Es ist schweinekalt und schneit in
winzigen, kristallernen Flocken. Die Straße ist nass und leuchtet
durch die Straßenlaternen gelb. Dass die Tür hinter mir ins Schloss
fällt höre ich nicht mehr. Ich drehe meinen MP3-Player voll auf und
mir dröhnt Nada Surf Popular in den Ohren.
There's still a feeling of
rejection
When someone says she prefers the company of others
To your exclusive company,
But if you're honest, and direct,
And avoid making a flowery emotional speech when you break the news,
The boy will respect you for your frankness,
And honestly he'll appreciate the kind of straight forward manner
In which you told him your decision
Unless he's a real jerk or a cry baby you'll remain friends
When someone says she prefers the company of others
To your exclusive company,
But if you're honest, and direct,
And avoid making a flowery emotional speech when you break the news,
The boy will respect you for your frankness,
And honestly he'll appreciate the kind of straight forward manner
In which you told him your decision
Unless he's a real jerk or a cry baby you'll remain friends
Cry Baby, das ist es was ich bin.
Drama-Queen, AFC mit bösen Anzeichen einer Oneitis. Hoffnungsloser
Romantiker, der selbst mit Mitte 30 mal wieder auf Hollywood
reingefallen und wie jedes Mal, in vollem Lauf, gegen die selbe
scheiß Wand gelaufen ist. Boom. Autsch.
Dass ich schon wieder in die Bar gehe
habe ich niemandem gesagt. Wing2 würde mich wohl endgültig für
verrückt erklären. Drei Nächte in fünf Tagen. Mein Magen bedankt
sich schon auf dem Hinweg im Voraus lautstark. Was ich dort suche?
Alkohol. Bambi. Alkohol und Bambi. Jemanden zum reden. Antworten.
Vielleicht jemanden zum ficken? Naja, das ist wohl eher ein frommer
Wunsch.
Aber erst mal der Reihe nach. Was war
passiert?
Freitag. Playing the Game.
Ich ging Freitag
wie immer mit Wing2 aus. Gegen 23:00Uhr landeten wir natürlich in
der Stammbar. Ich hatte die Hoffnung und den Plan Bambi zu treffen
und endlich eine Art Entscheidung zu erzwingen, um dieses
Endlosprojekt zu irgendeinem Abschluss zu bringen. Bambi war nicht
da. Meine Stimmung sank erstmal um einige Meter. Wir bestückten uns
also mit Bier und platzierten uns an der Bar. Kurzer Scan. Target
detected. Klein, rotblonde Haare, Puppengesicht und ein Lachsfarbenes
Minikleid in einer Bar in der 99,9% aller Gäste von Kopf bis Fuß
schwarz tragen. Sie leuchtete förmlich am anderen Ende des Tresens.
Ich versuchte Augenkontakt aufzubauen. Es kam leider nicht viel
zurück. Sie war allerdings auch im Gespräch mit einem anderen
Typen. Ich entschied mich für Abwarten. Zum Zeitvertreib startete
ich die Versuchsreihe “Wie viele Worte sind nötig um eine Frau in
eine Bar zu lotsen“ und versuchte es mit einer SMS an C. Die SMS
bestand aus dem Namen der Stammbar und einem Fragezeichen.
Nach unserem
ersten Bier hing Wing2 plötzlich an einer großen Dunkelhaarigen.
Das war dann auch für mich der Startschuss. Ich entdeckte meinen
unfreiwilligen Wing vom letzten Wochenende in der nähe meines
Targets. Bingo. Der Kollege ist ohne es zu Wissen echt hilfreich. Und
lustigerweise stehen Beide auch in der selben Ecke der Bar wie letzte
Woche, nur dass das Mädel ein anderes ist. History repeating. Also
ging ich zu ihm und unterhielt mich eine Runde mit ihm. Er kannte
mein Target – wie letztes Mal. Sie waren aus der gleichen
Heimatstadt. Außerdem erzählte er mir, dass sie einen Freund habe,
aber wohl kein großer Fan von Treue sei. Madame ging kurz weg und
als sie wiederkam, hatte ich mich an ihren Platz an der Bar gestellt.
