28. Oktober 2012

CLUBGAME TEIL 10 + 11

Guten Morgen aus Berlin,

Ein ruhiger Sonntag Morgen mit Kaffee und ohne Kater. Selten, da die Samstage ja inzwischen meist in langen Clubgames enden und so naturgemäß der Sonntag eher schielend im Bett verbracht wird. Also nutzen und versuchen hier endlich mal den Field-Report-Rückstand aufzuholen. Beginnen wir also vor zwei Wochen mit


CLUBGAME TEIL 10

Es ging mit Wing1 in den Club. Wing2 war, glaube ich, einem bösen Grippevirus zum Opfer gefallen. Mit letzter Kraft hob er aber noch seine Hand und flüsterte uns zu: „Lasst mich zurück. Ich behindere euch nur, geht ohne mich weiter. Ich werde in Gedanken immer bei euch sein.“
Und so legten wir also gerade eine Gedenkminute für Wing2 ein und schütteten voller Andacht und Besinnung den günstigsten in Deutschland legal zu erwerbenden Tankstellen-Wodka in unsere Red-Bull-Dosen und hofften nach dem Genuss dieses Cocktails beide noch unser Augenlicht zu behalten, als wir direkt mal von einem Ü-30-2er-Set geöffnet wurden.

Ob man denn da an den Eingang jetzt einfach so ran könne, weil da so Geschrei sei, fragte uns die eine der beiden, während wir entspannt auf den, mit dem Gartentisch zusammengesperrten, Plastikstühlen vor dem geschlossenen Cafe saßen. Jooo... keine Ahnung. Vielleicht sollte man warten bis der Nachtfalter mit Migrationshintergrund damit fertig sei, verbal Geschlechtsverkehr mit den gesamten Familien aller anwesenden Türsteher anzudrohen. Das Geschrei wurde lauter und die Damen setzten sich also zu uns um mit uns gemeinsam, in lauschiger Atmosphäre, darauf zu warten, dass der wütende ein-Meter-sechzig Wüstenkrieger jetzt entweder endlich seinen Krummsäbel einsetzt oder die fünf Schränke vor dem Clubeingang ihn final in seine Einzelteile zerlegen und zu Mutti nachhause schicken würden. Keines von beidem geschah. Stattdessen rückte die wie immer gut gelaunte Berliner Polizei mit zwei Wannen und einem kuschligen Schäferhund an um den spontanen Dschihad des Sechzehnjährigen kurz und schmerzfrei zu beenden.

So war der Clubeingang also wieder frei und da wir uns nicht weiter mit dem schlecht gekleideten Ü-30-Set befassen wollten verabschiedeten wir uns höflich, lösten unsere Fahrkarten und betraten die Lokalität. Wir waren in bester Laune und Wing1 in absoluter Hochform. Er öffnete schneller als man die Sets wieder schließen konnte und wirklich alles was sich in greifbare Nähe zu uns tanzte. Meine Wenigkeit war zwar in entsprechender Stimmung aber so fasziniert von der Opener-Parade meines Wings, dass ich mein eigenes Game irgendwie komplett vergas. Selbst derbste Ich-Ignoriere-Dass-Jemand-Mit-Mir-Spricht-Körbe konnten Wing1 heute nicht stoppen. Eine kleine HB7-Asiatin auf der Tanzfläche starrte tatsächlich derart ignorant durch ihn hindurch, während er mit ihr sprach, dass ich schon Angst hatte, sie wäre eventuell blind und taubstumm zugleich und würde beim weitergehen gleich einfach gegen ihn laufen. Man sollte anfangen, solchen Frauen wirklich vollkommen abstrakte Dinge ins Ohr zu schreien, dachte ich bei mir. Wäre interessant zu sehen wie sie auf „Ich kann deine Füsse riechen“ oder „Bist du die blaue Drachenreiterin?“ reagieren würde.

