos im Bauch auf. Hatte ich in meinem gestrigen Wahn etwa so viele Katzenhaare geschluckt, dass diese sich jetzt schon zu einem schmerzenden Ball in meinem Magen geformt hatten? Was habe ich denn da getan? Und wo sollte das Ganze denn eigentlich hinführen? Während mein Chatfenster bereits wieder anfing mich fröhlich anzumaunzen kam ich langsam ins Grübeln. Das fühlte sich irgendwie alles nicht richtig an. Urplötzlich und ohne nachzudenken hatte ich meine Deckung fallen gelassen und meine “echte“ Person und Realität mit der Pick Up Welt im Internet vermischt. Da stand nun plötzlich Elia, der Typ den es seit sechs Monaten im Internet gab, mitten in meinem Zimmer und starrte schockiert den etwas verwirrten, dreiunddreißigjährigen, unrasierten Kerl im Pyjama an. Die zwei waren nie dazu gedacht, sich wirklich zu begegnen. Das war nicht so vorgesehen. Mein Laptop hatte ihn mir einfach mitten ins Schlafzimmer gekotzt. Und jetzt wusste ich nicht, wohin mit ihm. Wie sollte das denn auch Laufen? Schläft der jetzt bei mir Bett? Muss ich jetzt einen größeren Espresso-Kocher kaufen? Nein, nein, nein ! Nein, nein! ….. Ich wurde langsam panisch. Der Typ muss hier raus. Aber wie?

Für einen echten Alpha wie mich gab es in solch einer Krisensituation natürlich nur eine Lösung: Ich rief meine beste Freundin an.

„Aaaah, was hab ich getan! Hilf mir, hilf mir, hilf mir!“ trommelte ich dominant überlegen auf meine kleine, blasse Gorillabrust. „Komm jetzt mal runter und erzähl mir die Geschichte“ beruhigte mich das unselbständige, passive Weibchen am anderen Ende der Leitung. Also erzählte ich ihr welches riesige Fass Milch ich mir mitten in die Wohnung gekippt hatte. Und während ich ihr all den Katzenjammer erörterte, den ich mir eingeheimst hatte, öffnete besagte Lolita mir im Chat nebenher ein weiteres Stück ihres kleinen schwarzen Herzens. Und das passte genau zu dem, was ich die ganze Zeit bereits ganz hinten in meinem Kopf geahnt hatte. Das selbstbewusst fauchende und reizende Sex-Kätzchen, dass mir noch am Tag davor mit jedem zweiten Satz verbal ohne zu zögern in die Hose gegriffen hatte war hinter der imposanten Katzenmaske ein zwar offenes und lustiges aber auch ziemlich unsicheres und emotional verwirrtes Mädchen, das in seiner Jugend mehr Scheiße gesehen hatte als manch anderer in der ersten Hälfte seines Lebens und leider aufgrund der Tatsache, dass sich bisher kein Junge gefunden hatte, der mit ihr die erste, große Liebe durchlebt und durchleidet, irgendwann begonnen hatte zu versuchen den Zweifel und die Angst mit Sex zu bekämpfen. Ein Berg an Klischees dachte ich mir. Aber oft ist ja an denen eben auch was dran. Lolita hatte sich aus dem Gefühl heraus, von Männern nicht gemocht zu werden, statt einer Rüstung und einem Schild Strapse und High Heels zugelegt. Und da sie damit auch noch angefangen hatte um die älteren Löwen des Rudels herumzuschlawenzeln hatte sie natürlich reichlich Reaktionen geerntet. Nur zu ihrer Frustration hielten diese Art von Reaktionen nicht länger als die Spannung, die man so eben erzeugen kann.
Und während ich anfing Lolita als Person ein Stück weiter zu begreifen, hatte meine liebe beste Freundin schon Handtuch und Shampoo zurechtgelegt um mir ordentlich den Kopf zu waschen.

„Was soll denn bitte der Mist jetzt? Ich fand ja dein komisches Projekt bisher immer noch ganz gut, aber das bringt dich doch wohl keinen Schritt weiter. Das ist doch ein Schritt zurück. Hättest du die Kleine im Club aufgerissen hätte ich das ja noch verstanden, aber so?“ bekam ich die erste Ladung heisses Wasser über meine nicht vorhandenen Haare. „Ja du hast vielleicht recht. Das ist auch kein Puzzlestück zu meinem One-Night-Stand-Problem. Das bringt mich nicht wirklich weiter. Außerdem mag ich die Kleine irgendwie wirklich sehr und ich weiß nicht, ob ich da jetzt schon wieder anfange Frauen vor mir selbst zu beschützen, aber es fühlt sich bei dem was ich von ihr weiß, in diesem Fall, irgendwie nicht richtig an.“ gab ich zurück, lehnte mich tiefer in das Waschbecken und wischte mir die Tropfen von der Schläfe.
„Also ich bin ja nicht so drin in deinem Aufreisser-Theorie-Kram, aber hatte Neil Strauss in diesem Buch nicht auch am Ende geschrieben, dass es ab dann krank wird, wenn sich das Game um das Game selbst dreht. Ist das nicht auch so was Ähnliches?“ sagte sie ruhiger und massierte mir das Shampoo in die Glatze. „Ja so was in der Art ist das wohl schon. Irgendwie verwischen da ja die Grenzen, wenn der Aufreisser den Aufreisser aufreisst, der ja auch noch aufgerissen werden will. Da fickt sich doch die Katze mit dem eigenen Schwanz.“ gab ich zurück, während sie langsam zur Spülung griff. Ich bekam noch eine entspannende Kopfmassage und konnte danach wieder halbwegs klar denken. Man sollte bei komplizierten Fragestellungen, und speziell bei solchen, bei denen Mann gerne mal das Blut vom Hirn nach unten abfließt, viel öfter Frauen um Rat fragen.

Ich habe Lolita noch am selben Abend mein und auch ihr Dilemma, so wie ich es sehe, erklärt. Ich beschloss, dass das Unsinn sei, was wir begonnen hatten. Sie verstand mich sofort. Lolita ist ein extrem kluges Mädchen mit einem riesengroßen Herz und einem noch größeren Dachschaden. Solche Mädchen sind selten und meiner Meinung nach das spannendste was Mutter Natur uns auf diesem Planeten geschenkt hat. Ich beschloss, dass es besser wäre, wenn wir den Kontakt abbrechen. Lolita verstand auch das.

Seit dem chatten wir jeden Tag.

Lolita plant in nächster Zeit alleine nach Berlin zu ziehen. Eine Stadt in der, so wie ich es erlebt habe, im Verhältnis zu anderen Städten weit überdurchschnittlich viele junge Katzen überfahren werden. Man kann aber leider nicht mehr tun, als das jungen Katzen zu sagen und zu hoffen, dass sie nicht jede Erfahrung auf der Welt auch erstmal selber machen wollen.

Ich bin trotzdem heute zu Obi gefahren und habe eine kleine, orangene Warnweste gekauft. Ich hoffe Lolita trägt sie auch, wenn sie in Berlin durch die Clubs streift. Zum einen wird sie so auf der Strasse viel besser gesehen und zum anderen erkenne ich sie damit vielleicht ja irgendwann mal zwischen all den Menschen auf der Tanzfläche.

Und wer weiß, vielleicht ist das ja auch der Beginn einer wundervollen Friend Zone.

Äääh, Freundschaft.


Elia

20. Januar 2013

Feeding Bambi

Heute morgen bin ich vollkommen hektisch aufgewacht und habe mich tierisch geärgert, dass ich schon wieder an einem Wochentag zwölf Stunden geschlafen habe und ich eigentlich schon lange arbeiten müsste. Ich machte mir also extrem wütend einen Kaffee, stampfte vor mich hin fluchend durch meine Wohnung und wollte gerade mit schlechtester Laune meinen Rechner hochfahren und einen Kunden anrufen, als mir auffiel, dass heute ja Sonntag ist. No comment, please.