Simpler aber effektiver Opener.
I: Oh, sorry.
Ich wollte dir jetzt nicht deinen Platz wegnehmen.
V: Schon in Ordnung. Kein Problem.
Mein “Wing3“ stellt uns vor.
W3: Äää, V das ist Elia. Elia, das ist V.
I: V? Oh mein Gott. Was für ein schöner Name! Ich kenne nur
tolle Frauen mit dem Namen.
Ich gebe ihr die Hand, halte ihre aber extrem lange mit beiden Händen
während ich ihr direkt in die Augen sehe (credits to Aaron Sleazy).
Sie zieht ihre Hand nicht zurück. Sie hält den Augenkontakt und
fängt an zu lächeln.
V: Wirklich? In Filmen sind Vs doch meist die Schlampen und
Schlangen.
I: Ist das so? Und was bist du?
Sie ist verwirrt, muss lachen und beginnt mir von sich zu erzählen.
Das Mädel studiert ein extrem spannendes Politikfeld zu dem ich auch
relativ viel zu erzählen habe. Wir verstehen uns ziemlich gut.
Leider verrutscht mir gegen Mitte des Gesprächs ein Neg ein klein
bisschen in Richtung Rainer Brüderle.
I: ...Wow. Das ist ja echt spannend was du da machst. Als ich dich
vorhin von da hinten gesehen habe, dachte ich du wärst einfach nur
hübsch.
Hupsi. Naja, gesagt ist gesagt. Madame wiederholt den Satz und ist
mittelmäßig empört. Ich versuche mich rauszuwitzeln. Mit nicht
komplett durchschlagendem Erfolg. Mich erlöst C indem sie mir auf
die Schulter tippt. Merke – ein Wort kann genügen um eine Frau in
eine Bar zu lotsen. Wie ist das noch zu unterbieten? Nächstes Mal
versuche ich es mit einem Fragezeichen. C ist sehr gesprächig und
zieht mich förmlich von meiner rothaarigen Schönheit weg. Wir
quatschen 10 Minuten und landen (wie immer mit C) ziemlich schnell
bei sexuellen Themen. Plötzlich steht Wing2 mit Jacke in der Hand
vor mir und erklärt er sei müde, die Stimmung in der Bar komisch
und er würde sich jetzt auf den Weg nachhause machen. C verschwindet
etwas übereilt. Dass die Kombination C und Wing2 nicht funktioniert
hatten wir neulich schon festgestellt. Während ich C verabschiede
und versuche noch ein paar sinnvolle Worte mit Wing2 zu wechseln,
schaltet sich die kleine Rothaarige wieder ins Gespräch ein. Ich
fühle mich mit drei Gesprächspartnern etwas überfordert. Wing2
scheint wirklich ziemlich durch zu sein und als auch noch “Wing3“
dazustößt verlässt Wing2, aufgrund der fehlenden Aufmerksamkeit
meinerseits, kurzerhand die Bar.
I: Sag mal du bist doch sicher aus Köln, oder? Deine Lache hab
ich jetzt schon zwei Mal quer durch die ganze Bar gehört.
Die Dicke ist aus meiner Heimatstadt, nicht aus Köln, aber umso
erfreuter über einen Approach. Ihre kleine Freundin ist sofort
vergessen. Nach zwei Minuten sehe ich aus dem Augenwinkel wie mein
torkelnder Freund grinsend von seinem Barhocker rutscht und zu seiner
blonden Eroberung zurückkehrt. „Ich geb dir ne halbe Stunde“
denke ich mir und beobachte, wie V und ihre Freundin sich in eine
Ecke setzen.
Nach 30 Minuten reiße ich mich aus den Fängen der dicken Frau los
und suche V. Ich finde sie mit ihrer Freundin im Gespräch mit zwei
tätowierten Langhaarigen. Dammit! Na was soll's. Weiter an die Bar.
Dort renne ich förmlich in ein wirklich niedliches, kurzhaariges
Mädchen mit viel zu vielen Bierflaschen im Arm. Einer ihrer
Bekannten kommt um ihr zu helfen. Ich erkenne einen Wiener Dialekt.
Mein Lieblingsdialekt. Ich bleibe vor ihr stehen und grinse sie an.