Bei dem Run war es natürlich kaum verwunderlich, dass er schon bald an einem hübschen Mädel hing. Ich tat noch kurz meine Pflicht als guter Wing und bespaßte ihren anscheinend schwulen Begleiter. Als der sich aber als harmloser und eher unterhaltsamer Dancing-Monkey herausstellte, der sich wunderbar auch mit sich selbst vergnügen konnte, überlies ich Wing1 seinem Schicksal und drehte auf eigene Faust noch ein paar Runden durch den Club. Ich kam leider nicht wirklich in Opening-Laune und so verging die Nacht mit Tanzen und Trinken und gelegentlich meinen immer glückseliger aussehenden Wing besuchen. Als mein Tank voll und meine Stimmung leer waren tauchte dann auch mein Wing neben mir auf. Er hatte einen durchaus sichtbaren Schein um den Körper und schwebte knappe 5 cm über dem Boden. In seinem illuminierten Rausch aus Bier und weiblicher Energie erzählte er mir beseelt von seinem Number-Close und dass er sooooo verliebt sei. Natürlich freute ich mich für ihn, trotzdem reagierte mein betrunkener „ungecloseter“ Geist mit leicht genervter Ich-Will-Jetzt-Heim-Aggression auf seine mantra-artige „ich bin soooo verliebt“-Wiederholung. Sein monströser Energy-Level reichte sogar noch dafür in der Schlange vor der Garderobe vor uns ein blondes HB7-2er-Set zu öffnen. Er strahlte die zwei Mädels an und versuchte mich vorzustellen. Ich reagierte mit Gegrummel.

Er war ein Liebes-Gott. Ich der Bier-Zombie. Wie unterschiedlich Alkohol doch wirken kann, je nachdem ob man ihn mit oder ohne Frau neben sich konsumiert.



Nach dem Abend in besagtem Club war ich erstmal krank.

Wie es mit Wing1 und seinem Number-Close weiterging kann ich aus persönlichkeits-rechtlichen Gründen und aus Angst vor körperlicher Gewalt an dieser Stelle nicht ausführen. Aber ein paar Tage später war auch er krank.

Und so hustete und rotzte sich unsere gesamte PickUp-Brigade durch das folgende Wochenende. Es müssen zwei sehr dunkle Nächte für Berlins Frauen gewesen sein. Mir wurde von spontanen Trauermärschen um das DJ-Pult und Gedenkminuten auf Damentoiletten erzählt.

Diesen Freitag ging es dann aber in geänderter Besetzung (diesmal musste Wing1 arbeiten) weiter. Zunächst trafen wir uns noch zu dritt zum Pizza-Essen. Allerdings tauchten selbst nach hartnäckigstem Aussitzen in der Pizzeria heute keine Targets auf. Der kleine Italiener ist auch nicht mehr das was er mal war. Also zahlen und los ging's.


CLUBGAME TEIL 11

Wing1 verabschiedete sich also, um morgen arbeitsfähig zu sein, und Wing2 schlug vor der Touristenfalle um die Ecke nochmal eine Chance zu geben. Ich hatte ja gerade recht positive Erfahrungen mit Touristen machen können und war folglich leicht zu überreden. Also jeder einen Drink in die Hand und die Lage checken. Fast nur Berlin-Touristen im Publikum. Schulklassen mischen sich mit wenigen Ü-30ern, die aber wahrscheinlich auch auf irgendeiner Konferenz in Berlin sind. Wing2 meint er hätte ein HB8 im Visier. Die Schönheit dreht sich um und steuert auf uns zu. „Is doch sowieso mit Freund da“ meine ich noch, als sie mich auch schon herzlich mit Küsschen begrüßt. Uups, gar nicht erkannt. Blablabla und weiter.

Als wir gerade beschlossen hatten, dass hier wohl nix mehr zu holen ist und es an der Zeit wäre die Örtlichkeit zu wechseln, sind wir plötzlich umzingelt von 4 Mädels die sich angeregt in einer mir leider unbekannten Sprache (Schwedisch? Norwegisch? Isländisch?....) unterhalten. Wing2 zeigt seine Fangzähne und ich überlege mir, ob es Sinn macht hier zu öffnen, komme aber zu dem Schluss, dass die Mädels sich hier anscheinend in einer Gruppe von 10-15 Leuten befinden und es wahrscheinlich wenig Sinn macht zu versuchen sie da rauszuziehen und mitzunehmen. Eine Einstellung an der ich arbeiten sollte. Der Sinn oder Unsinn eines Gespräches mit Mädels, speziell am Anfang des Abends, sollte eigentlich vollkommen egal sein.

Jedenfalls ziehen wir weiter in die Stammbar. Da kann man nix falsch machen. Wir kommen rein, platzieren uns an der Bar und ein kleines Mädel, das neben ihm steht, strahlt Wing2 von unten an, wie ein Kleinkind den Weihnachtsbaum. Er quatscht sie an und sie freut sich sichtlich. Sie hat noch eine Freundin dabei. Da sie aber so erfreut wirkt, habe ich nicht das Gefühl, diese „übernehmen“ zu müssen und quatsche erstmal eine Runde mit dem Türsteher.

