4. Februar 2013

Date auf Bestellung

Oder: Das Ende des ONS-Projekts


Mich hat die Grippe erwischt. Trotzdem hatte ich mich Donnerstag hustend in die Stammbar geschleppt um L endlich zu einer Entscheidung zu “zwingen“. Ich musste dieses Endlosprojekt mit L jetzt einfach mal in Bewegung bringen. Ob vor oder zurück war mir egal, Hauptsache Bewegung. Denn so konnte es nicht bleiben. L hat mir letzten Freitag mal wieder nicht nur den letzten Funken Kontrolle über mich, sondern auch die Chance auf eine lustige Nacht mit K geraubt und das kann auf die Dauer ja so nicht laufen, wenn nicht wenigstens das Projekt L voran geht. Also trotz Grippe ab in die Nacht und in die Bar. L ist nicht da. Verdammt. Im Laufe des Abends erfahre ich sogar, dass L krank ist. Natürlich ist sie krank. Ich bin ja auch krank. Nachmacherin.

Den Freitag bin ich also zuhause geblieben um mich zu schonen. Samstag feierte Wing1 Geburtstag. Da musste ich natürlich wenigstens auf ein Bier vorbei, trotz Grippe. “Ein Bier“ ist allerdings leider ein Konzept, das mein Hirn immer noch nicht verstanden hat. Das Geburtstagskind fuhr mit mir um 3:00 Uhr im Taxi von der Bar weg. Natürlich sprang ich unterwegs doch raus und schleppte meinen kranken Körper erst in noch eine Bar und anschließend durch zwei Clubs. Um 7:00 verließ ich, um 50 Euro ärmer und kein Stück schlauer, den letzten der beiden Clubs. Ich bin ein Idiot und das Clubben wird langsam manisch.

Was ich aber eigentlich ja noch berichten wollte war die Geschichte von letztem Sonntag.

Vorletzte Woche Montag Abend um 23:30, ich war bereits auf halbem Weg ins Bett, teilte mir mein Handy summend mit, dass mich jemand mit einer Kurznachricht belästigen möchte. Ich blickte auf mein Handy und las, dass es sich um eine Dame namens J handelte. Vor ihrem Namen standen die Buchstaben “PU“. Das erklärte mir auch, dass mir spontan nicht einfiel, wer denn J bitte war. Aber die Abkürzung “PU“ habe ich in meinem Handy-Adressbuch eingeführt um Nummern aus Clubs und Bars von meinen “übrigen“ Nummern zu unterscheiden. Ich fing an zu grübeln und da erinnerte ich mich wieder. J war das Rockabilly-Mädel, dass ich zwei Wochenenden davor aus einer Mischung aus Langeweile und Verzweiflung morgens in Club2 angequatscht hatte (Pick Up Depression – 6. Januar 2013). Anscheinend hatte ich vor dem Nummerntausch doch einen halbwegs zivilisierten Eindruck hinterlassen. Dieser muss dann wohl zwei Wochen lang in ihrem Hirn vor sich hingeschimmelt sein und jetzt hatte er anscheinend derart das Stinken angefangen, dass sie sich gezwungen fühlte, sich bei mir zu melden. Sie schreib:

Hey Elia,
habe morgen frei und wollte fragen ob du Lust hast, heute noch was zu machen.
LG,
J

Heute? Montag um halb zwölf Nachts? Das Mädel schien Humor und einen recht standardisierten Arbeitsalltag zu haben. Aber lustig, dass sie nach zwei Wochen mit soner Spontanattacke in fremde Häuser fällt. Ich schrieb ihr zurück:

Hey J,
bin leider schon halb im Bettchen, sonst wäre ich auf jeden Fall dabei! Wie sieht's denn die nächsten Tage bei dir aus?
Elia

Sie schrieb mir zurück, sie hätte Montag wieder frei, sonst immer Frühdienst. Ich merkte an, dass man sich dann nur Sonntag treffen könnte, beglückwünschte sie zu diesen großartigen Arbeitszeiten und fragte sie noch, ob sie denn neulich nach dem Club noch gut nachhause gekommen seien. Sie berichtete, dass es wohl schwer war den Clubaufriss ihrer Freundin loszuwerden und dass sie mir zustimme was ihre Arbeitszeiten anbelangt, wir uns, wenn es mir an einem anderen Tag besser passe aber auch an jedem anderen Tag treffen könnten. Ok, dachte ich mir, die Dame scheint interessiert. Blöd nur, dass sie ein reiner Langeweile-Aufriss war und ich sie, soweit ich mich erinnere, nicht besonders aufregend fand.