Mal wieder ein Freitags-Ausgeh-Wochenende gehabt. Das wollte ich ja nicht mehr machen. Mal wieder in der Stammbar gewesen. Das wollte ich ja auch nicht mehr machen. Und mal wieder so lange geblieben, dass in anderen Clubs nichts mehr los war. Auch das wollte ich nicht mehr machen. Und dann auch noch den Abend mit L beschäftigt. Und das wollte ich ja nun wirklich überhaupt nicht mehr machen.
An dieser Stelle wird es dann wohl mal Zeit für eines meiner all-time, life-long Lieblingszitate:

Man wäre kein wahrer Anarchist, wenn man auf Grundsätzen beharren würde.
- Eva Demski

Der Abend war trotzdem sehr, sehr lustig und markiert wohl einen der bisherigen Höhepunkte in der absurden Geschichte von L, mir und der Stammbar. Ich war, wie so häufig, mit Wing2 Pizzaessen und danach durch diverse Bars gestolpert. Wing2 hatte kurzfristig angefangen zu rauchen, um Frauen Zigaretten anbieten zu können und ich hatte mich über das Berliner Barpublikum amüsiert als wir schließlich doch mal wieder in der Stammbar landeten. Ich hatte L schon beim Hereinkommen entdeckt, hatte kurz Augenkontakt, war aber dann in ein Gespräch mit einem Bekannten verwickelt worden.

Als nächstes entdeckte ich C, mein Vorweihnachtsdate, am anderen Ende der Bar. Sie war mit einem Typen da, der aber anscheinend nicht wirklich unterhaltsam war. Jedenfalls freute sie sich, als ich dazu kam und wir unterhielten uns erstmal eine halbe Stunde über ihre Pläne demnächst mal Sex mit einer Frau zu haben und ähnlich amüsante Themen. Plötzlich tippte mir eine alte Freundin auf die Schulter, die zu Besuch in Berlin war und zufällig ebenfalls in die Stammbar gefallen war. Kurzer Schnack mit ihr und wieder zurück zu C. Nach weiteren 20 Minuten seichtem Sextalk mit C über ihre Baraffären stand plötzlich L neben mir. „Oha“ dachte ich mir. So handzahm und nah an mir dran hatten wir das kleine schwarze Rehlein ja überhaupt noch nie erlebt. Sie schenkte mir genau abgezählte 200 Millisekunden Augenkontakt und drehte sich dann zu C um über Silvester und Radiosendungen zu plaudern. Als ich mich von dem Endorphin-Trip den der Augenkontakt mit L hinterlassen hatte wieder halbwegs erholt hatte, dachte ich mir „Momentchen mal! So einfach geht das aber auch nicht. Jetzt hier neben mich stellen, aber mich einfach ignorieren...“.
Bei ihrer nächsten Gesprächspause lehnte ich mich also möglichst weit zu ihr, zum einen um ihr Ohr zu erreichen und zum anderen um Mystery zu ärgern, und flüsterte:

I: Ein gesundes Neues erst mal.

L: Was? Ach so, ja. Ein frohes Neues dir auch.

I: Wie war denn dein Silvester? Ich wollte ja eigentlich auch hier vorbei schauen, aber wir haben's nicht mehr geschafft...

L erzählt mir, ohne mir länger als 200 Millisekunden in die Augen zu sehen von ihrer Silvester-Nacht und was sie so getrieben hat. Mit einer ihrer Freundinnen daneben geht das Sprechen mit mir ja inzwischen schon fast entspannt. Nach ein paar Geschichten verschwindet L aber wieder in den Tiefen des Waldes, äääh, der Stammbar und ich quatsche noch eine Runde mit C.

Der Abend wird später, Wing2 verabschiedet sich, C auch und ich parke mich erstmal nahe der Tür bei einem Bekannten. Von dort aus sehe ich L mit einem ihrer Kumpels an einem Tisch am Fenster. Ich entdecke aber ebenfalls noch das Blonde Mädel das mich an der gleichen Bar im November (Schwarzer Freitag 2) angequatscht hatte. Tipp-Tipp auf die Schulter. Sie erinnert sich an mich. Wir kommen sofort ins Gespräch. Sie ist mit ihrer Schwester da. Es geht erst um Musik (ich hatte damals schon festgestellt, dass wir einen extrem ähnlichen Musikgeschmack haben) und später um Geschwister. Als wir beim Thema Silvester-Erlebnisse angekommen sind ist die Musik in der Bar gerade extrem laut. Ich schreie schon fast in ihr Ohr: „Do you really wanna hear the dirty part of the story?“. „Of course she wants to hear that“ kommt die Antwort von hinten über meine Schulter. Ich drehe mich um und sehe gerade noch L auf dem Weg zu den Toiletten.

Das war nun Gespräch Nummer zwei heute Nacht in das sich L kurz eingeklinkt hat. Ich hatte schon länger die Vermutung, bin mir jetzt aber ziemlich sicher, dass auch die Blonde eine gute Freundin von L ist. Ich taste mich also nicht nur quer durch die Bar sondern inzwischen auch quer durch ihren Freundeskreis auf L zu. Als L zurückkommt bekomme ich meine gewohnten 200 Millisekunden und sie sitzt wieder an ihrem Tisch. Ich unterhalte mich noch eine gute halbe Stunde mit den zwei Schwestern, bis diese sich verabschieden. Ich gebe ihnen ein paar Musik-Tips mit auf den Weg und stelle mich zu einem Bekannten direkt neben L's Tisch. Nun ist es also fast geschafft. Ich habe mir zur Tarnung Reh-Ohren aufgesetzt, bin mit dem Hasen um die Wette gehoppelt und habe mit den Vögeln gezwitschert. Alle Tiere des Waldes sind jetzt meine Freunde außer Bambi. Und Bambi konnte sehen, dass ich keines davon gefressen habe. Und nun habe ich mich ganz langsam bis an den Rand der Lichtung vorgeschlichen auf der Bambi steht. Ich halte Futter in meiner zitternden Handfläche und Bambi blinzelt mich scheu an. Für 200 Millisekunden. Dann steht Bambis Saufkumpane auf und verabschiedet sich. Er geht an mir vorbei ohne mich, meine peinlichen Reh-Ohren oder das Futter in meiner Hand zu bemerken. Jetzt sind da nur noch Bambi und ich. Ich bin hochkonzentriert. Über sechs Monate Vorbereitung, endlose Gespräche mit ihren Freunden, durchkämpfte Nächte und ein riesiger Stapel Pick-Up-Bücher liegen hinter mir um dort zu sein, wo ich jetzt stehe. Und der bester Opener der mir einfällt ist:

I: Naaaaaaaaaa.....?
Bambi zuckt kurz, bleibt aber stehen und blickt starr auf ihr halbvolles Glas Wodka.

I: Was machst du denn jetzt eigentlich so, wenn du nicht hier bist....?
Ich höre was ich gerade gesagt habe und habe das unstillbare Verlangen mir eine Gabel in die Stirn zu rammen.

Bambi blinzelt mich an, greift in ihre Tasche, zieht einen kleinen Flyer heraus, knüllt ihn zu einer noch kleineren Kugel zusammen und legt diese zu dem Rehfutter in meine Hand. Ich rate drei Mal falsch was mir der Flyer sagen soll und dann beginnt doch tatsächlich Bambi mit mir zu reden.

Und Bambi hört gar nicht mehr auf zu reden. Nach einer halben Stunde steht Bambi auf, läuft quer über die grüne Lichtung zur Bar und kommt mit einem großen Glas zurück. Bambi stellt sich neben mich und hält mir das große Glas hin. Ich hebe meinen viertelvollen Whisky und denke Bambi möchte jetzt anstossen auf die neugewonnene Freundschaft mit dem zitternden Jäger mit den Rehohren auf dem Kopf. Statt anzustossen schüttet Bambi schwungvoll die Hälfte ihres Drinks auf meinen Whisky. Ich versuche trotz des Verlustes meines Whiskys freundlich zu Lächeln und Dankbarkeit vorzutäuschen. Dieses Ritual scheint etwas in der Reh-Kultur zu sein, das ich noch nicht verstanden habe. Bambi erklärt kurz und knackig:

L: Das ist Wodka mit Wasser.

I: Oh. Ok. Äääh, Danke!

Dann stößt Bambi doch mit mir an und ich beruhige mich langsam.

Nach 10 Minuten traue ich mich, mich vorsichtig neben Bambi ans Fenster zu setzen. Sie erzählt mir von ihrer großen Vision für die Welt und die Tiere des Waldes. Von ihrem Leben auf dem Bauernhof und wie sie dort weggelaufen ist. Mir kommt es ziemlich surreal vor und die Zeit scheint zu verfliegen. Irgendwann sagt Bambi, sie müsse jetzt nach Hause. Ich klopfe die Futterreste von meiner Handfläche und halte ihr freundlich die Hand hin. Bambi lehnt sich vor und küsst mich rechts und links. Ich kann gar nicht richtig reagieren so überrascht bin ich von all der Zutraulichkeit.

Ich bestelle mir noch ein Bier, setze mich an die Bar und sehe zu, wie Bambi sich von all ihren lustigen Freunden verabschiedet.