Das “Spiel“ machte mir an diesem Abend zum ersten Mal wirklich
durchgehend Spaß. Mit Bambi in der Bar, wäre die Nacht perfekt
gewesen.
Sie bemerkt mich und lächelt zurück. Ich spreche sie auf ihren
Dialekt an und wir sind sofort im Gespräch. Mit Wien lag ich absolut
richtig und niedlich ist sie wirklich. Allerdings bemerke ich nach
kurzer Zeit einen unangenehmen staubig/schimmligen Geruch. Ich
schiebe es auf die Bar und sehe mich nach der Quelle um. Ich kann
nichts entdecken und da wird mir plötzlich klar, dass die Ursache
des Geruchs direkt vor mir steht. Ich bin in meinen Grundfesten
erschüttert und muss mich zwei Mal vergewissern. Ich kann es kaum
glauben, da ich bisher davon ausgegangen war, alle Frauen der Welt
würden grundsätzlich nach Blumen oder Pfirsichen riechen, aber es
ist wie es ist: Das niedliche kleine Mädchen mit dem bezaubernden
Lächeln vor mir, riecht wie ein besetztes Haus nach dem
Punk-Konzert. Ich liebe Punk-Konzerte. Aber ich will sie nicht in
meinem Schlafzimmer haben und so entscheide ich mich für einen
geordneten Rückzug der Truppen.
Mein “Wing“ ist, wohl auf Grund der Altersbegrenzung, aus seinem
Set geflogen (ich hatte mich schon gewundert, da ich wusste, dass er
zehn Jahre jünger als ich ist) und wartet bereits an der Bar auf
mich. Dort erfahre ich durch Zufall, dass Bambi Samstag anwesend sein
wird und beschließe sofort, die Nacht nicht unnötig in die Länge
zu ziehen um noch Energiereserven für den nächsten Abend zu haben.
Ein hübsches, betrunkenes Polnisches Mädchen neben mir kann ich mir
dann aber doch nicht verkneifen. Also starte ich den letzten Approach
des Abends. Wirklich sweet, aber auch wirklich betrunken. Die Dame
lallt mir in bezauberndem Englisch einige Geschichten ins Ohr, dann
beschließe ich sie der Meute zu überlassen und mich lieber auf den
Heimweg zu machen um morgen fit für die Rehjagd zu sein. Ich
verabschiede mich höflich und mache mich voller Pläne und
Tatendrang auf den Nachhauseweg.
Samstag. Die
Geister, die ich rief. Oder: Number-closing Bambi.
Ich gebe zu, ich war nervös als ich mich Samstagabend für die Bar
fertig machte und aus dem Haus ging. Meine Musikauswahl auf dem Weg
hätte auch die Dauerbeschallung eines Box-Trainingslagers sein
können. Kurz vor der Bar checkte ich nochmal das Mitbringsel, das
ich für Bambi dabei hatte. Dann ging's los. Helm auf. Die Klappe des
kleinen Bootes ging auf und wir wurden raus gestoßen. Mir ging das
Wasser bis zur Hüfte und alles was ich hörte was das MG-Feuer vom
Strand. Ich dachte nur noch „Los jetzt“.
Ich kam in die Bar und hatte praktisch schon in der ersten Sekunde
Augenkontakt mit Bambi. Sie lächelte und ich lächelte brav zurück.
Sie arbeitete mit einer Kollegin zusammen. Ich sagte hallo zu einigen
Bekannten und ging dann an die Bar, einige Meter von beiden weg.
Bambi kam sofort zu mir und fragte, was ich denn gerne trinken würde.
Ich quetschte sie zu meinem verschwommenen Abend von neulich aus,
aber wie es schien hatte ich mich nicht daneben benommen. Als mir
Bambi mein Bier hinstellte schob ich ihr das Reh-Geschenk über den
Tresen und erklärte ihr die Idee dazu. Sie musste lachen und schien
etwas aufgeregt. „Darf ich's aufmachen?“ fragte sie und zog dann
das Gummiband von der Papierrolle. „Oh wow. Das ist echt cool. Das
kommt in meine Küche!“ erklärte Bambi und begann einen
Kurzvortrag über die Schönheit Kommunistischer und Faschistischer
Propaganda-Kunst der mit dem herrlichen Satz endete „Absehen davon,
dass sie so viel gemordet und vergewaltigt haben, haben sie wirklich
tolle Bilder gehabt“. Ich entspannte mich langsam als ich merkte,
dass ich keine Kratzer im Gesicht zu befürchten hatte.