Ich hatte J und ihre Anfrage schon wieder vergessen als Sonntag darauf um 15Uhr eine SMS von ihr kommt:

Hey Elia,
ist heute Abend noch ins Auge gefasst?
LG,
J

Ich hänge gerade mit Wing2 am Telefon zu unserem üblichen After-Weekend-Stand-Up-Comedy-Slam als ich ihre SMS lese. „Oh Mann, was mach ich denn jetzt mit der Lady? Die scheint ja echt hartnäckig. Geh ich mit der jetzt ein Bier trinken?“ frage ich ihn um Rat. „Tja, wenn's dich nicht kickt, Lass es. Oder Lass es einfach drauf ankommen und schau mal ob sich vielleicht doch was draus ergibt. Aber wenn's dir Wurst ist, kannst du auch versuchen, sie zu dir zu lotsen.“ gibt er trocken zurück. „Tja kein Plan, aber ich glaube sie war nicht wirklich heiß. Ach, Fuck it. Ich mach den Faulen und schau einfach ob die Dame sich bewegt“ beschließe ich und antworte ihr:

Puh. Bin ganz schön mitgenommen vom Wochenende. Wäre eher für was ruhiges. Wann hast du denn Schluss?

Sie antwortet sofort:

Hab schon Feierabend. Bin gerade auf dem Weg zu einer Freundin zum Essen. Was ruhiges... Was hälst du von Tatort?

Oh, mann die Dame will es wissen. Irgendwie fühle ich mich verpflichtet im Auftrag meines ONS-Projektes und des Weltfriedens sie da zumindest nicht auszubremsen. Als antworte ich knapp:

Essen erinnert mich an was! Tatort klingt gut. Bei mir oder bei dir?

Ich finde Tatort ziemlich panne. Aber darum geht es ja hier eh nicht. Ich werde hier gerade, ohne etwas dafür tun zu müssen, gedated und zumindest ansehen kann man sich die Lady dann ja mal. Sie erspart mir sogar noch das Haus zu verlassen:

Ich glaube bei dir ist besser. Meine Mitbewohnerin macht gerade riesen Aufräumaktion mit neuem Schrank etc... Wo muss ich denn dann hin?

Ich gebe ihr meine Adresse und schreibe ihr sie solle um 19:45 da sein, ich müsse noch etwas arbeiten. So habe ich genug Zeit um mich noch unter die Dusche zu stellen (die Hoffnung stirb zuletzt) und kurz meine Bude etwas aufzuräumen.

Um 19:46 klingelt es. Pünktlich. Die Begrüßung ist herzlich, wir gehen erst in die Küche, machen uns Tee und dann in mein Schlafzimmer, wo mein Beamer steht. Wir schauen von meinen Bett aus.