Nach dem Bier mache ich mich auf den Weg in Club1. Es ist viel zu spät und auf der Tanzfläche springen nur noch die um Aufmerksamkeit buhlenden ungefickten Reste des Abends auf und ab. Mir ist das egal, ich fühle mich wie auf Droge. Ich bestelle noch ein Bier und stelle mich an den Rand der Tanzfläche um das amüsante Paarungsverhalten einiger Teenager-Zombies zu beobachten. Als selbst die Teenager zum Kotzen oder Bumsen davongezogen sind verlasse auch ich Club1 und mache mich auf den Weg zu Club2. Dort ist mehr Publikum, aber genauso schlechte Frauenauswahl. Mir ist auch das egal. Ich habe mit der Bienenkönigin getanzt. Und mein Bier schmeckt immer noch nach Honig. Wäre tatsächlich ein schönes Mädchen da gewesen hätte ich sie bei meinem Energy-Level wahrscheinlich ohne Worte bis vor den Altar bekommen, aber es ist eher schauderhaft, was sich an diesem Morgen noch in Club2 rhythmisch zu bewegen versucht.

Gegen 7 oder 8 verlasse ich Club2 und setze mich in ein Taxi. Auf der Fahrt ruft mich Wing2 an. Ich gehe ran und höre zwei Minuten das dumpfe Stampfen eines Technobeats. Ich erkläre ihm, dass er in einem Club ist und ich ihn daher leider überhaupt nicht hören kann, wüsche ihm noch viel Spaß und Erfolg, und lege auf. Er ist doch mal wieder in seinen Absturzclub gegangen.

Es ist hell als ich mich zuhause aufs Bett setze. Ich krame die kleine Papierkugel aus meiner Hosentasche. Der Flyer macht überhaupt keinen Sinn. Für Menschen. Er ist von einem Reh und offensichtlich auch nur für Rehe verständlich.

Ich lege mich hin und träume die ganze Nacht von Zombies. Eigentlich wollte ich doch von Frauen träumen. Deswegen hatte ich doch aufgehört Pornos zu schauen. Anscheinend muss ich wieder anfangen Zombie-Filme zu sehen um von Frauen träumen zu können.

Ich hab schon ewig keinen Zombie-Film mehr gesehen. Aber als nächstes leihe ich mir erstmal Bambi aus. Den Film.

Gute Nacht.

Elia

17. Januar 2013

Porno-Erkenntnisse

Für alle, die sich Sorgen machen ich würde leise und gleichmäßig quietschend am Dachboden pendeln: No Panic. Letztes Wochenende war scheiße, aber kein Weltuntergang. Der Kampf ist noch lange nicht vorbei und meine gelegentlichen Blockaden sind ja leider auch nichts neues für mich. Dadurch lasse ich mich aber nicht davon abbringen weiter zu machen und an mir zu arbeiten. Natürlich ist das Gefühl scheiße nach sechs Monaten intensiver Beschäftigung mit mir plötzlich wieder im ersten Set an der AA zu scheitern und sich dadurch auch noch den Abend bashen zu lassen und natürlich ist es noch beschissener nach all dem Feedback und den tollen Plänen nachhause zu kommen und ein ganzes Forum vor sich zu sehen, das einen gespannt und mit riesengroßen erwartungsvollen Augen anstarrt. ...“Und?“.....“Uuuuund??“....“Gefickt?“

Nein. Nein, nicht gefickt. Aber diesmal war's ne Blockade. Das war was anderes als letztes Wochenende, wo ich wirklich grünes Licht gehabt hätte. Die Blockade ist genauso scheiße, aber was mich wirklich beschäftigt ist meine Eskalationshemmung und woher sie kommt.

Ich hatte vor zwei Wochen ein langes und sehr persönliches Gespräch mit Wing2 über ein Thema mit dem ich mich eigentlich selbst schon lange rumschlage, aber nie wirklich so klar die Verbindung zu meinem Problem im Umgang mit Frauen gesehen habe wie inzwischen. Meinem Pornokonsum.

Dank dem Sohn unserer Nachbarn habe ich meinen ersten Pornofilm in einem Alter gesehen, als ich noch nicht einmal wusste, was die Menschen auf dem Bildschirm vor mir da gerade machen. Sein Vater besaß eine gigantische und unglaublich schlecht versteckte Sammlung an Beta-Max- und Video2000-Kassetten (Ja liebe Kinder, es gab etwas vor VHS) mit allen Arten von Pornofilmen und sobald seine Eltern außer Haus waren saßen da zwei kleine Jungs vor dem Fernseher und sahen einer Armee von Schweden bei ihren wildesten Verrenkungen zu. So war Pornokonsum für mich vom ersten Tag an fester Bestandteil meiner Sexualität. Ob nun mein stark voyeuristischer Hang durch den Pornokonsum oder andersherum kamen lässt sich natürlich nicht mehr auseinander dröseln. Fakt bleibt aber, dass ich von Anfang an reichlich Spaß an jeder Art von Schmuddelfilmen hatte. Dies ging in jeder meiner Beziehungen so weit, dass ich, wenn erst einmal die anfängliche Aufregung über die Möglichkeit Sex mit einer echten Frau zu haben dem Gefühl wich, dass diese Möglichkeit täglich und unbegrenzt vorhanden ist, meist nach ein bis zwei Monaten den Spaß mit mir selbst und ein paar Filmen dem Spaß mit meiner Freundin vorzog. Den Sex mit einer Frau kann ich sehr genießen, er beinhaltet für mich aber auch reichlich “anstrengende“ Elemente, die ich mit mir selbst nicht habe. Hat sie einen Orgasmus gehabt? War es schön für sie? War es schön für mich? Kam ich zu früh? Kam ich zu spät? Worauf steht sie? Ist sie ehrlich? Mache ich dies und das richtig? Macht sie mir etwas vor? Will sie noch einmal? Will ich noch einmal? Wie kann ich ihr sagen, dass...Blablablablabla... Und so waren meine Freundinnen in festen Beziehungen für mich immer schnell zwar ein wichtiger Quell um mich emotional auf- und abzuladen und gut und geborgen zu fühlen, aber eben kein wirklicher sexueller Magnet mehr. Oder zumindest empfand ich es oft als fast erleichternd wenn sie Abends eben auch mal bei sich blieb und ich mich mit mir selbst ausspaßen konnte. Durch diese Sichtweise verlieren One-Night-Stands natürlich noch mehr ihren natürlichen Reiz, da dieser ja eben rein sexueller Natur ist und die Frau einen emotional nicht wirklich berührt. Gleichzeitig bringen sie aber noch mehr “lästige“ Problemstellungen mit sich. Nehme ich sie jetzt echt mit zu mir nach Hause? Pennt sie dann bei mir? Will sie morgens auch noch Kaffee? Will sie überhaupt mehr? Muss ich das mit ihr erst klären? Oder danach? Will sie dann, dass ich sie anrufe? Was wenn ich danach mehr will? Was wenn sie danach mehr will... Blablablablabla... Wie einfach lässt sich im Vergleich dazu doch mein VLC-Player starten und schließen. Danke und Gute Nacht. Dazu sehen die Mädchen dort meist viel besser aus. Und ich weiß, was ich bekomme. Und ich bekomme genau was ich will. Blond, brünett, soft, hart, zwei, drei...soviel und so solange man will. Oder hat schon mal jemals jemand versucht, den One-Night-Stand davon zu überzeugen, dass sie jetzt doch bitte eine schwarze Perücke aufzieht und bitte auf Knopfdruck das Vorspiel überspringt?

Über 20 Jahre hinweg entwickelt sich so aber natürlich auch die Sexualität immer mehr in diese Richtung und Stück für Stück weg von der realen Welt hin zu einer jederzeit verfügbaren, denkbar unkomplizierten Möglichkeit jede nur erdenkbare persönliche Phantasie sofort vor sich zu haben. Nur einen Mausclick entfernt. Ein endloser Quell der sexuellen Befriedigung ohne dafür auch nur aufstehen zu müssen. Man muss nichts dafür tun. Sich nicht zurecht machen. Nicht aus dem Haus gehen. Kein Geld ausgeben. Keine Stresssituationen ertragen. Keine Körbe wegstecken. Kein Game fahren. Sich nicht im geringsten Anstrengen. Und das ist, denke ich, eine Situation auf die unser Hirn in Jahrmillionen nicht vorbereitet werden konnte. Ein Primärtrieb der immer und jederzeit befriedigt werden kann ohne sich dafür anzustrengen? Das kann eigentlich fast nur unglücklich machen. Mindestens aber faul. Die Welt in der mein Kühlschrank immer voll ist muss für meinen Kopf nicht immer die beste sein. Aus welchem Grund sollte ich auf die Jagd gehen oder die Angel in den Fluss werfen, wenn ich ein Telefon und die Nummer vom Pizzaservice habe? Aber ich kann auch nur magersüchtig werden in einer Gesellschaft in der mein Kühlschrank immer voll ist. Zumindest ist die Gefahr unglücklich zu werden wesentlich höher, wenn die Befriedigung immer geliefert werden kann. Deswegen werden Lottogewinner unglücklich, Millionäre depressiv und gelangweilt, Rockstars und Supermodels drogenabhängig.