Bambi musste weiterarbeiten und ich unterhielt mich ein wenig mit
“Wing3“ vom Vorabend, der immer noch tief beeindruckt von der,
für ihn neuen, Wing-Technik war und mir berichtete er hätte in der
Nacht noch ein Mädel mit nachhause genommen. Ich gratulierte ihm
dazu, gab meinem inneren Neid-Zwerg eins auf die Fresse, damit ich
außer ihm wieder was hören konnte und setzte mich dann an meinen
Lieblingsplatz an die Bar. Der Laden füllte sich gerade ziemlich und
ich überlegte, wie ich die Stunden bis zu Bambis Feierabend wohl am
amüsantesten rum bringen sollte als Bambi mir kommentarlos eine
leere Flasche Whisky hinhielt und mich pantomimisch bat, den
Ausgießer abzuziehen. Der hoffnungslose Romantiker in mir musste
sich ein wenig Pipi aus dem Augenwinkel wischen weil es ihn so sehr
an das berühmte Senfglas erinnerte und ich setzte möglichst cool
und männlich dazu an, den Gummistöpsel aus dem Flaschenhals zu
ziehen. Natürlich klappte es nicht und ich hatte plötzlich den
Ausgießer in zwei Teilen in der Hand. Jedoch schaffte ich es noch
hektisch und schnell genug, bevor Bambi einen neuen aus der Schublade
holen konnte, das Teil wieder zusammen zu friemeln. Puh. Naja... Ich
hoffte das war kein entscheidender Test.
Die Kommunikation an der Bar war schwierig und ich wollte den
Eindruck einer Belagerung möglichst lange vermeiden. Also stellte
ich mich in eine andere Ecke der Bar und langweilte mich ein wenig
vor mich hin. „Tja das können jetzt ziemlich lange sechs Stunden
werden“ dachte ich mir und beschloss daher mein SMS-Spiel vom
Vorabend weiter zu spielen. Ich schickte also eine SMS bestehend aus
nur einem einzigen Zeichen an K.
Die Antwort kam schneller und war witziger als erwartet (Man bedenke
es war fast Mitternacht):
Hey, stehe
gerade auf...jetzt nur noch einen irish-coffee Abklatsch...da keine
Sahne mehr im Haus und dann fast unterwegs...
„Willkommen in Berlin“ dachte ich mir zum tausendsten Mal seit
ich vor über zehn Jahren in diese Stadt gezogen war und trank,
zufrieden am richtigen Platz auf der Welt zu sein, darauf einen
großen Schluck Bier.
Mein meistens betrunkener Barfreund kam gerade von Draußen herein
und teilte mir stolz mit, dass jetzt gleich seine vielleicht
zukünftige Mitbewohnerin hier aufschlagen werde. Das Mädel sei 19
und eine begabte Künstlerin, die morgen ihre Ausstellung in einer
nicht gerade kleinen Galerie eröffnen würde. „Danke für die Info
du Honk. Das hättest du mir auch 5 Minuten früher sagen können“
dachte ich mir „Jetzt habe ich gerade vor Langeweile eine
über-dreissig-jährige, erfolglose Künstlerin hergesimst. Wie soll
das denn jetzt bitte aussehen?“
Die Neunzehnjährige war natürlich wesentlich flinker und betrat die
Bar schon nach wenigen Minuten. Zu dem Zeitpunkt schlürfte meine
Künstlerin wahrscheinlich noch an ihrem Irish Coffee mit H-Milch.