Tja da sitze ich also mal wieder mit jemandem, den ich in einem Club angelabert habe in meinem Bett. Das kommt mir bekannt vor. Nur dass es diesmal keine drei Dates benötigt hat, sondern die Dame sich selbst im Pizzaservice-Style an die Haustür geliefert hat. Der Vibe ist anders aber trotzdem ähnlich. Ich kenne die Frau nicht. Ich finde sie nett, aber nicht heiß. Sie ist nicht hässlich, sonder eher nicht wirklich mein Geschmack. Andere würden jetzt schon am Fummeln sein, ich sitze neben ihr und denke darüber nach, warum ich mich jetzt dazu zwingen müsste. Sie trägt eine dunkelblaue Jeans-Hot-Pants über einer dunklen Strumpfhose mit rosa Söckchen, die sie mir, so kommt es mit vor, entgegenstreckt. Wir schauen den Tatort, trinken Tee, essen Mandarinen und machen Witze über den fehlerhaften Plot. Als der Tatort vorbei ist quatschen wir über dies und das. Das Gespräch läuft parallel zu einem Gespräch, das ich in meinem Kopf jetzt mit mir selber führe. „Warum eskalierst du nicht?“ „Weil ich keine Lust dazu habe.“ „Hast du Angst vor einem Korb?“ „In keinster Weise. Ich wäre eher dankbar. Ich finde sie nett. Aber habe weder das Bedürfnis sie anzufassen noch zu küssen oder mit ihr zu schlafen. Im Gegenteil. Ich müsste mich ernsthaft dazu zwingen diese Frau derart nah an mich ranzulassen.“ „Was stört dich daran?“ „Ich kenne sie nicht und finde sie nicht heiß. Sie ist nichts anderes als ein fremde Person mit einer Vagina. Daher fände ich es unangenehm mit ihr intim zu werden.“ Während wir lachen und uns über Familie, Berlin und sonst was unterhalten, beginne ich innerlich Fehler an ihr aufzuzählen. „Sie hat kurze Beine. Ihre Hände sind nicht schön. Sie hat irgendwie so kurze, dicke Finger.“ „Was ist das denn jetzt für ein blöder Excuse. Du sollst ihr ja keinen Ring über den Finger ziehen.“ Ich stelle mir vor, wie sie mich damit anfasst. Es bleibt dabei. Diese Frau weckt in mir nicht das geringst Bedürfnis mit ihr körperlich zu werden.

Wir verstehen uns gut. Sie macht keinerlei Anstalten nachhause zu gehen. Es wird spät. In meinem Kopf ist die Entscheidung schon lange gefallen. Ich werde natürlich nicht mit ihr schlafen. Ich kann mich weder dazu überreden noch kann ich den Gedanken abstellen, dass es idiotisch ist, sich dazu zu zwingen mit jemandem Sex zu haben, wenn man es einfach nicht will.

Um 1Uhr schaue ich auffallen auf meine Uhr. Sie hat den Wink verstanden. Sie fragt wie lange die U-Bahnen hier fahren. Ich erkläre ihr wie sie zur nächsten Station kommt und fühle eine komische Mischung aus Erleichterung und schlechtem Gewissen. Sie hat mir noch von dem Abend in dem Club erzählt, und dass ihre Freundin ihren Clubaufriss zwar an dem Abend nachhause geschickt hat, ihn aber am nächsten Abend besuchte um Sex mit ihm zu haben. Ich habe ihren Wink auch verstanden. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich eben nicht bin wie manche andere Kerle und dass es mir nichts bringen würde mit ihr zu vögeln nur um der Reibung und der Schleimhäute willen. Ich funktioniere nicht so. Ich bin offensichtlich ein wenig komplizierter. Oder anspruchsvoller, egal wie man es nennen will.

Letzte Woche Sonntag habe ich also zumindest teilweise das Projekt ONS auf Eis gelegt. Ich habe PU begonnen um mehr Spaß zu haben. Um mehr Möglichkeiten zu haben, Spaß haben zu können und um mehr Frauen kennenzulernen. Ich habe beschlossen, zu tun worauf ich Lust habe und wenn mich ein Mädchen im Club reizt werde ich versuchen zu eskalieren und sie mitzunehmen. Aber mich zu etwas zu zwingen, worauf ich keine Lust habe, kann für mich nicht der Sinn hinter PU sein. Wenn ich nicht eskaliere, aber Sex mit ihr haben möchte, wäre das ein Problem. Wenn ich aber keinen Sex mit dieser Frau haben möchte gibt es auch kein Problem. Und ich muss mir kein drittes, viertes und fünftes Mädchen ins Bett zu setzen um zu verstehen, dass die Kombination Frau plus Bett bei mir noch nicht genügt um automatisch zu Sex zu führen.

Ich hoffe es ist niemand enttäuscht. Ich persönlich sehe es als Erkenntnis.

Freitag hat sich, entgegen aller Erwartungen K gemeldet. Das Mädchen, dass ich wegen L habe alleine in den Club gehen lassen. Ich habe ihr heute zurückgeschrieben. Mal sehen, was sich daraus ergibt. Ansonsten hoffe ich, dass L bald wieder gesund ist. Und ich bald wieder gesund bin. Und ich hoffentlich bald mal konkreteres zu dieser Geschichte schreiben kann.

Elia

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