Ich bin ein Beziehungsmensch, absolut. Ich bin kein Eremit. Ich bin aber auch ein “Kümmerer“ und Perfektionist. Und wenn ich mit einer Frau ins Bett gehe habe ich bestimmte Erwartungen. An mich, an sie und an die Situation. Körperlichkeiten sind für mich alles andere als bedeutungslos, alles andere als austauschbar. Und sie sind mit Gefühlen verbunden. Nicht immer aber meistens. Und Gefühle können auch ein Risiko darstellen.

Und Pornografie schafft einen Ausweg aus dem Dilemma, Risiken einzugehen, Erwartungen nicht zu erfüllen, Gefühle zu wecken oder Gefühle nicht zu wecken eben nur weil man nach sexueller Befriedigung strebt. Und auf die Dauer kann der Kopf sie für eine echte und sichere Alternative halten. Für die stressfreie und einfache Variante. Fast so gut wie das Original aber kontrollierbarer. Zwar nicht echt, aber dafür manchmal besser als die Realität. Die Matrix. Vanilla Sky. Der luzide Traum. Eine schöne Lüge, die oft besser schmeckt als die hässliche Wahrheit.

Es mag für die meisten absurd klingen, aber meinen Pornokonsum einzustellen stellt für mich einen echten Einschnitt dar. Wie das Rauchen zu lassen oder das Kiffen aufzuhören. Pornos habe ich schon gesehen lange bevor ich geraucht, gekifft oder getrunken habe. Und lange bevor ich Sex mit echten Frauen hatte, hatte ich Frauen auf Beta-Max und VHS. Und als ich Sex mit echten Frauen hatte, hatte ich trotzdem Frauen auf VHS und DVD. Und wenn ich keinen Sex mehr mit echten Frauen hatte, hatte ich Frauen auf AVIs, MPEGs und MOVs.
Ich will die echten Frauen wiederhaben. In der Realität und in meinem Kopf. In meinen Träumen und in meinem Bett.

Und dafür gibt es eben nur einen Weg. Ich muss mit euch Schluss machen. Das wird hart für euch, aber es tut mir sicher mehr weh als euch.

Gute Nacht Jenni Lee. Gute Nacht Kasey Chase. Gute Nacht Melanie Rios. Machs gut Zoey Kush. Leb wohl Tanner Mayes. Tschüss Amai Liu. Oh, Gott werde ich dich vermissen Stoya! Und dich erst, Sensi Pearl! Passt auf euch auf Erica Fontes, Little Lupe und Sasha Rose! Wie könnte ich euch vergessen, Amy Quinn, Cora Carina oder Zoe Voss. Sayonara Violet Blue, Nikki Blond und Mary Jane. Fühlt euch alle ganz fest gedrückt Gigi Riviera, Alissa und Caterina Mckenna. Gruß und Kuss an Nicky Reed, Ann Harlow und Ashley Rae. Und natürlich Blumen für Cherry Rain, Claire Castel und Ellie Idol. Ein ganz, ganz dickes Bussi an Kayden Kross, Lil Candy und Kennedy Kressler. Und ein letzter großer Salut für Lily Carter, Nicole Ray, Inga Ridere, Suzie Carina, Anne Howe, Summer Breeze, Dora Venter, Sonia Red, Greta Milos, Olivia De Treville, Jersey Jaxin, Mae Olson, und Jessie Palmer. Es tut mir wirklich leid, es liegt an mir, es liegt nicht an euch! Ihr habt einen besseren verdient und wenn ihr alle wollt, dann können wir ja Freunde bleiben.

Elia

14. Januar 2013

CLUBGAME TEIL 13

Wozu viele Worte, der Field Report zu Samstag ist einfach:


hingegangen

Frau gesehen

Approach nicht gemacht

scheiße drauf gekommen

besoffen

heimgegangen.


9. Januar 2013

Feedback – Push the limits!

Ich habe auf meinen Letzten Eintrag sehr viel Feedback bekommen und wollte die wichtigsten Fragen und Ansätze hier noch einmal kurz zusammenfassen:



Was suchst du überhaupt, wenn du in den Clubs unterwegs bist?

Das ist tatsächlich eine Frage, die ich nicht in einem Satz beantworten kann. Und die letzten Monate im "Pick-Up-Rausch" haben meine Verwirrung diesbezüglich nicht gerade weniger werden lassen... (Was Wing2 übrigens auch eine Zeit lang so ging...) PU scheint oft mehr Fragen aufzuwerfen als es beantwortet.

Also im Grunde suche ich auf lange Sicht auf jeden Fall eine Beziehung das steht ganz klar fest.

Trotzdem hat die Beschäftigung mit Pick Up mir ziemlich schnell und sehr deutlich vor Augen geführt, dass es etwas gibt, das anscheinend ein Großteil der Männer problemlos können (und genießen) und ich anscheinend gar nicht. Und das ist, eine Frau aus rein sexuellen Gründen zu gamen und mit ihr Spaß zu haben, ohne gleich oder überhaupt emotional an ihr interessiert zu sein. Ob das nun eine erstrebenswerte Erfahrung ist oder nicht lasse ich mal offen. Aber es liegt glaube ich in meiner Natur, nicht gut darauf klar zu kommen, wenn ich feststelle, dass ich etwas entweder TUN MUSS oder NICHT TUN KANN. Zwänge und Grenzen führen bei mir schon immer sofort zu Unwohlsein und ziemlich schnell auch zur Rebellion. Und da ich hier eine Grenze verspüre, die auch noch einen sehr persönlichen und privaten Bereich betrifft, nervt mich das um so mehr. Ich fühle mich ein bisschen wie der Typ, der es unbedingt schaffen will sich eine Spinne auf die Hand zu setzen (charmanter Vergleich übrigens. Grüße schon mal an die Frau, die mein erster ONS wird!), einfach weil er Angst davor hat. Nicht weil er vorhat sich in Zukunft tagtäglich Spinnen zum kuscheln aufs Sofa zu holen, sondern weil er diese Unfähigkeit/Angst überwinden will. Vor ein paar Monaten dachte ich noch, dass ich es einfach nicht SCHAFFE dort hin zu kommen. Was ich inzwischen ganz klar sehe ist, dass ich es leicht schaffe bis dort hin zu kommen, nur ich blocke eben kurz davor komplett ab.
Grundsätzlich glaube ich, dass mich Sex ohne emotionales Interesse nicht wirklich kickt, aber das ist nicht der Grund, warum ich ejecte und meine (möglichen) ONSs nicht einfach durchziehe. Was der Grund dafür ist, weiß ich leider wirklich noch nicht, das versuche ich ja gerade herauszufinden. Ich kann höchstens beschreiben, wie es sich anfühlt.... Sobald ich an einen Punkt komme (bei Frauen, die mich nicht 100% interessieren sondern eben nur für einen ONS in Frage kämen) , wo mir klar wird, dass ich jetzt könnte (oder es "erwartet" wird), oder sobald ich sehe, dass jetzt sie anfängt Kino zu initiieren spüre ich das dringende Bedürfnis zu "flüchten" bzw. eben aus der Situation raus zu gehen.
Naja, das wäre das Problem mit den ONSs.

Und was die Suche nach der Frau für eine Beziehung angeht, glaube ich kann man da nicht mehr tun als rausgehen, approachen, approachen, approachen, kennenlernen und weitersuchen. Trotzdem nervt mich auch hier, dass ich wie Freitag eben nicht mein "Super-Girl" anlaber, sondern mir ein "Ausweich"-Mädchen suche, dass ich glaube ich nur anspreche um nicht ein ganz so beschissenes Gewissen zu haben und um beschäftigt zu sein, während mein Traum-Mädchen mit einem Vollidioten rumsteht...

Oh, mann... Wie gesagt es wird immer komplizierter und mein Schlachtfeld verlagert sich gerade immer mehr von der Bar weg und in mich selbst hinein. Was es nicht gerade angenehmer macht.



Wie definierst du, dass eine Frau dich „nicht 100%ig“ interessiert?