Ich kam derart schnell mit ihr ins Gespräch, dass ich schon Angst
hatte mein Barfreund wäre jetzt beleidigt. Wir hatten einen extrem
ähnlichen Kunstgeschmack und daher reichlich Themen. Mein Barfreund
verließ irgendwann den Tisch. Nach einer halben Stunde kam K in die
Bar. Sie kam direkt zu mir und ich fand mich in einer ähnlichen
Situation wieder wie eine Woche zuvor. Die beiden kannten sich nicht
und in der Bar war es zu laut um entspannt ein Gespräch zu dritt zu
führen. Ich wußte nicht, mit welcher der beiden Ladys ich jetzt
quatschen sollte und wechselte so immer nach einer gefühlten viertel
Stunde zur anderen, was zur Folge hatte, dass immer eine der beiden
gelangweilt an ihrem Drink nippte. Zu meiner Erleichterung war es
selten diejenige mit der ich mich gerade unterhielt.
Nach einer geschätzten Stunde Gespräch-links, Gespräch-rechts
fühlte ich mich wie ein Tennisball, zumal die Themenwahl der Beiden
auch noch so extrem unterschiedlich war. Die Neunzehnjährige
verabschiedete sich, lud mich zu ihrer Ausstellung ein und drückte
mir zu guter Letzt noch ihre Nummer in die Hand. Die restliche Nacht
quatschte ich mit K. Wie C auch, erzählte auch K mir so gegen
5:00Uhr Nachts dann in einem Nebensatz, dass sie seit 7 Jahren mit
ihrem Freund zusammen ist. Im Gegensatz zu C wohnt K zwar nicht mit
ihm zusammen, ist dafür aber wohl schon halb verheiratet. Beides
Frauen, die ich in einer Bar angesprochen habe. Beides Frauen, die
mir in einer Bar ihre Nummer gegeben haben. Beides Frauen, die mich
doppelt so oft kontaktieren, wie ich darauf reagiere. Beides Frauen,
die sich seit längerem Nachts mit mir in Bars treffen. Frauen machen
mir manchmal Angst.
Ich versuchte ihre Aussage möglichst zu überhören. Sie bestand
allerdings darauf, mir ihre Beziehungsprobleme offen zu legen. Nach
einer knappen Stunde Beziehungs-BlaBla tropfte mir Blut aus dem
linken Ohr. Ich sah mich gezwungen etwas zu tun, wenn ich diese Nacht
unbeschadet überstehen wollte um noch Bambis Feierabend zu erleben.
Ich unterbrach K und erklärte ihr, dass wenn sie Lust habe zu
tanzen, sie heute ruhig früher in Club1 gehen könne, da ich heute
so oder so bis Feierabend hier bleiben würde, weil ich es auf Bambi
abgesehen habe. Ich erklärte ihr, dass ich es schon lange auf Bambi
abgesehen habe und heute Nacht irgendeine Reaktion von dem kleinen
schwarzen Paarhufer sehen wolle um nicht länger meine Zeit und meine
Energie sinnlos zu verpulvern. K war sichtlich perplex. Sie erklärte
mir, dass es eine schlechte Idee wäre hier zu warten und irgendetwas
zu erzwingen. Mir war ihre Meinung dazu herzlich egal. Es war
zwischen all den Geschichten ihrer langweiligen Beziehung mit einem
langweiligen Mann sehr spät geworden, die Bar hatte sich stark
geleert und Bambis Feierabend kam immer näher. Ich wollte K
hauptsächlich los werden, um mich jetzt auf die Rehjagd vorbereiten
zu können.
Ich ging erstmal zum Nachtanken an die Bar. Bambi kam mir auf der
anderen Seite entgegen. Ich wollte gerade etwas sagen als sie ihren
Kopf etwas schräg legte, mich seltsam anlächelte und dann
vielsagend seufzte.
B: Ach... Elia.
I: Ääää.... ach.... Bambi?
Sie lächelte mich breit an. Die Situation fühlte sich
“ungewöhnlich“ an.
I: Ich glaube du hast mich noch nie Elia genannt...
B: Ich war jetzt so lange zuhause gesessen. Heute lasse ich die
Sau raus.
I: Aha, was ist denn noch geplant?
B: Ich gehe nachher noch in ...(ClubX)...
Ich bestellte noch einen Whisky und ging zurück zu K, die in der
Ecke auf mich wartete. Die Situation mit Bambi verwirrte mich immer
noch als K auf die Idee kam, es wäre ein guter Zeitpunkt um jetzt
vieldeutig zu werden.