Mitten im Gespräch verlassen plötzlich beide Targets meines Wings die Bar. „Was ist denn jetzt passiert?“ denke ich mir und gehe wieder rein um sicher zu gehen, dass Wing2 jetzt nicht die ganze Bar in die Kälte schickt. An der Bar finde ich Wing2 im Gespräch mit der Barfrau. Er erklärt mir, dass er kurz auf Toilette geht und ich auf sein Bier und das Bier von L aufpassen soll. Great job! Aber ok. Während er weg ist kommen die Mädels (L und Freundin) wieder rein. Ich stelle mich L kurz vor, aber sie ist leicht panisch angesichts der Tatsache, dass statt meinem Wing jetzt nur ich hier bin. Die Mädels sind Schwedinnen (sind das Zufälle oder ist das eine Berlin-Invasion?) und L tut kund, dass sie meinem Wing „gerne ihre Briefmarkensammlung zeigen möchte“. Anscheinend habe ich einen Insider-Witz verpasst.
Mein Wing taucht wieder auf, L entspannt sich sichtlich und beginnt sofort wieder mit der aktiven Anhimmelung während mein Wing2 mir den Insider mit der Briefmarkensammlung erklärt. Nach zwei Minuten scheint L wieder in die Realität zurückgekehrt zu sein und nachdem Wing1 und ich beim letzten Clubgame geopent wurden, versuchen die Schwedinnen jetzt Wing2 und mich zu moven. Irgendwie scheinen die Jäger zu den Rehen geworden zu sein...

L: Hey we know a cool party at …..straße. A friend of mine is working there. Do you two want to come with us?

Wing2 und ich sehen uns an. So fühlt sich das also an. Ich habe kurz das Gefühl lange Haare und einen Minirock zu tragen.

L: I will show you the first half of my Briefmarkensammlung there.

Wir sehen uns wieder an. „Wollen wir da hingehen?“ frage ich telepathisch.

L nickt in meine Richtung und fragt Wing2: He doesn't want to go, right?

Oh, super ! Jetzt sind wir nicht nur Mädchen. Sondern jetzt bin ich auch noch die dicke, hässliche Freundin, die den zwei schwedischen PUAs den Move vermasselt. Na gut, wenn ich schon Fatty spielen muss dann aber richtig.

I: We´re not sure. We are still girl-coding. You know girl-coding?

L: Mmmm... yes...?

I: Why dont you just show him your Briefmarkensammlung right now?

L: No i have to go there first. Anderenfalls verliere ich einen Teil meiner schwedischen Identität.

Sagt sie mit einem niedlichen Akzent und setzt sich mit dem Rücken zu einem Typen auf das letzte drittel des Barhockers auf dem dieser sitzt. „Die ist echt strange“ denke ich mir. Im Nachhinein betrachtet hätten wir da wahrscheinlich mitgehen sollen. Vielleicht wären da ja noch mehr kleine seltsame Schwedinnen gewesen. Aber hinterher ist man immer schlauer. Wir entscheiden uns dagegen.

Wing2 zückt allerdings sein Handy und verwandelt unsere Absage zumindest noch in einen (kenn ich von ihm so gar nicht) Number-Close.

L und ihre Freundin verabschieden sich und wir bleiben an der Bar zurück. Wing2 hat bereits ein neues Target. Große, blonde HB8, Typ Amerikanisches Katalogmodel, steht umzingelt von vier Typen, denen schon das Wasser aus den Mundwinkeln tropft in Reichweite und funkt auf unserem Kanal. Ich schlage vor mal die Plätze zu tauschen, damit Wing2 besseren EC aufbauen kann. Gesagt, getan. Er meint, das wäre zu auffällig gewesen. Die große Blonde lässt sich (total süss und auch arschwitzig) den Hut von einem der Typen aufsetzen und funkt fleissig weiter Wing2 an. Ich beschließe, dass wir uns „trennen“ sollten um hier mal Bewegung in die Szenerie zu bekommen und mache zwei Schritte vorwärts auf ein Mädel (HB5) zu, das etwas abseits der Gruppe um die Blonde an der Wand lehnt. Aus irgendeinem Grund fangen zwei Typen an, am Boden herumzukriechen. Schön abstrakte Vorlage.

I: Did anyone just die?

Sie lacht.

HB5: No, i think they lost something.

I: Oh, pfhuu, what a relief...