Ja, ich verstehe unter nicht 100% eben einfach, dass es Frauen sind, an denen ich schon bevor ich sie angesprochen habe Dinge bemerkt habe, die ich nicht attraktiv finde. Das ich natürlich ihre Persönlichkeit nicht nach 30 Min. Club-Gespräch kenne, ist mir bewusst.

Vielleicht ist es auch nur mein extrem hoher Anspruch an das Äußere (den ich ohne Zweifel habe), der mich blockt. Auf der anderen Seite, wenn ich mir vorstelle, dass die Typen, die ich so kenne die viele ONSs haben, sich jede Frau mit der sie in die Kiste gehen, auch vom Äußeren als potentielle feste Freundin vorstellen können, frage ich mir eher wie extrem tief bei manchen die Ansprüche an das Äußere ihrer Freundin sein können. Wie gesagt, das ist natürlich nicht mein einziger Anspruch, aber eben der, den ich im Club schon beurteilen kann. Und wenn ich von einem Club wie gestern ausgehe (ca. 200-300 Leute) dann finde ich da meist 1-2 Mädchen, die ich wirklich gut finde. Kein Plan ob ich damit schon im "abartig-anspruchsvoll-Bereich" liege.
Und dann denke ich mir eben, die anderen Jungs scheinen es doch auch zu schaffen, diesen Anspruch von Zeit zu Zeit mal wegzulassen und eben einfach nur nach "gut-für-heute-Nacht" zu sortieren.

Die HB 9,9 im Allgemein-Geschmack ist es sicher nicht die ich suche. Aber, das hatte ich ja ganz zu Beginn schon mal gesagt, ich habe beim Äußeren in jedem Fall extrem hohe Ansprüche, speziell im Verhältnis zu dem Ranking auf dem ich äußerlich wahrscheinlich bei Frauen liege... YEAH Here comes the S....elbstbewusstsein...!
Aber das ist ja leider auch nichts was ich mit dem Kopf steuern kann, oder mich bewusst dafür entschieden habe. Daher eben auch schwer zu ändern.



Dieses Problem besteht vorrangig darin, dass du der Frau einen höheren Wert als dir selbst zumisst. Du entscheidest wer mit dir dein Leben verbringen darf und wenn sie nicht will, dann hat sie Pech gehabt. Werde dir bewusst was du zu bieten hast.

Im Grunde hast du perfekt mein Problem beim Approachen von wirklich, wirklich guten Mädels beschrieben. Strange an der Nummer ist, dass ich ausserhalb der Clubs, oder besser gesagt in "Nicht-Flirt-Zusammenhängen/Momenten" ein absolut stabiles Selbstbewusstsein habe und sehr entspannt mit Frauen (jedes Aussehens!) reden kann. Sobald ich sie aber approachen will, habe ich das Gefühl, sie kann auf meiner Stirn lesen, was ich jetzt will und wird MICH jawohl kaum in Betracht ziehen.... Und dann ist es echt eine Riesenanstrengung mein Selbstbewusstsein oben zu halten und mir meinen Wert zu verinnerlichen.



Sind deine "hohen Ansprüche" vielleicht auch ein Excuse um deine bisherige Comfort Zone (AA überwunden, Attraction aufgebaut) nicht zu verlassen und dich der Herausforderung (eskalieren) nicht zu stellen?

Der Fokus meines bisherigen "Trainings" lag praktisch zu 100% auf Approach und Attraction Aufbau. Speziell im Fall der Blonden auf dem Sofa war aber praktisch kein Game nötig, ich bin einfach durchgelaufen. Sie hing mir im Grunde schon nach 20 Sätzen am Hals. Ich war einfach von der Einfachheit überfordert (Achtung, absurd!). Im Grunde genommen habe ich mich gefühlt wie ein hochmotivierter, gut trainierter Stürmer, der vollgepumpt mit Taktiken und Theorien aufs Feld geschickt wird und die andere Mannschaft ist gar nicht da. Ich laufe durch bis vors Tor und weigere mich zu schießen, weil da nicht mal ein Torwart im Tor steht. Ich habe eigentlich auf die Verteidigung gewartet. Ich wollte praktisch "gamen" aber sie hat nicht gegen mich gespielt, sondern mit mir. Und darauf, was nach meinem Game kommen soll, war ich noch gar nicht vorbereitet.
Ich hab das Ding ja auch echt vollkommen überstürzt verlassen als sie ihren Kopf immer nach hinten geworfen hat und förmlich nach KissClose geschrien hat. Ich hab ja nicht mal die Nummer mitgenommen. Ja, wahrscheinlich ist es das. Ich habe meine Comfort Zone zwar inzwischen über die Punkte Ansprechen und Attraction Aufbau erweitert (Ausnahmen sind immer noch die Wirklichen BINGO!-Babes) aber stoße beim Schritt zur Eskalation dann eben doch an ihre Grenze. Da hilft wohl nur weiter pushen !


6. Januar 2013

Pick Up Depression

Es war 16:00uhr als mich gestern mein Telefon weckte. Mein Schädel hämmerte und ich fühlte mich als hätte mich jemand mitten in der Nacht aus dem Bett geholt. Ich schleppte meine müden Knochen also zum Telefon um dem Störenfried Manieren beizubringen. Es war Wing2. Er klang besorgt, aber auch kontrolliert, als hätte er vorher darüber nachgedacht, was er mir jetzt sagen würde. „Das muss ein Ende haben.“ sagte er unverhältnismäßig ernst für einen Anruf bei Jemandem der immer noch zur Hälfte Restalkohol statt Blut in den Adern hat „Das kann so ja nicht weitergehen. Das ist ja auch nicht gut für deinen Körper was du da machst. Das geht jetzt ein halbes Jahr. Du musst das jetzt endlich mal machen. Einmal einfach durchziehen, damit du wieder normal denken kannst.“
„Ja ich weiß. Du hast recht. Ich komme irgendwie keinen Millimeter weiter. Es ist als hätte ich einen Berg Müll abgetragen und darunter eine verschossene Tür gefunden. Und die bekomme ich einfach nicht auf. An der hängt anscheinend so viel bei mir, dass ich sie irgendwann mal so fest verschlossen habe, dass ich sie jetzt nicht mehr auf bekomme. Ich bin mir ja sogar ziemlich sicher, dass ich nicht wirklich auf One-Night-Stands abfahre. Aber was mich so fuchsig macht ist, dass ich es beim besten Willen nicht mal hinbekomme es einfach mal auszuprobieren. Sobald ich merke, dass ich den Move jetzt machen könnte werde ich wie starr. Ich spüre da deutlich eine Grenze und ich kann es nicht leiden, wenn ich merke, dass ich etwas einfach nicht kann. Zumal ich ja auch gar nicht verstehe, was mich da so furchtbar abhält.“ antworte ich und taste nebenher halbblind in meinem Küchenschrank nach einer Aspirin.
„Ja, ich sag doch: Du musst dich jetzt einfach einmal dazu zwingen. Wenn deine Energie noch reicht, geh heute Abend nochmal alleine raus und nimm die Erste mit, die nicht schnell genug wegläuft. Du musst das einfach hinter dich bringen. Am besten gehst du alleine. Dann sind Wing1 und ich nicht dabei und du fühlst dich vielleicht weniger beobachtet. Und vergiss die Stammbar. Da kennt uns jeder, dass ist scheiße.“ sagt er, immer noch in einem viel zu ernsten Ton für meinen schwachen Magen.
„Du hast so recht. Aber heute geht bei mir echt nichts mehr. Ich bin komplett tot.“ murmle ich kraftlos.

Nach dem Telefonat durchwühle ich meinen Kleiderstapel nach meinem Geldbeutel. Sein kompletter Inhalt beläuft sich auf drei Euro und eine Taxiquittung. Verfluchte Scheiße ich habe gestern 70 Euro versoffen. Für manchen vielleicht normal, aber in Berlin und in den Clubs in denen ich mich gestern rumgetrieben habe lässt das auf eine enorme Menge an Alkohol schließen. „Du solltest anfangen dein Geld lieber für Nutten auszugeben“ macht sich mein zynisches Hirn angeschwipst über mich lustig „das wäre gesünder und du hättest mehr Sex“.

Was war passiert am Abend davor? Ganz einfach: Nichts war passiert. Wie immer. Wie seit Monaten. Wie seit Beginn meines abstrusen Projektes. Absolut nichts. Und langsam gehen mir dafür auch die Ausreden aus. Ja ich suche eigentlich nach der „richtigen“ nach jemandem für eine Beziehung blablabla und ja, die zwei Ladys gestern waren keine Models und eher Notlösungen aber warum können andere Kerle das einfach ausblenden und eben mal einen wegstecken und ich dagegen Quatsch meinen „Notlösungen“ die Ohren voll bis sie klatschnass willig und zu allem bereit sind und stehe dann auf und gehe? Woher kommt diese Blockade in mir?