K: Also, da ist die Sache mit meinem Freund, aber da gibt es noch
etwas anderes.
I: Ok. Was denn?
K: Nein. Nein, ich bin zwar betrunken, aber so betrunken bin ich
noch nicht.
Ich war zu abgelenkt und zu wenig interessiert um darauf weiter
einzugehen. K fing jetzt an, auf mich einzureden, ich solle doch mit
ihr jetzt in Club1 mitkommen. Ich erklärte ihr nochmals die
Situation mit Bambi und sagte ihr, sie solle doch tanzen gehen, ich
würde ja eventuell nachkommen. Sie war nicht loszuwerden. Die Bar
war mittlerweile fast leer. Ich versuchte eine weitere halbe Stunde K
hinaus zu komplimentieren. Am Schluss waren wir nur noch zu viert.
Bambi, eine sturzbetrunkene Transe, K und ich. K stand inzwischen mit
Jacke nahe der Tür und starrte mich seltsam an. Bambi bat mich, den
Säufer doch bitte aus der Bar zu führen. „Welchen von beiden?“
dachte ich mir nur und erklärte der betrunkenen Transe, dass sie/er
jetzt gehen müsse. Seltsamerweise ging K gleich mit. Ich stellte
mich wieder zu Bambi, die am Aufräumen war und wollte gerade ein
wenig smalltalken, als K plötzlich wieder stumm in der Bar stand.
„Jetzt wird’s aber langsam nervig“ schrie ich in mich hinein
und sah keinen anderen Weg als mit ihr nach draussen zu gehen.
Draussen redete sie weiter auf mich ein mit ihr in einen Club zu
gehen. Es mache doch keinen Sinn, ich werde hier noch hundert Mal vor
der Bar warten und so weiter und so weiter. Ich überlegte, ob K als
“Social Backup“ eventuell doch noch Sinn machen würde. Ich
konnte mich mit ihr darauf einigen in ClubX zu gehen, in der
Hoffnung, Bambi würde dorthin nachkommen. Dort angekommen standen
wir vor verschlossener Tür. K schlug Club1 vor. Mir wurde langsam
mulmig. Ich hatte jetzt sechs Stunden gewartet um Bambi zu closen und
wollte das nicht wegen K verpassen. Ich trottete trotzdem mit ihr zu
Club1 und hoffte, dass Bambi später die gleiche Idee haben würde.
In Club1 war die Musik bereits aus und die Türsteher dabei die
Alkoholleichen vor die Tür zu setzen. Wir machten uns auf den Weg zu
Club2. Mein schlechtes Gefühl, Bambi heute nicht mehr zu sehen wuchs
mit jedem Locationwechsel.
In Club2 war noch Remmidemmi. Wir stellten uns an die Bar, bestellten
zwei Bier und innerlich überlegte ich mir bereits Foltermethoden,
sollte ich wegen K jetzt wirklich meinen Bambi-Close verpasst haben.
K wollte unbedingt tanzen, aber ich weigerte mich. Sie ging also
alleine tanzen und ich stand am Rand der Tanzfläche und schüttete
Bier auf meinen Frust. „Was ist denn jetzt hier wieder falsch
gelaufen? Der Abend sollte doch mit einer ganz anderen Frau enden“
dachte ich, als mein Blick auf den Eingang fiel. Wie am Anfang des
Abends trafen sich unsere Blicke schon im Türrahmen, nur dass sie
diesmal rein kam. Bambi lächelte mir kurz zu und ging dann an die
Bar. Mein Kopf entspannte sich sofort. Ich blickte Richtung
Tanzfläche und sah der betrunkenen K zu. Als ich mich wieder im Raum
umsah, entdeckte ich Bambi, die sich direkt neben mir auf ein Podest
gesetzt hatte und mich von unten angrinste. Ich musste praktisch nur
einen Schritt zur Seite gehen und mich neben sie setzen.