Wir kommen sofort ins Gespräch. Sie ist Italienerin, arbeitet beim Fernsehen und hat nicht wirklich viel Spannendes zu erzählen. Fantastisch. Wir quatschen gefühlte 20 Minuten, dann steht Wing2 wieder neben mir. Ich stelle ihn kurz vor. Er erklärt mir, dass das Amerikanische Katalogmodel in Wirklichkeit nicht Amerikanerin sondern Südafrikanerin und auch kein Katalogmodel sondern eine eingebildete Bitch sei, dass er jetzt langsam ordentlich einen im Kahn habe und wir doch vielleicht auch mal an einen Location-Wechsel denken könnten. Die Italienerin schlägt mir einen „Facebook-Close“ vor. Ich habe kein Facebook. Ich weise auf die altmodische Art der Kommunikation via Telefon hin, aber sie behauptet sie hätte kein Handy (WTF?). Wir einigen uns auf den Austausch von E-Mail-Adressen und ich bin mir sofort sicher, dass ich das nur tue, um einen Strich auf die Close-Liste zu machen und nicht um ihr demnächst eine Mail zu schreiben.

Wir verlassen die Stammbar und fallen direkt in eine von Berlins nächtlichen „Kunst-mit-Musik-und-bisschen-clubähnlich-aber-keiner-tanzt-aber-trotzdem-geil-irgendwie-Ausstellungen“ und ich bekomme von der hübschen Italienerin hinter der Bar (Wing2 ist hin und weg) einen Todes-5cl-Wodka für 2,50 hingestellt. Einmal pro Nacht weiß man mindestens warum es geil ist in Berlin zu leben. Danach bin ich auch deutlich angeschossen.

Nächster Halt, Club1.
In Club1 läuft heute leider Teeny-Mucke. Nachteil für die Ohren meines Wings, Vorteil für meinen Frauengeschmack. Dachte ich zumindest. Leider finde ich nicht wirklich interessante Targets. Wing2 sucht uns ein lauschiges Plätzchen an der Tanzfläche und wird direkt von einem 3er-Set (HB5-6) und einem 2er-Set (HB6-7) angefunkt. Der Mann funktioniert wie Leuchtturm. All die kleinen HB-Boote beginnen sich durch den Sturm der Tanzfläche langsam in unsere Ecke zu bewegen. Ich bewege mich eine Runde zur Musik. Das 2er-Set wird auf dem Weg Richtung Leuchtturm von zwei ultra penetranten Dance-Game-Schleppern be- und abgedrängt. Der eine ist der Typische Tanzflächen-Knutsch-Boy (groß, Latino, Schmuse-Gesicht) der andere bietet deutlich mehr Unterhaltungspotential. Im stinkheissen Club, mitten auf der Tanzfläche stützt sich sein Ego und seine komplette DHV anscheinend auf das Vorführen seiner dicken, fetten Daunenjacke im Michelin-Mann-Style. Wir sind nicht die einzigen Umstehenden, die sich deutlich zusammenreissen müssen um nicht laut loszulachen. Wing2 funkt noch ne Weile mit einer hübschen Spanierin, die darauf hin mit ihren Freundinnen eine ganze Weile direkt vor uns tanzt. Leider scheinen seine Akkus für heute bereits im roten Bereich zu sein und er macht keinen Move.

Auch bei mir zeigen sich schon deutlich energietechnische Verschleisserscheinungen. Und wie das in Berlin nunmal so ist, wenn man langsam müde wird... taucht wie aus dem Nichts plötzlich noch eine extrem betrunkene junge Russin mit einer pinken Pagenkopf-Perücke auf und will mit mir tanzen. Sie erinnert mich sofort an Natalie Portman in Closer und an Scarlett Johansson in Lost In Translation leider ohne deren Sexappeal. Ich bin zu kaputt um den Spass mitzumachen und verweise sie an meinen Wing. Der kneift auch und mir fällt wieder ein, warum wir beide heute keinen Sex mehr haben werden. Trotzdem geniessen wir noch ein wenig ihre Show auf der Tanzfläche.

Nach einer halben Stunde verabschiedet sich Wing2. Die Mucke passt ihm eh nicht und seine Energie reicht nicht mehr für Approaches. Das hätte ich wohl auch tun sollen. Tat ich aber nicht. Ich blieb noch auf ein Bier in Club1. Ging danach nochmal in die Stammbar auf 2 Whisky. Und danach tatsächlich noch in den Absturzclub. Dort beobachtete ich auf ein letztes Bier das allmorgendliche Reste-Abschleppen und sagte dann Gute Nacht zum Türsteher des Absturzclubs, der mich immer noch nicht erkennt, zum Club1, zur Stammbar und zu mir selber, rief mir ein Taxi und lies mich direkt zum Bäcker meines Vertrauens fahren um mir meine übliche Dosis Kakao und Croissants zu holen. Morgens um 8 betrunken Croissants mit Kakao im Bett zu essen ist eine genauso gefährliche wie phantastische Sache. Sex wäre bestimmt auch toll. Aber bis es den gibt, gibt es eben Kakao und Croissants.

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