Ich war mit Wing2 durch diverse Bars gezogen und als sich endlich ein mögliches Target in einem 2er-Set direkt vor mir an die Bar setzte, hatte ich nicht reagiert. Und als ich gerade anfing mich innerlich dafür auszuschimpfen hatte Wing2 drei Schritte nach vorne gemacht und schnell mal nebenbei die hübscheste Blondine der Bar angequatscht. Leicht gefrustet hatte ich mir das ganze dann eine halbe Stunde angesehen als ich plötzlich eine recht bekannte Berliner Prominente sturzbetrunken auf einem Stuhl tanzend entdeckte. Als der Druck zu groß wurde, musste ich dann doch Wing2 und seine blonde Schönheit unterbrechen um ihn auf diese Attraktion hinzuweisen. Der Erfolg meiner großartigen Wing-Aktion war dann der, dass seine Blondine sich kommentarlos in die andere Ecke der Bar verabschiedete. Wie sich herausstellte war sie wohl mit besagter Promi-Braut da. Bäm! Der Pick-Up-Killer hatte wieder zugeschlagen. Kurz und tödlich. Ich hatte es tatsächlich geschafft meinem lieben Wing binnen Sekunden ordentlich die Tour zu vermasseln. Ich fühlte mich wie der größte Pick-Up-Loser der Welt. Als mein Wing, fleißig wie er ist, es nach einer halben Stunde geschafft hatte, die Blonde ein weiteres Mal anzulabern und offensichtlich wieder im Geschäft war, floh ich zusammen mit meinem Frust und meiner Enttäuschung in den Regen und in den nächstgelegenen Club.

Dort angekommen konnte ich zwei Mädels entdecken, die ich wirklich gut fand. Eine kleine Blonde, die mit ihren Freundinnen am Tanzen war und eine echte Indie-Schönheit, höchstens 22 und eine Hardrock-Version der ganz jungen Uschi Obermaier inklusive Smokey-Eyes und toupiertem Hinterkopf. Uschi wär's gewesen. Uschi wär's wirklich gewesen. Die HB9 die man gamen sollte. Aber dafür immer noch zu feige, ging ich zu Blondie und holte mir prompt einen (schon lange nicht mehr gehabt) der ganz fiesen Einfach-Wegdreh-Körbe ab. Autsch! Der war fies. Aber ok, das hatte ich heute auch nicht anders verdient. Auf den Dämpfer drehte ich einige Runden durch den Club und landete schließlich auf einem Sofa neben einer Australierin mit blonder Cleopatra-Frisur und Barbara-Streisand-Nase. Die Dame war lustig, aufgedreht und extrem empfänglich für mein Game. Wir waren binnen kürzester Zeit bei einer brodelnden Mischung aus extrem sexuellen Themen und offenem, direktem Flirten. Sie hing mir stellenweise förmlich am Hals und das auch noch auf einem Sofa in der Ecke des Clubs. Hier wäre mit absolut tödlicher Sicherheit mindestens ein Kiss-Close drin gewesen. Eigentlich wäre er Pflicht gewesen. Irgendwann fragt sie mich, ob ich noch einen guten Club wisse, wo sie danach noch hingehen könnte. Hallo !?!? Jeder halbwegs geistig anwesende Kerl hätte den Sack hier zu gemacht. Aber nicht ich. Ich entdecke Wing2 neben der Tanzfläche. Sage ihr, ich würde das mal kurz mit meinem Kumpel besprechen müssen, stehe auf und lasse das Mädel, auf das ich jetzt sicher 30 Minuten eingequatscht habe, vorgewärmt und willig auf dem Sofa zurück.

Ich quatsche mit Wing2, lasse mir von seinem Blondie und seinem Number-Close berichten und gehe natürlich nicht wieder zu meiner Australierin aufs Sofa. Wing2 erträgt es nicht lange in dem Laden. Er war eh nur auf der Suche nach mir hier reingestolpert und verabschiedet sich daher bald. Ich tanze noch eine ganze Weile und verlasse, als die Tanzfläche nur noch einstellig bestückt ist, den Laden. Checke die Stammbar, stehe vor verschlossener Tür, lerne zwei betrunkene Goth-Kids kennen die ebenfalls vor verschlossener Tür stehen und schleppe beide in den einzigen Club, in dem zu dieser morgendlichen Stunde noch was los ist. Dort fällt mir eigentlich nur ein tätowiertes kleines Rockabilly-Mädel auf, das mit einem jungen Skinhead an der Bar sitzt. Nach zehn Minuten stößt ein Schönling zu den beiden und spannt dem Mann ohne Haare binnen kürzester Zeit das Mädel aus, bis dieser sich von der Bar verzieht. Ich setze mich an seinen Platz, ringe mit dem Gedanken ihn zu rächen und die Ehre der kahlköpfigen Männer zurückzuerobern, beobachte die Beiden einige Zeit und erkläre die kleine für verloren und mich mal wieder für zu feige.

Stattdessen setze ich mich kurzer Hand zu ihrer (es ist nicht zu übersehen, dass die zwei zusammengehören) etwas weniger spannenden Freundin, die allein an einem Tisch sitzt. Ich wiederhole mein Spiel aus dem letzten Club nach Schema-X. Das Mädel wird nach allen Regeln der Kunst zugetextet bis sie mir aus der Hand frisst und die Krümel danach von meinen Fingern leckt. Ihre kleine Freundin kommt zwischendrin mit ihrem Schönling zu uns an den Tisch und flüstert kurz mit ihr. Nachdem die zwei wieder aufgestanden sind erklärt sie mir, ihre Freundin hätte darum gebeten, sie jetzt schnell hier rauszubringen, da sie sonst mit dem Dream-Boy mitgehen würde. Sie bleibt aber sitzen und beschäftigt sich weiter mit mir. Irgendwann meine ich zu ihr sie solle vielleicht doch besser nach ihrer Freundin sehen (ich HORST). Wir gehen zur Bar und finden beide knutschend. „Siehst du, sooo geht das“ sagt mein Hirn und zeigt mit nacktem Finger auf mich „schau dir das mal genau an. Man nennt es Eskalieren.“ Es ist inzwischen sicher schon 9 und ich laufe nur noch auf Notprogramm. Ich tausche Nummern mit meinem Ersatz-Mädchen, gehe mit allen Dreien nach draußen, wo es bereits taghell ist und setze mich kommentarlos in das erste Taxi. Der Schönling bleibt bei den zwei Mädels. Keine Ahnung wie die Nummer für ihn zu Ende ging. Vielleicht mit einem Dreier?
Ich fahre allein nach Hause. Ich schlafe allein ein. Ich wache allein auf.

Wing2 hat recht. Das kann so nicht weitergehen. Irgendetwas muss sich radikal ändern. So hat das Ganze keinen Sinn.


Elia

2. Januar 2013

Prost Neujahr !

So, die Wohnung ist wieder in ihren alten Zustand zurückversetzt und damit Silvester offiziell abgeschlossen. Und da ich gerade gute Gründe suche, um mich vor meiner Steuererklärung zu drücken habe ich beschlossen kurz mal den Jahreswechsel zu Papier zu bringen.

Das alte Jahr verabschiedete sich von mir liebevoll mit einem Vollseiten-Foto von meiner Ex, küssend mit ihrem neuen Boyfriend, in einem großen deutschen Jugendmagazin (Yes, da kommt doch Stimmung auf!) und einer SMS von C, meinem Vorweihnachtsdate.

Zu Silvester hatte ich kurzfristig noch ein kleines Abendessen mit Wing1und2 auf die Beine gestellt und die Stimmung war feuchtfröhlich, als wir um ca. 1:30 ins Taxi stiegen um zur einzigen Party unserer diesjährigen New-Years-Party-Liste zu fahren.

Am Club angekommen fällt mir auf der Straße eine Gruppe Österreicher auf (kaum zu überhören) die wild am diskutieren sind. Vier Jungs, ein Mädel. Sie dunkelhaarig, extrem hübsch und mit ner komischen Fellmütze mit Kätzchen-ohren. Das Ösi-Kätzchen geht auf den Club zu und steuert mich an. Ich antworte bevor sie fragen kann.

I: Ja, das ist er auf jeden Fall.

K: Wer?

I: Na genau der Club in den du jetzt gehen solltest.

Mizi bleibt ungerührt, schnurrt nicht und bleibt sachlich:

K: Ist das der …. ?