Wir fingen an zu quatschen. Während des Gesprächs fiel mir mir auf,
dass sie mit einem Fuß die ganze Zeit nervös am zappeln war. Ich
lenkte das Gespräch auf ein Theaterstück, von dem ich dachte es
müsste sie interessieren. Ich hatte mir das Stück als „Notfallplan“
zurechtgelegt falls sich keine andere Möglichkeit ergeben sollte
nach ihrer Nummer zu fragen. Mitten in meiner Erzählung über das
Stück, unterbrach mich Bambi, grinste kurz und meinte dann:
B: Das klingt ja so als würdest du dir das Stück total gerne
ansehen. Wenn ich mitkomme.
Ich war erstmal etwas überfordert von ihrer provokanten
Formulierung, wobei sie es ja nur nüchtern auf den Punkt gebracht
hatte.
I: Äää... Ja. Könnte man so sagen.
B: Aha. Also... Ja, nein. Also ja! Das interessiert mich, ja. Ich
würde mitkommen, klar. Also ja.
I: Na dann...äää... Schick ich dir mal die Infos zu?... Hast du
ne E-Mail-Adresse?
Innerlich trat ich mir dafür kräftig gegen das Schienbein.
„E-Mail-Adresse?“ dachte ich „Du fängst jetzt wieder mit
deinen beschissenen E-Mail-Closes an, du Depp? Das ist Bambi! Reiß
dich jetzt mal zusammen!!“. Bambi musste mir meinen Monolog
angesehen haben, denn sie griff beherzt auf meine Seite und übernahm
das Steuer:
B: Ähm. Ja aber vielleicht ist es besser ich geb dir mal meine
Telefonnummer und du rufst dann einfach spontan mal an.
Ich konnte es kaum glauben. Hatte sich das Reh gerade selbst
geclosed? Ich griff sofort in meine Tasche, kramte mein Handy raus,
Tippte ihren Namen ein und hielt es ihr hin. Bambi tippte ihre Nummer
ein und gab es mir zurück. Wir redeten noch einige Minuten, bis K
meinte es wäre mal wieder an der Zeit sich vor uns zu knien und sich
ins Gespräch zu drängeln. Da sie Bambi konsequent ignorierte,
stellte sich Bambi nach einigen Minuten selbst vor. K gab mir zu
verstehen, sie würde jetzt gehen, es sei ja schon früh am Morgen.
„Ja, bitte. Tu das endlich!“ dachte ich mir. Sie zog sich ihre
Jacke an und ging. Ich fühlte mich etwas erleichtert und kümmerte
mich wieder um Bambi. Inzwischen war noch ein Bekannter von Bambi
dazugestoßen. Kaum war ich mit ihm etwas im Gespräch, stand K
wieder vor mir. Ich traute meinen Augen nicht. War diese Frau etwa
nicht in der Lage einfach mal nachhause zu gehen? Sie erklärte mir,
es sei so hell draußen und sie habe doch gedacht ich würde
mitkommen. „Nein“ korrigierte ich sie, ich hätte nicht vorgehabt
mit zu kommen, ich wolle noch etwas hier bleiben. Nach langem Kampf
und mehrfachen Verabschiedungen konnte ich K dann aber doch
überzeugen zu gehen. Und diesmal blieb sie auch weg. Ich hing noch
eine Weile im Club rum, wobei mich Bambis Bekannter ziemlich in
Beschlag nahm. Dann ging ich mit ihm und Bambi in Richtung U-Bahn.
Ich verabschiedete beide und sagte ich würde mir ein Taxi nehmen.
Ich lief eine Weile und sah den Leuten beim Brötchen holen zu. Es
war inzwischen reichlich morgendlicher Betrieb auf den Straßen. Dann
setzte ich meine Kopfhörer auf, beschloss den ganzen Weg zu laufen
und ging mit tänzelnden Ausfallschritten, hüpfend und springend und
mit wehenden Zöpfen nachhause. Vor dem Einschlafen checkte ich
nochmal ob ich wirklich die Telefonnummer des Rehs in meinem Handy
hatte und fiel dann rückwärts in die Kissen.
Der Bittere
Nachgeschmack.