I: Ja, sage ich doch.

Sie stellt sich mit ihren Jungs hinter uns in die Schlange. Enttäuscht über ihre Nicht-Reaktion auf meinen Opener setze ich nicht nochmal nach. Als Wing2 schon fast am zahlen ist, stellt sich heraus, dass die Party auf die wir wollen eigentlich in einem Club zwei Häuser weiter ist. Tja, sayonara Sissi...

Endlich im richtigen Club sind wir erstmal etwas enttäuscht über die Größe des Ladens und die anwesende Weiblichkeit. Der Club liegt nur leicht über der Grundfläche einer durchschnittlichen Privatparty. Was mich noch nicht so sehr stört. Unangenehmer ist da schon eher die schnelle Erkenntnis, dass der Freundeskreis der Bekannten die uns eingeladen hatte ja zum größten Teil schwul-lesbisch ist und daher die Frauen im Club gut zur Hälfte unübersehbar lesbisch sind. Tja, das hätte mir eigentlich auch vorher klar sein müssen. Ich Tölpel.

Im Gegensatz zu Wing2 lasse ich mir von all den anwesenden Lesben in Jeansjacken und daraus resultierenden nicht anwesenden Minikleidern und High Heels aber nicht allzu lange die Stimmung verderben. Das Jahresende will schließlich gefeiert werden, mit oder ohne Pick Up. Also ab an die Bar. Ein Bier in die Hand und erstmal an die Meute gewöhnen. Kaum stehe ich neben der Tanzfläche platziert sich ein hübsches dunkelhaariges Mädel im gestreiften Minikleid (ein paar waren's dann doch) direkt vor mir und schwingt ihre Hüften auffallend weit in meine Richtung. Eye-Contact, Lächeln, Aaaah... das geht mir zu schnell...da war ich jetzt nicht drauf vorbereitet...äää... drei, zwei, eins...äää... Blick nach hinten... Die zwei Wings sind schon am tuscheln und gackern... Verdammt. Die vier Augen im Nacken machen's jetzt auch nicht entspannter. Augen wieder nach vorne. Hossa! Die Kleine kann auf jeden Fall tanzen! Puh! Und ich hasse, hasse, hasse Dance-Game... Plötzlich drängelt sich von links hinten ein kleiner etwas bulliger Mexikaner (Sah wirklich aus wie die Jungs die einem in der U-Bahn mit ihren Maya-Flöten auf die Eier gehen) an mir vorbei, schnappt sich die Hüfte der Kleinen und fängt direkt an mit ihr zu tanzen. „Ach komm schon, Gott! Ich hab's ja verstanden. Aber nicht an Silvester, bitte!“ denke ich mir und drehe mich zu meinen grinsenden Wings.
Später sehe ich die Kleine mit dem Mexikaner wild knutschen und packe sie völlig ungläubig auf die Das-Muss-Ich-Noch-Klären-Liste. Gegen den Schock verschreibe ich meinem geschundenen Körper aber erstmal zwei Bier und ein paar Drogen (einmal im Jahr ist das erlaubt). Als ich mich wieder beruhigt habe und mit meiner Bekannten entspannt über die Tanzfläche schwofe (Social Proof) bekomme ich von der kleinen Möchtegern-Latina, die am Rand der Tanzfläche neben ihrem Speedy-Gonzales und seinen Kumpels steht, einen längeren Eye-Contact. „Nix da jetzt reicht's“ denke ich mir „Mark Manson schreibt man solle möglichst schnell, möglichst ehrlich kommunizieren was man will und denkt und die Lady so dazu bringen sich zu positionieren. Was (oder wen) sie will hat sie mir ja gerade erst vorgemacht, dann kann ich jetzt wenigstens noch (lieber spät als nie) kommunizieren was ich will (oder wollte)“. Ich entschuldige mich kurz und gehe straight zu ihr.

I: Hey, sorry ich muss das jetzt mal schnell loswerden, sonst geht mir das heute noch zehn mal durch den Kopf wenn ich an dir vorbeilaufe: Du bist heute abend hier echt das schönste Mädchen im Raum. Phhu jetzt ist es raus...

Sie lächelt breit

S: Danke.

I: Ich heiße Elia und du?

S: ...

I: Du bist mit den Jungs hier, oder?

S: Ja. Das da ist mein Freund und ich war mit ihm und seinen Freunden heute abend....

Ab da muss ich gestehen hab ich nicht mehr wirklich zugehört. Ich hatte mein Häkchen unter „Ehrlich Approachen“ gemacht und das Geheimnis um den kleinen Mexikaner gelöst. Ich weiss nicht mal mehr was ich darauf sagte aber es lässt sich wohl grob mit „EJECT“ zusammenfassen.

Mein Hetero-Frauen-Counter sprang damit für diesen Club von 7 auf 6. Ich ging zurück auf die Tanzfläche und entdeckte eine 6er Gruppe (3 Mädchen, 3 Jungs) die anscheinend zusammen da waren. Mädel Nummer Eins: (für meine Verhältnisse) riesig, blond und mit ihren Boyfriend am knutschen. Äääät raus. Mädel Nummer Zwei: niedlich, klein aber für mich ein wenig zu mollig und außerdem auch mit nem Typen im Gespräch. Äääät auch raus. Mädel Nummer Drei: leicht angepunkt, klein und etwas zu jung. Dingdingdingdingding genau mein Fall! ...Aber halt. Was ist mit dem großen, bärtigen Hipster neben ihr? Der Typ der so gestylt ungestylt aussieht als ob er stundenlang überlegt hat welche Klamotten zusammen so aussehen würden als hätte er sie rein zufällig ausgewählt? Der Typ der sich die Haare nach dem Duschen wieder einfilzt und sich kurz ins Bett legt um seinen Out-Of-Bed-Look zu perfektionieren? Der Typ der .....gerade ....seine .....Zunge ......in ..........ihren ............Hals .....................steckt. ….Verdammt! Gibt's denn in Berlin keine Türsteher mehr?? Wer zur Hölle lässt denn bitte all diese scheiß Pärchen in UNSERE Clubs? Die nehmen doch nur Platz weg wo eigentlich Single-Frauen stehen könnten und verseuchen unsere Luft mit all ihrer Liebe!! Voller Wut latsche ich durch die Gruppe durch, unterbreche die Turtel-Täubchen beim Knutschen und lege eine Runde (Wing2 hat das neulich erfunden und auch so getauft) „Pärchen-Bashing“ ein. Im Vorbeigehen grunze ich den Hipster wie ein böser kleiner Silvester-Zwerg an:
I: Frohes Neues Jahr!
Ich gehe zwei Schritte, lausche, drehe mich um und gehe nochmal zu ihm zurück um ihn für all seine Liebe und den vielen Sex mit dem kleinen Punkermädel büßen zu lassen.
I: Ich sagte gerade Frohes Neues Jahr!
H: Ääh ja, aber ich kenn dich nicht und ich war etwas überrumpelt..
„Du meinst wohl du warst damit beschäftigt mit deinem ekligen Waschlappen an MEINEM Punkermädchen rumzulecken damit ich sie nicht approachen kann bis ihr Hören und Sehen vergeht“ denke ich mir, antworte aber knapp:
I: Aber die Tradition an sich ist dir schon bekannt oder?
H: Ja. ...Frohes Neues Jahr.

Stolz über meinen beknackten Auftritt drehe ich mich um und latsche zur Bar, bestelle mir ein Bier und bin mal wieder erleichtert darüber, wie selten ich doch auf die Fresse bekomme im Verhältnis dazu, wie oft ich es verdient hätte.

An der Bar approache ich dann zum Druckausgleich ein ganz offensichtlich lesbisches Mädel mit dem ich mich auf Anhieb blendend verstehe. Ich traue mich leider nicht, ihr die enormen Vorteile von Sex mit Menschen die einen Schwarz haben zu erläutern und nehme sie statt dessen mit um meiner Bekannten, die in ein Gespräch mit zwei Mädels vertieft ist, überraschend zusammen den Rücken zu massieren (Double Social Proof!). Meine Bekannte stellt mich daraufhin den beiden vor und ich unterhalte mich eine ganze Weile mit einer der Beiden....klein, Asiatin, nicht aus Berlin,....etwas langweilig …..langweilig …..spießig. EJECT. Kurzer Besuch bei den Wings. Keine großen News. Wing2 meckert immer noch über die fehlenden High-Class-Girls und dass die Berliner Mädchen sich alle anziehen wie Jungs und Wing1 macht sich Sorgen um unsere Jacken, da in dem Laden anscheinend gerade ein Rucksack und ne Jacke geklaut wurden.

Ich tanzte noch eine ausführliche Runde mit meiner Bekannten und gehe dann wieder zurück zur Bar. Dort sind Wing1+2 nun gerade am verhandeln, ob die drei Mädels vor ihnen alle mit ihren Boyfriends hier wären, oder nicht. „Klar“ werfe ich ein „die Große gehört zu dem Spießer und die Punk-Lady zu dem Bärtigen“. Und dann überkommen mich schon wieder der kleine und der große Satan...
„Und die Kleine wahrscheinlich zu dem da“ sage ich grinsend und tippe dem riesigen Schönling der gerade im Gespräch mit dem kleinen Mädel vertieft ist von hinten auf die Schulter.
I: Hey, sag mal hast du dir schon mal überlegt als Model zu arbeiten? Bei deiner Größe und deinem Aussehen wäre das doch bestimmt ne easy Art Kohle zu machen?
Nach zwei Sätzen sind wir nicht nur im Gespräch, sondern der Hüne hat auch die kleine Dame komplett vergessen und labert mir sein halbes langweiliges Leben inklusive Zukunftsplanung ans Ohr.
I: Du, sorry, hab ich dich jetzt eigentlich von deiner Freundin weggeholt?
H: Wer? Ach die? Nö, die kannte ich gar nicht. Aber was ich noch blablablablabla...
„Du bist ein großer, dummer Baum und ich hätte jetzt gerne eine Axt“ singe ich in meinem Kopf vor mich hin. Das kleine Mädel hat sich wieder zu ihren Freundinnen verkrochen und ich ihm oder ihr anscheinend den Approach versaut. Ich komme sicher mal in die PickUp-Hölle.

Endlich kann ich die große Laberbacke abschütteln und stelle mich wieder zu Wing1. Der weist mich zum einen darauf hin, dass Wing2 gerade an der Wand gegenüber seinen obligatorischen Silvester-KissClose mit einer Blondine im roten Minikleid vorführt und er zum anderen jetzt mal auf Toilette will um diese als erster Gast an diesem Abend zu ihrem eigentlichen Zweck zu benutzen und ich doch solange bitte mal auf unseren Jackenstapel aufpassen soll. „Klar“ meine ich und drehe mich, nachdem ich kurz noch ehrfürchtig einen Blick auf Wing2 und seine Blondine geworfen habe zu unseren Jacken um. Hoppla! Da sitzt ja ein gar niedliches kleines Mädel mit Lockenkopf, schwarzer Glitzerleggings und Turnschuhen direkt neben unseren Jacken. „Zwei Fliegen mit einer Klappe..Da werde ich doch mal gleich ganz besonders gut auf unsere Jacken aufpassen“ denke ich mir und setze mich auf unsere Jacken, direkt neben sie. Situativer Opener.

I: Oh mann, ihr müsst hier echt auf euer Zeug aufpassen. Hier sind gerade schon Leuten die Jacken geklaut worden.

Sie versteht mich nicht auf Anhieb. Ich frage, ob sie kein Deutsch spricht. Sie erzählt mir, dass sie aus Belgien ist und schon Deutsch spricht, aber nur wenn ich langsam spreche. Englisch will sie aber nicht sprechen, weil sie ihr Deutsch üben will. Wir verstehen uns gut und ich finde sie eigentlich ziemlich sweet. Sie erzählt mir noch eine ganze Weile von ihrem Studium in Belgien und dass sie gerade ihre Schwester hier besucht aber plant bald selbst nach Berlin zu ziehen. Nach einer viertel Stunde ejecte ich und sage ihr ich würde kurz zur Bar mir ein Bier holen. Ich setze mich danach nicht wieder zu ihr. Keine Ahnung warum. Ich habe es mir so erklärt, dass ich wohl das Gefühl hatte, dass schon ein Number-Close möglich gewesen wäre, mehr aber an diesem Abend mit ihr nicht und ich hatte wahrscheinlich keine Lust auf ein wirklich langes Kennenlern-Gespräch. So wirklich kann ich meine Reaktion in dem Fall aber trotzdem nicht erklären.

Ich stehe neben der Tanzfläche und beobachte wie Wing1 ein Mädel an der Bar approacht. Das Gespräch geht nicht lange dann stellt er sich zu mir. „Die war nice“ sage ich. „Ja aber sie ist nicht so richtig angesprungen“ antwortet er. In der anderen Ecke ist Wing2 immer noch am Knutschen. „Man kann uns zumindest nicht vorwerfen, wir würden es nicht versuchen“ denke ich mir „vor einem halben Jahr wären solche Situationen zumindest noch echte Besonderheiten gewesen“.

Ich lege nochmal eine Runde Engtanz mit einer Bekannten aus der „Women-Only“-Fraktion hin und ernte prompt wieder Blicke aus der Salsa-Und-Merengue-Ecke. Puh. Das ist ne Wiederholung. Langweilig. Ich tanze noch ne Runde mit der kleinen Asiatin. Dann quatschen wir kurz. Sie wirkt interessiert. Wir kommen ins Flirten. Mir rutscht der Satz „Sag mal, aber du hast doch sicher nen Freund oder?“ raus. Keine Ahnung warum. Total unkallibriert und überflüssig. Anfängershit. Und sie antwortet auch noch mit „Ja. Finde ich gut, dass du fragst. Ich sag so was immer lieber gleich“. Oh mann. So was nennt man sich selbst ins Knie schießen. Welcome to Friend Zone !

Also zurück zu den Jungs. Da ist Wing2 inzwischen auch wieder am Start. Und kaum hat er seinen Orden entgegengenommen können wir auch schon zusehen, wie seine Knutsch-Blondine mit einem kleinen Latino Speichel austauscht... Jesus Christus! „Das macht sie nur, weil ich sie vorhin kurz hab stehen lassen... Dass Frauen überhaupt nicht den Hygiene-Aspekt dabei sehen... Da will ich sie doch jetzt erst recht nicht mehr küssen!“ kommentiert er trocken.

Direkt im Anschluss überredet er dafür meine Bekannte (wir waren vor fast 15 Jahren mal zusammen) mit mir rumzuknutschen und hakt sein persönliches Social-Proof-Experiment mit der Erkenntnis ab „Sieh mal an. Bei den drei Mädels von vorhin hast du gerade echt für Aufmerksamkeit gesorgt“. Das habe ich anscheinend wirklich denn in der folgenden halben Stunde funkt die Kleine der ich ihren großen Schönling abgezogen hatte mich ziemlich deutlich an. Leider ist es inzwischen auch schon knapp 8Uhr morgens und ich bin langsam zu träge zum Approachen. Und als mir klar wird, dass sie die einzige und letzte Chance in diesem Club ist, ist sie auch schon verschwunden. Damn it! Wing1 und Wing2 beschließen noch nach einem besseren Club zu suchen. Ich entscheide mich hier zu bleiben und meinen Rausch auszutanzen. Nach einer Stunde stehen sie wieder vor mir. Inzwischen sitze ich mit einem alten Freund an der Bar und versuche ihn zu überreden Neil Strauss zu lesen. Es ist 9:00 und Wing2 hisst die weisse Fahne und gibt als Erster auf. Wing1 und ich stellen beide mit Frustration fest, dass wir leider noch viel zu fit zum Schlafen sind (scheiß Drogen) und Folgen noch der letzten Gruppe Übriggebliebener in einen der Berliner Techno-Zombie-Schuppen. Gegen 10 oder 11 geben wir dann aber auch auf und packen unsere Knochen ins Taxi. Zuhause kann ich natürlich trotzdem nicht schlafen. Gegen 13:00 fangen meine lieben Nachbarn an ihre After-Hour mit einer Runde Techno zu zelebrieren. Und gegen 14:00 verballert irgendein Kid vor meinem Schlafzimmer alle seine restlichen Böller. Mein matschiges Hirn spuckt eine Textzeile aus einem alten Deutsch-Punk-Silvester-Song von Boxhamsters aus:

über uns das geile Schwein

fickt seine Frau grad' kurz und klein

und morgen gibt's wieder auf's Maul

guten Rutsch, du dumme Sau

Welch tiefe Romantik doch in manchen Momenten stecken kann. Warum also versuchen, wenn's ein Anderer schon perfekt in Worte gefasst hat. Um 14:30 schlafe ich dann endlich ein. Gute Nacht Berlin! Bald ist wieder Wochenende.



Um 16:00 wache ich auf und bin topfit. Was geht denn ab? Ich sagte: GUTE NACHT BERLIN! ...Das kann ja ein lustiges neues Jahr werden.


Elia