Sonntag verbrachte ich im Bett. Ich fühlte mich noch nicht in der
Lage mich bei Bambi zu melden. K schrieb mir, sie hätte eine sehr
gefährlich Fahrt auf dem Fahrrad gehabt, aber den Abend hätte sie
sehr genossen. Karten für das Theaterstück waren nicht mehr zu
bekommen und ich musste auf die Abendkasse hoffen. Montag Mittag
schrieb ich Bambi eine SMS:
Hey Bambi. Das
Stück (morgen) ist natürlich ausverkauft. Aber die geben ab 17Uhr
die Reservierungen frei. No risk, no fun? Dabei? Elia.
Es kam den ganzen Montag keine Antwort. Gegen Abend wurde ich extrem
nervös. Es kotzte mich an, dass ich eine SMS geschrieben hatte,
statt anzurufen und es kotzte mich noch mehr an, dass sie sich nicht
meldete. In meinem Frust machte ich für den nächsten Tag ein Date
mit J, meiner “ex-Affäre“ zum Kochen bei mir aus. Den Dienstag
musste ich arbeiten, was eine gute Ablenkung war. Kurz vor Ende des
Jobs kam eine SMS von J, sie sei extrem schlecht drauf wegen einer
Jobabsage und ihrer Trennung und würde lieber ein anderes Mal
vorbeikommen. Verdammt. In meiner Verzweiflung schrieb ich kurz mit
Lolita, dem Kätzchen, das sich gerade in Berlin herumtrieb. Sie
antwortete mir, sie sei schon auf dem Weg zu dem PickUp-Autor bei dem
sie momentan nächtige. Bumm. Der Abend schien nicht zu retten. Und
so machte ich mich an einem Dienstag Abend auf den Weg in die Bar.
Bambi war (wahrscheinlich zum Glück) nicht da. Ich schrieb K und C
die gleiche SMS. Den Namen der Bar und ein Fragezeichen. Keine hatte
Zeit. Ich trank ein paar Bier und ging wieder nachhause.
Jetzt Und Hier
Da ich den Text in mehreren Etappen geschrieben habe sind dazwischen
zwei Tage vergangen. Gestern Abend hat sich K gemeldet, ob ich Lust
hätte in die Bar zu kommen, sie sei auf dem Weg. Ich antwortete ich
wäre schon halb im Bett, aber wer denn hinter der Bar arbeite (Was
für eine fiese Antwort eigentlich). Sie schrieb zurück Bambi sei
hier, aber sie selbst würde nicht allzu lange bleiben. Ich musste
mich zwei Mal auf dem Weg ins Bad zur Ordnung rufen, um nicht wie ein
ferngesteuerter Idiot los zu tigern, nur weil jemand mein
Lieblingsreh erwähnt hat. Als ich zum zweiten Mal in mein
Schlafzimmer zurückkehrte summten zwei SMS in meinem Handy. Eine von
K, sie würde bald gehen aber die Musik sei gut und eine von Bambi.
Bambi schrieb:
Sorry Elia
hab's voll versemmelt...wollte mich eigentlich noch melden bei dir.
Mehr nicht. Ich war erstmal zwanzig Minuten damit beschäftigt mir
selbst das Handy aus der Hand zu nehmen, um ihr nicht sofort zu
antworten. Kurz überlegte ich, ob es einen Zusammenhang zwischen
Bambis SMS und Ks Aufenthalt in der Bar gäbe. Haben die zwei gerade
über mich geredet? I hope not!
Heute morgen habe ich ihre SMS nochmal gelesen und weiß nach wie
vor nicht, ob oder wie ich darauf antworten soll. Bisher ist mein
Plan, gar nicht zurück zu schreiben, da man sich ja sowieso
demnächst wohl wieder in der Bar begegnen wird und sie mich
praktisch ja fast drei Tage hat auf eine Antwort von sich warten
lassen – was irgendwie ja auch eine Aussage ist.
Allerdings bin ich kein wirklicher Fan von freeze-outs und das könnte
auch irgendwie nach beleidigter Leberwurst aussehen...
Gerade hat mich J für Sonntag Abend in ihre neue Wohnung zum Kochen
eigeladen. Anlauf Nummer drei sollte dann vielleicht auch mal
klappen.
Wie ich weiter mit Bambi verfahren soll, weiß ich noch nicht. Tipps
anyone?
Elia
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